Gehört: Clickclickdecker „Ich glaube dir gar nichts und irgendwie doch alles“

„Ich glaube dir gar nichts und irgendwie doch alles“ – das neue Clickclickdecker Album, erschien vor wenigen Tagen bei Audiolith. Etwa fünf Jahre nach „Den Umständen entsprechend“.
Wer genau Clickclickdecker ist oder sind, war im Verlaufe der Jahre nicht immer so ganz eindeutig auzumachen. Im Zentrum der wechselnden Formation stand und steht Kevin Hamann, welcher Texte und instrumentale Experimente beisteuert. Ob in der Vergangenheit solo oder mit Band auf Tour zeichnet sich nun anscheinend ein Zweiergespann, bestehend aus Kevin Hamann und seinem langjährigen Kollegen Oliver Stangl ab, das fortan für den Click-typischen Output verantwortlich zeichnen wird.
Wahrscheinlich liegen in den Metamorphosen der Bandformation auch die Metamorphosen der Musik begründet, das neue Album jedenfalls hört sich runder an, hat weniger Ecken und provokative Kanten, als das vorangegangene. Hauptsächlich um Akustik-Gitarre, mit teilweise folkigen Anklängen, Schlagzeug und Bass handelt es sich. Verspielte Elemente wie Percussion, Klavier und Elektronisches sorgen dafür, dass die charmante Zurückhaltung der gesamten Platte nicht langweilig wird. Fast könnte man von gesetzter sprechen, erwachsener. Aber das ist es in gewisser Weise auch, was thematisch in den Songs oft anklingt: Da geht es ums Verpassen und Vermissen, Abschied und Neuanfang, Weitergehen und Entwicklung, verlebte Beziehungen, Entscheidungen fürs weitere Straucheln, die doch nur „eine Art von Konstanz, eine gewisse Relevanz“ haben und sind. Und auch wenn wir uns alle Mühe geben sie zu treffen, sind letztendlich „Kneipen unsere Kirchen, Straßen unsere Decken. Irgendjemand soll uns gefälligst retten.“
Doch bevor man sich in melancholischen Reflexionen von persönlichem und generellem (oder vielleicht besser, generationellem), verlieren kann, wird der Blick nach vorne gerichtet. Selbst wenn man glaubt, dass diese Linie eigentlich nirgendwo hinfährt, wie es in „Und darüber nachdenken nicht nötig“ heißt, und man immer wieder über so verloren klingende Situationsanalysen wie „Abschied unser Beifall“, stolpert, ist es doch immer eher der positive Moment, der hängen bleibt. Klar liegt in einem Abschied auch immer ein Neubeginn, das wissen wir alle und die Platte transportiert es vielfältig. „Die Augen Richtung Ausgang, wird mir einiges klar: Wenn man immer nur zurück schaut, ist irgendwann nichts mehr da.“
Was man vielleicht auch hört ist die Konzentration der abgeschotteten, friesischen Einöde, in die sich Clickclickdecker für die Arbeit an „Ich glaube dir gar nichts und irgendwie doch alles“ begaben. Vielleicht auch ein Bisschen von der so oft nachgesagten norddeutschen Zurückhaltung und Gelassenheit, übersetzt eben in beobachtende Melancholie…wahrscheinlich ist es alles zusammen und von allem ein bisschen. Wenn auch nicht immer so deutlich, wie bei „Brustschwimmen im Nebel“, das sich hinter Schafsgeblöke versteckt.
Das Studio in Friesland, sagt Hamann in dem Film „Emmelsbüll und die letzten 12“, der von Sophie Krische stammt und der Limited Edition des Albums als DVD beiliegen soll, sei ein bisschen wie ein Spielzeugladen gewesen. Auch das hört man, manifestiert in Konterpunkten zur sonstigen Nüchternheit und Emotionalität des Albums. Besonders deutlich bei der bereits im November 2013 veröffentlichten Singleauskopplung „Tierpark Neumünster“. Eventuell marschierte da auch ein ganzer Spielmannszug durch Klang-Experimental-Labor der Musiker.
Trotz solcher Ausbrüche finden sich auf dem Album wenige Stücke mit Ohrwurmpotential. Ein Umstand, der zur Kritik dienen mag, dies aber nicht muss: Es handelt sich eben um eine Platte zum etwas genauer Hinhören.

Gehört von: Lena Krüger

VÖ: 17.01.2014