Dylan im Interview: „In meinem Kopf bin ich Angus Young“

Für alle, die noch nicht wissen, wer Dylan ist: Ihr könnt euch auf etwas gefasst machen. Die britische Musikerin, die eigentlich Tash heißt, veröffentlicht seit drei Jahren unter dem Namen Dylan ihren ganz eigenen Indie-Pop-Rock. Heute veröffentlicht die Newcomerin, die bei 1,4 Millionen monatlichen Hörer:innen auf Spotify eigentlich fast keine mehr ist, ihr Mixtape „The Greatest Thing I’ll Never Learn“, welches 8 Songs umfasst.

Ich habe mich über Zoom mit Dylan unterhalten und habe dabei mehr darüber gelernt, wie der TikTok Algorithmus funktioniert, wie man die Küche beim Nudeln Kochen in Brand setzen kann und wie schwer es eigentlich sein kann, seinen Gefühlen Raum zu geben. 

Dein Mixtape „The Greatest Thing I’ll Never Learn“ kommt nun endlich raus. Wie aufgeregt bist du?

Ich kann es gar nicht erklären. Es wird so eine Erleichterung sein, wenn es endlich raus ist und die Leute es tatsächlich hören können, anstatt dass ich nur die ganze Zeit davon erzähle und jeder sagt: „Wovon redest du?“

Das kann ich mir vorstellen. Ich hatte das Glück, dass ich es bereits hören durfte, aber für alle, die es noch nicht gehört haben: Wie würdest du das Mixtape beschreiben?

Es beschäftigt sich sehr intensiv mit Gefühlen und Emotionen und der Art und Weise, wie wir Emotionen gegenüber Menschen empfinden. Die Art und Weise, wie die Leute uns gegenüber Gefühle haben. Ich habe gegen Ende des letzten Jahres ziemlich viel Verlust erfahren und das hat meine ganze Perspektive auf Gefühle verändert. Wenn man Liebeskummer hat, egal ob in Freundschaften, innerhalb der Familie oder eben in der Liebe, dann kann das die Art und Weise, wie man für andere empfindet, wirklich beeinflussen. Die eine Hälfte des Mixtapes handelt von diesem Schmerz und die andere Hälfte von dem Versuch, überhaupt nichts mehr zu fühlen. Es ist alles ziemlich sarkastisch. 

Ich habe das Gefühl, dass dieses Mixtape viel persönlicher ist als vieles, was du bisher veröffentlicht hast. Wie ist es für dich, Musik herauszubringen, die so persönlich und ehrlich ist?

Es ist beängstigend. „Blisters“ ist der erste Song, den ich für das Mixtape geschrieben habe, und das war das erste Mal, dass ich wirklich ehrlich mit meinen Gefühlen umgegangen bin. Darin liegt einfach eine Menge Schmerz. Das war das erste Mal, dass ich mich während einer Session wirklich geöffnet habe und sagen konnte: „Das ist genau das, was ich fühle. Genau so möchte ich es ausdrücken. Ich möchte, dass die Musik genau das repräsentiert.“ Ich habe das Gefühl, dass sich viele der Songs sich mit Verlustängsten beschäftigen.

Ich frage mich immer, wie Songwriter:innen damit umgehen, wenn sie Songs über Menschen schreiben und sie dann veröffentlichen. Warnst du die Person, von der der Song handelt, bevor du den Song rausbringst?

Das kommt darauf an. Bei ein paar der Songs auf dem Mixtape habe ich die Leute vorgewarnt. 

Wie waren die Reaktionen?

Ungefähr so gut wie es eben geht (lacht). Am liebsten verunsichere ich jemanden, indem ich ihm sage, dass ich einen Song über ihn geschrieben habe, um zu sehen, wie sich alles in ihm krümmt. Ich hatte ein einziges Date mit diesem Typen. Ein Date. Das ist definitiv nicht genug, um einen Song darüber zu schreiben. Als ich ihn neulich sah, machte ich einen Witz und erzählte ihm, dass ich das halbe Mixtape über ihn geschrieben hätte. Er wurde kreidebleich. Er sah aus, als hätte er einen Geist gesehen. 

Das ist definitiv eine gute Geschichte.

Das sehe ich auch so. 

Gab es einen Song auf dem Mixtape, der schwieriger zu schreiben war als die anderen?

