Es ist wohl das Schicksal, das Denge (Gudrun Columbus Mwanyika) und Yasmin (Ikhlas Gafur Vora) zusammenbringt. Er ist Kommunist, sie ist aus ihrer Zwangsehe geflohen und beide suchen die große Freiheit. Freiheit von Ehemännern, Freiheit von Offizieren und Freiheit, sich zu lieben, wo und wann man möchte. Was nach epischem Drama klingt, wird im Laufe der Erzählung eher eine lauschige Romanze zweier, die sich irgendwie lieben, aber in ihrer eigenen Geschichte gefangen sind, im Kolonialstaat Sansibar der 50er Jahre.
„Die Liebe in ungleichen Zeiten“ ist ein malerischer Film mit viel Atmosphäre. Als Verfilmung des gleichnamigen Swahili-Romans von Adam Shafi ist er der weltweit erste Film, der sich mit der Unabhängigkeitsbewegung auf Sansibar auseinandersetzt. Regisseur Amil Shivji zaubert spannungsgeladene Szenen ohne viele Worte, jedoch mit Geräuschen, die eine tiefe Ruhe erzeugen. Da ist das Knirschen der Kieselsteine unter Yasmins Sandalen, das Rauschen des Windes im Regenwald, Stimmen und Kindergeschrei in der Siedlung. Dann ein Mann auf einem Fahrrad, der jeden Abend die Laternen in der kleinen Gasse anzündet und am Morgen wieder löscht. Alles geht seinen gewohnten Gang, so schnell bringt die Menschen nichts aus der Ruhe.
Aber wo bleibt denn da die Revolution? Sansibar ist ein Kolonialstaat, in dem abends im Pub die weiße Bourgeoisie von Schwarzen bedient und unterhalten wird. Als Denge eines Abends in einen solchen Pub eindringt und eine Schlägerei auslöst, wird er von der Polizei als Kommunist verfolgt. Denge und Yasmin lernen sich kennen, als er kommunistische Pamphlete bei einer gemeinsamen Freundin versteckt. Es scheinen zwei Herzen in seiner Brust zu schlagen: eines für die Revolution und das andere für Yasmin. Während Yasmin sich ganz ihren Gefühlen für ihn hingibt, ist Denge immer auf dem Sprung. Aus lauter Naivität landet er schließlich im Gefängnis und es ist an Yasmin, eine Rettung zu planen.
Wenn Denge und Yasmin sich näherkommen, dann kommt der Film ohne viele Worte aus. Die beiden schauen sich tief in die Augen, schweigen sich an und berühren sich zärtlich. Shivji ist ein Meister der Stille. Stille, die die Szenen sprechen lassen ohne Worte, nur mit Bildern, Farben, Geräuschen und Gesten. Die Lücken im Drehbuch, die hier so wirkungsvoll sind, werden ihm jedoch an anderer Stelle zum Verhängnis. Der Plot fließt langsam dahin, die Spannung fehlt und die Geschichte erscheint vorhersehbar. Von der Dramatik einer Revolution, der heißen Liebe ist nichts zu spüren.
Und wenn wir schon dabei sind, müssen wir auch über Yasmin sprechen. Es scheint als würde sie das feminine Stereotyp brav erfüllen, wie sie Denge hinterherläuft, um ihn bangt und seine Rettungsaktion plant. So viel Hingabe für einen jungen Kämpfer, der viel zu sehr mit sich selbst und seiner Revolution beschäftigt ist.
„Die Liebe in ungleichen Zeiten“ wurde für einen Oscar nominiert und bringt damit sein Produktionsland Tansania auf die große Bühne. Auch wenn es der Geschichte an Spannung fehlt, kann man sich mit den wunderbar atmosphärischen Szenen trösten. Ein sehenswerter Film, der einen träumen lässt von tropischen Stränden und gleichzeitig eine wichtige Zeit in der Geschichte Sansibars thematisiert.
„Die Liebe in ungleichen Zeiten“ läuft ab dem 18. April 2024 in den deutschen Kinos.