Gehört: Anohni „Hopelessness“

anohniSelten hört man ein Album und hat sofort Superlativen wie „spektakulär“ und „einzigartig“ im Kopf. Bereits die Vorboten „4 Degrees“ und „Drone Bomb Me“ klangen überaus vielversprechend und haben die Vorfreude auf auf weitere Songs von Anohni nur vergrößert. Der Begriff „Werk“ wird dem Album „Hopelessness“ überaus gerecht. Die Engelsgleiche prägnante Stimme von Anohni, die tieft unter die Haut geht, schickt den Zuhörer auf eine emotionale Achterbahnfahrt. Gepaart wird dieses einzigartige Stimme, die man unter Hunderten wideererkennt mit elektronischen Klängen, die den Kollaborateuren Hudson Mohawke und OPI zu verdanken sind. Die Songs klingen häufig anklagend, eindringlich. Es ist ein ungewöhnliches, besonderes Album entstanden, auf das man sich voll und ganz einlassen muss. Die Kammermusik-artigen Arrangements mit Orchester Anklängen des letzten Albums „Swanlight“ mit Antony and the Johnsons hat Anohni hinter sich gelassen und knüpft mit den elektronischen Elementen eher wieder an das Dance Projekt Hercules and Love Affair an.
Hier wird Musik dargeboten, die einen umgarnt, aufrüttelt, einlullt und manchmal nicht von dieser Welt scheint. Wobei die Texte absolut von dieser Welt und gespickt sind mit politischen und gesellschaftskritischen Texten. So beschäftigt sich „4 Degrees“ mit der wachsenden Erderwärmung, „Drone Bomb Me“ erzählt eine Geschichte über einen Drohnen Angriff aus der Perspektive eines Kindes. Untermalt wird dieser wunderbare Song von einem ergreifenden Video, in dem Supermodel Naomi Campbell singt während sie weint. So wirkt nicht nur der Song sondern auch das Video düster, dramatisch und zugleich wunderschön.
Natürlich setzt sich Anohni auch mit der Gender-Identität auseinander, die schon lange ein prägendes Thema für sie ist. Bereits 2005 hat Anohni aka Antony Hegarty in „Today I Am A Boy“ angekündigt, eines Tages ein Mädchen sein zu wollen. Nun hat sie ihre Identität als Frau mit neuem Namen gefunden. „A big part of the abum is an examination of my own complicity and my own inability to truly extricate myself from the brokenness of the system that I’m a part of. It’s that chasm, that denial that I wanted to model, an inquiry into and within myself.“ Man wünscht ihr von ganzem Herzen, dass dieser Weg nicht hoffnungslos ist.
Auf keinen Fall sollte man sich die Künstlerin, die für nur zwei Termine nach Deutschland kommt, live entgehen lassen. Die Konzerte sind erfahrungsgemäß immer ein wahrer Genuss.

VÖ: 06.05.2016

Gehört von: Kate Rock

Drone Bomb Me – by ANOHNI from nabil elderkin on Vimeo.

Anohni Live:

Berlin, Tempodrom am 28.06.
Köln, E-Werk am 29.06.