Ich denke, dass „Blisters“ mental wahrscheinlich am schwierigsten zu schreiben war. Ansonsten kamen die anderen Songs überraschend schnell zusammen. Es war ein sehr einfacher Prozess, nachdem ich den ersten Track geschrieben hatte. Als ich aus der Session herauskam, wusste ich genau, was ich sagen wollte, wie ich die Texte schreiben und wie ich klingen wollte. Als ich dann in dieses Jahr ging, war alles in ein paar Monaten fertig. 

Du veröffentlichst jetzt seit etwa drei Jahren Musik als Dylan. Wie, würdest du sagen, hat sich dein musikalischer Stil verändert?

Ich glaube, ich habe einfach aufgehört zu versuchen, wie alle anderen zu sein. Ich hatte ein richtiges Problem mit meinem Selbstvertrauen und ich hatte viele Identitätskrisen, vor allem als der Lockdown angefangen hat. Ich bin so jemand, der es allen recht machen will. Ich habe einfach versucht, einen Weg zu finden, mir einen Namen in der Branche zu machen. Ich habe auf jeden Fall versucht, jeder zu sein, der in der heutigen Zeit erfolgreich ist. Ich hatte das Gefühl, dass die Produzent:innen genau das von mir wollten. Das hat mich in ein Loch geworfen, in dem ich mich völlig verloren habe. Dann hat der Lockdown angefangen und ich dachte: „Also, das funktioniert so nicht.“ Am Ende habe ich zwei Zoom-Sessions am Tag gemacht. Ich habe wirklich sehr intensiv am Songwriting gearbeitet, bis ich mich selbst erschöpft habe und ausgebrannt war. Weil ich ausgebrannt war, musste ich wieder so schreiben, wie ich es mit 16 getan habe. Das heißt, in nur 10-15 Minuten einen Song schreiben und dabei nicht zu sehr über den Text nachzudenken. Einfach das schreiben, was mir in den Sinn kommt, anstatt Referenzen zu verwenden oder zu versuchen, jemand anderes zu sein. Damals habe ich einen Song namens „Nineteen“ geschrieben. Seitdem geht es mir nur noch darum, dass ich immer weniger Angst davor habe, wohin ich meinen Sound bringen will. Es ist immer noch sehr poppig, aber ich bin mit Rock’n’Roll aufgewachsen. Also habe ich langsam angefangen, mehr und mehr davon einzubauen. 

Du bist sehr bekannt für die E-Gitarren in deinen Songs.

Als Kind waren Guitar Hero und Luftgitarre mein Ding. Ich habe das geliebt. Mein Vater ist eigentlich ein ganz bodenständiger Mann. Er arbeitet in einer Versicherung und weiß eigentlich nichts über die Musikbranche, außer dass er eben die Bands mag. Er hat mich als Kind sozusagen dazu erzogen, dass ich das hier machen wollte, und dann bekam er einen großen Schock, als ich 18 wurde und sagte: „Ja, ich werde das mit der Musik tatsächlich versuchen.“ Und er sagte nur: „Oh Gott.“ Ich bin mit klassichem Dad-Rock augewachsen. Das war die Art von Musik, die ich sang, auf dem Küchentisch stehend und auf den Knien die Gitarrenslides nachmachend. Ich habe erst mit 10 oder 11 Jahren wirklich angefangen richtig Gitarre zu spielen.

Du beschreibst dich selbst als „Rockstar im Körper eines Popstars“. Was verbirgt sich hinter diesem Titel?

Ich bin so ein Wannabe. Immer wenn wir live spielen, will ich, dass alles größer klingt als auf den Aufnahmen. Es ist alles riesig. Überall gibt es Gitarrensoli und ein lautes Schlagzeug und ich habe meine Gitarre, ich mache Knee Slides und Hairflips und all das, was ich meinen Vorbildern abgeschaut habe. In meinem Kopf bin ich ein echter Rockstar, in meinem Kopf bin ich Angus Young. 

Du warst vor kurzem als Support von Tate McRae und Ed Sheeran auf Tour und hast zum ersten Mal in Stadien gespielt. Viele Leute beschreiben deine Songs als Lieder, die in Stadien gespielt werden sollten. Wie war es für dich, diese Songs endlich in so großen Stadien zu spielen?

Ich habe es absolut geliebt. Es fühlt sich fast wie ein Guilty Pleasure an. Natürlich war ich super nervös, als ich auf die Bühne ging, aber ich habe schon immer davon geträumt, in Stadien zu spielen. Ich bin mental mehr darauf vorbereitet, auf der Bühne des Wembley-Stadions zu stehen, als auf die Gigs, die ich auf der Tour jetzt spielen werde. Einfach weil ich es in meinem Kopf schon so oft gemacht habe. Ich habe jeden Abend vor dem Einschlafen in meinem Kopf im Wembley-Stadion gespielt . Das war meine Art der Manifestation (lacht).

Es hat ja anscheinend funktioniert. Du gehst bald auf eine richtig große Tour. Zuerst in Großbritannien und nächstes Jahr gehst du dann endlich auf Europatournee. Wie ist es für dich, wenn du eine Show nach der anderen spielst? Magst du das Tourleben?

Ich liebe es auf Tour zu sein. Ich habe das Gefühl, dass man als Musiker:in nicht wirklich einen festen Zeitplan hat. Es gibt keine Routine. Alles ändert sich jeden Tag und man weiß nie, wo man sein wird und plötzlich sitzt man im Flugzeug. Wenn man auf Tour ist, ist alles strukturiert. Man weiß auf jeden Fall schonmal einen Ort, an dem man jeden Tag sein wird. Da ist viel mehr Routine drin. Das gefällt mir sehr. Ich liebe es, live zu spielen. 

Bei meiner Recherche habe ich eine Playlist von dir auf Spotify gefunden. Sie heißt „Pre Stage Nerve Killa“. Ist das etwas, womit du oft zu kämpfen hast, mit Lampenfieber?

Ich denke, Aufregung ist gut. Es bedeutet, dass es einem wichtig ist, aber ja, ich muss mir vor jeder Show gefühlt in die Hose machen, ohne Ausnahme. Es spielt keine Rolle, wie oft ich 15 Minuten vor der Bühne aufs Klo gehe. Ich zittere auch sehr stark. Wir spielen diese Playlist einfach sehr laut, um die Aufregung vorher ein wenig zu beruhigen, unsere Absichten zu verdeutlichen und unsere Erwartungen zu senken. Manchmal denke ich, wenn man zu hohe Erwartungen an die Show hat, kann man keinen Spaß haben. Jemand hat mir mal gesagt, wenn man keine Erwartungen an das hat, was passieren wird, dann wird es immer die Lieblingsshow sein. 

Das ist ein wirklich guter Ratschlag. Lass mich auf das Mixtape zurückkommen: „Treat You Bad“ ist einer meiner Lieblingssongs. Textlich kommt es sehr selbstreflexiv rüber. Ich denke, es ist eine ganz andere Herangehensweise an das Thema, als man vielleicht erwarten würde. Normalerweise heißt es ja immer „du behandelst mich so schlecht“ und nicht umgekehrt. Was waren deine Gedanken hinter diesem unkonventionellen Ansatz?

„Treat You Bad“ ist einer der Songs, vor denen ich etwas mehr Angst hatte, sie zu veröffentlichen. Denn, was ich in diesem Song andeute, ist: „Warum lässt du zu, dass ich dich auf diese Weise behandle? Es ist deine Schuld, dass ich dich schlecht behandle.“ Weil ich meine Gefühle so sehr verleugne. Es ist auch einer meiner Lieblingssongs. Live ist er fantastisch und es ist so eine klassische Rock-Akkordfolge. Ich denke, dass ich in allen Songs, besonders in „Treat You Bad“, einfach ehrlich zu allen sein wollte und keine Angst davor hatte, so etwas zu sagen. Ich habe das Gefühl, dass sich viele Leute damit identifizieren können, weil man nie will, dass irgendetwas die eigene Schuld ist. Und genau darum geht es in dem Song: „Ich will die Schuld nicht auf mich nehmen, also schieben wir sie auf dich.“ In allen Songs wird nicht um den heißen Brei herumgeredet. Es ist alles sehr sarkastisch und direkt auf den Punkt gebracht und ehrlich und brutal. Genauso wie einige von ihnen traurig und schmerzhaft sind.

Alle Songs auf dem Mixtape sind sehr upbeat und treibend und dann gibt es noch den letzten Song „Home Is Where The Heart Is“. Warum hast du dieses Muster für diesen Song durchbrochen?

Das war der letzte Song, den ich für das Mixtape geschrieben habe. Das Mixtape war fertig und dann ging ich auf die Bastille-Supporttour. Ich kam nach Hause und saß in meiner Küche und war ziemlich niedergeschlagen. Nach einer Tour ist man immer ziemlich niedergeschlagen, weil man das ganze Adrenalin verliert. Das ganze Adrenalin verlässt deinen Körper und ich dachte nur: „Ich habe niemanden, den ich jetzt anrufen kann. Sicherlich sollte es jemanden geben, den ich anrufen möchte, oder jemanden, der mich anrufen möchte, oder sich erkundigen sollte, ob ich gut nach Hause gekommen bin.“ Also schrieb ich die ursprüngliche Storyline des Songs und nahm ihn am nächsten Tag mit ins Studio. Ich glaube nicht, dass es ein Song ist, der meine Stimme besonders zur Geltung bringt, denn er hat nicht die beeindruckendsten Melodien oder die größte stimmliche Bandbreite. Ich wollte wirklich einen Song haben, der sich mehr in Grenzen hält, aber selbst im Mittelteil des Songs fühlt es sich so an, als ob er sich zu einer gewissen Stelle aufbaut. Ich wollte etwas Kleineres haben, um die anderen Songs noch größer erscheinen zu lassen (lacht)

Deine Musik ist sehr direkt und ehrlich und du kommst auch in den Texten sehr selbstbewusst rüber. Das wird von Frauen in der Musik oft nicht erwartet. Wie gehst du damit um?

Ich habe das Gefühl, dass im Moment ein seltsames Kribbeln in der Luft liegt, weil männliche Künstler scheinbar mit Dingen davonkommen, mit denen eine Frau nie davonkommen würde. Wenn sie bestimmte Dinge sagen, ist das in Ordnung, aber wenn eine Frau diese Dinge sagen würde, wäre das absolut nicht in Ordnung. Ich glaube, das ist etwas, das in letzter Zeit deutlich geworden ist, und ich glaube nicht, dass das vor ein paar Jahren schon so ein großes Problem war, wie jetzt. Das beschäftigt mich sehr und macht mich wirklich wütend. Ich glaube, es gibt eine Menge Newcommerinnen, die anfangen, sich einen Scheißdreck darum zu scheren und genau das zu sagen, was sie wollen und wie sie es sagen wollen, denn letztendlich will keine von uns zu der Künstlerin gemacht werden, die das Label oder unser Management oder die höheren Entscheidungsträger in der Branche von uns erwarten. Es geht viel mehr darum: „Wenn ich das mache, dann mache ich das auf meine Art. Ich werde sagen, was auch immer ich verdammt noch mal will…“ in einem vernünftigen Rahmen. Als Frau war ich nervös, einen Song wie „Treat You Bad“ zu schreiben, weil das normalerweise nicht auf diese Weise geschrieben wird.

Aber ich meine, deshalb sollte man ja solche Songs schreiben, oder?

Ja, ganz und gar, und ich mag es auch, diese Art von Selbstvertrauen in den Texten zu haben, weil ich das eigentlich nicht habe. Auf der Bühne schon. Es ist, als ob sich ein Schalter in mir umlegt. Ich liebe es, mir dieses Selbstvertrauen aufzuerlegen, weil es einem eine Art von Macht gibt, die unantastbar ist. Wie auch bei „Girl Of Your Dreams“. Da war es so klar, dass diese Person kein Interesse an mir hat. Von der Person war klar: „Nein, ich will nicht in deine Nähe kommen“. Anstatt darüber zu weinen und zu fragen „Warum? Warum nicht?“, wollte ich sagen „Du irrst dich, ich bin das Mädchen deiner Träume“. 

Ich glaube auch, dass man dieses Selbstvertrauen automatisch auf seine Fans und die Crowd überträgt. Wenn man diese Songs schreit, gibt einem das automatisch einen solchen Schub an Selbstbewusstsein. Ich habe ein bisschen was von „Someone Else“ in „Girl Of Your Dreams“ gesehen, ich habe das Gefühl, dass sie irgendwie Schwestern sind. 

„Someone Else“ ist mein Lieblingssong, den ich am liebsten spiele, und zwar von allen Songs, die ich zuvor veröffentlicht habe. Das war ein wichtiger Ausgangspunkt, um zu erkennen, dass ich diese Art von Musik liebe, ich brauche mehr davon, das ist der Punkt, an dem wir ansetzen müssen.

Ich glaube, als „Someone Else“ herauskam, habe ich ihn zuerst auf TikTok gehört. Ich finde, dass soziale Medien und insbesondere TikTok heutzutage eine große Rolle im Musikmarketing spielen. Als du anfingst, deine Songs auf TikTok zu promoten, warst du dir da der Macht dieser Plattform bewusst?

Ja, definitiv. Am Anfang war es seltsam, weil ich es so sehr verleugnet habe. Ich hasste die Vorstellung, dass irgendjemand auch nur irgendwas über mich weiß, dass ich als Songwriterin Content machen muss. Ich wollte wirklich davor weglaufen, und dann, vor allem als wir aus dem Lockdown herauskamen, habe ich die Musik in meinem Kopf sortiert. Ich sah, wie viele Leute auf TikTok durchstarteten, und ich war zu diesem Zeitpunkt unabhängig. Ich musste also immer noch alles selbst machen. TikTok war die einzige Möglichkeit für Leute, Anerkennung zu bekommen. Mein Vater sagte zu mir: „Das sind nicht mehr die alten Zeiten. Du kannst nicht einfach von einem Plattenlabel aufgenommen werden, sie entwickeln dich und dann wirst du der größte Star der Welt sein. Du musst es auf eine moderne Art und Weise angehen, wenn du der nächste moderne Popstar werden willst. TikTok ist wie ein Deal. Es ist sehr wichtig, dass man sich gründlich informiert und den ganzen Papierkram erledigt, bevor man den großen Deal abschließt. TikTok ist eine Möglichkeit, mit Leuten in Kontakt zu treten, wenn man nicht live spielen kann. Wenn du es genug willst, wirst du es auch schaffen.“ Und ich was nur so: „Scheiße.“ Also hab ich aufgehört, Musik zu schreiben und mich ganz darauf konzentriert, den TikTok-Algorithmus zu verstehen. Es hat ungefähr fünf Monate gedauert, bis ich ihn geknackt hatte, und dann ging es irgendwie sehr schnell. Der Algorithmus ändert sich jeden Tag. Ich habe keine Ahnung mehr, wie man es jetzt macht, aber es ist unglaublich wichtig, es als Künstler:in in der heutigen Zeit zu verstehen, weil das kostenloses Marketing ist, wenn man es richtig macht. Diese Art der organischen Reichweite kann man nicht kaufen. 

Man erscheint auch automatisch viel erreichbarer, wenn man sich auf diese Weise im Internet zeigt.

Definitiv, aber was die Fans angeht, bin ich sehr, sehr gut erreichbar. Ich versuche, auf so viele DMs wie möglich zu antworten. Ich bin mit allen Fans in Gruppenchats, was witzig ist, weil ich manchmal einfach reinplatze, wenn sie mitten im Gespräch sind, was sie erschreckt. Ich denke, das ist ein wichtiger Teil des Projekts. Es dreht sich alles um die Fans. Sie sind der einzige Grund, warum ich das hier tue. Sie sind der einzige Grund, warum es überhaupt funktioniert. Es ist schön. Es ist, als hätte man eine kleine, verrückte Familie. 

Ich lieb das. Ich habe noch eine letzte Frage. Unsere Zeit ist nämlich gleich um. Was ist „The Greatest Thing You’ll Never Learn“?

Wenn wir das Klischee bedienen wollen, dann ist es zu lieben und geliebt zu werden. Aber wahrscheinlich kochen.

Du gehörst also nicht zu den Leuten, die während des Lockdowns kochen gelernt haben, sondern du hast gelernt, wie der TikTok-Algorithmus funktioniert. 

Ich habe gelernt, wie man ein mathematisches Genie ist (lacht). Ich habe während des Lockdowns gelernt, wie man klassisches Klavier spielt, aber ich habe nicht gelernt, wie man kocht. Ich kann nicht kochen. Kochen macht mir Angst. Ich habe einmal die Küche meiner Mitbewohnerin und mir in Brand gesetzt, als ich PASTA gemacht hab. 

Wie macht man das denn?

Ich habe Aglio e Olio gemacht, das ist die pure Kater-Medizin. Ich habe Nudeln mit Knoblauch und Öl gemacht. Im Rezept stand, man soll das Nudelwasser in das Öl geben. Ich habe also einen großen Löffel Nudelwasser genommen und ihn ins Öl geschüttet und das ganze verdammte Ding fing an zu brennen. Meine Mitbewohnerin rannte rein und fragte: „Was machst du da?“ und ich sagte: „Ich versuche nur, Nudeln zu machen“. Danach durfte ich die Küche nicht mehr betreten. Also mache ich nur noch Salate und richtig gute Sandwiches. Ich werde nie lernen, wie man kocht. Nudeln mit Pesto kann ich.

Foto © Universal Music