So war’s beim Hamburger Musikpreis HANS

Tief unter den tanzenden Türmen, im Mojo Club auf der Reeperbahn, wurde am 27. November diesen Jahres zum fünften Mal der HANS vor den Augen von ca. 400 Gästen an Hamburger Künstler in acht verschiedenen Kategorien verliehen. Vergeben wird der Preis seit 2009 alljährlich von der Interessengemeinschaft Hamburger Musikwirtschaft e.V. (IHM), die sich im Jahr 2004 gründete um den Musik- und Musikwirtschaftsstandort Hamburg zu fördern und mitzugestalten. Die IHM ist das Netzwerk der Musikwirtschaft in Hamburg und versteht sich als „professionellen Ort und Motor für den Kontakt und Austausch seiner Mitglieder mit Vertretern von Wirtschaft, Politik und Verwaltung“. In diesem Sinne wird auch der alljährliche Hamburger Musikpreis verliehen: Von der Branche für die Branche.

Bisherige HANS-Preisträger sind unter anderen Tocotronic, Gisbert zu Knyphausen, Boy, Ina Müller und Jan Delay. Abräumer der fünften HANS-Verleihung war Axel Bosse, der gleich in drei Kategorien eine Trophäe überreicht bekam (welche dieses Jahr übrigens von Designer Boris Kupczik gestaltet wurde). Neben einer Ehrung des Songs „So oder so“ zum „Hamburger Song des Jahres“, welcher auf dem Album „Kraniche“ erschien, mit dem der Musiker dieses Jahr bereits sein fünftes Album vorlegte, wurden dem 33-jährigen Preise in den Kategorien „Herausragende Hamburger Künstlerentwicklung“ und „Hamburger Künstler des Jahres“ überreicht. Begründet wurde diese Entscheidung von der 15-Köpfigen Jury unter anderem mit Anspielungen auf Bosses mitreißende Live-Shows: Er „kann unterschiedliche Szenen, Altersgruppen und gesellschaftliche Zerklüftungen vereinen und an einem Ort, für einen Song oder ein Konzert zusammenbringen. Das ist wertvoll und schön“.

Die Jury setzte sich in diesem Jahr unter anderem aus dem Fotografen Sven Sindt, Rita Flügge-Timm von Warner Music Entertainment oder auch Norbert Grundei von Radio N-Joy zusammen. Stellvertretend für Hamburgs Musikschaffende wird versucht, mit der Jury ein Querschnitt der Musikszene dieser Stadt abzubilden.

Bis auf Ruhm und Anerkennung bringen den geehrten Künstlern ihre Auszeichnungen übrigens kaum was ein, denn alle Preise die im Rahmen des HANS vergeben werden, sind undotiert. Lediglich der Preis in der Kategorie „Hamburger Nachwuchs des Jahres“, welcher von der Hamburger Volksbank präsentiert wird und in diesem Jahr an den 30-jährigen Fayzen (bürgerlich Farsad Zoroofchi) vergeben wurde, ist 2000€ wert. Fayzen verkaufte seine Tonträger jahrelang in Eigenregie auf der Straße, bevor er bei Universal unter Vertrag genommen wurde. „Und…“, erzählt er zu diesem Abschnitt seines Musikerdaseins, „…die Leute, die mir CD’s abkauften, haben größtenteils noch nicht mal gesagt, dass sie die Mucke mochten“. Naja, wenns zum Plattenvertrag und HANS reicht, kann es nicht ganz so verkehrt sein, was Farsad sich da musikalisch zusammenbastelt. Auf der Bühne jedenfalls entfaltete seine sehr eigene und gefühlvolle Auslegung von Sprechgesang seine Wirkung voll und ganz.

Eine ungewöhnliche Ehrung, die große Freude bereitete, war die Vergabe des Preises für die „Hamburger Programmmacher des Jahres“ an Christof Jessen und Andre Frahm, als Inhaber des Plattenladens „Michelle Records“ für die dort regelmäßig stattfindenden Schaufenster-Konzerte. Ja, da standen wir auch schon das ein oder andere Mal zwischen Platten und CD’s oder drückten unsere Nasen von draußen an die Scheiben und freuten uns so manche Band zur Abwechslung mal ganz von Nahem zu sehen. Künstler wie Queens of the Stone Age, Tomte, Nada Surf, Calexico, Peaches, Bernd Begemann, Gonzales und eben erst Bela B., haben hier schon gespielt.

Wurden sie auch nicht zu den Programmmachern des Jahres gekührt, erhielten Macher und Mitwirkende des Reeperbahn Festivals wenigsten zwei indirekte Ehrungen: Rocket und Wink (wer auch immer sie sein mögen, das ist hinter ihre anscheinend konsequent in der Öffentlichkeit getragenen Kostümen absolut nicht zu erkennen), erhielten den HANS für die „Hamburger Gestaltung des Jahres“. Zwar nicht nur für das Reeperbahn Festival, sondern auch für die „Leider-Geil“-Kampagne.  Auch der Reeperbahn-Festival-Bus von N-Joy, auf dem wir schon so manche Band im kleinen, akustischen Rahmen gesehen haben, erhielt einen HANS für das „Hamburger Medienformat des Jahres“.

Zu den weiteren Preisträgern des Abends gehörten außerdem DJ Koze für die „Hamburger Produktion des Jahres“ mit „Amygdala“. Per Videobotschaft bedankte dieser sich brav aus der Ferne. Neben den 8 Kategorien des HANS wurde außer der Reihe noch ein Sonderpreis der IHM verliehen, mit dem sich künftig das Hamburger Musiklabel, oder vielmehr deren CEO Bernd Dopp, schmücken darf. Für die Bindung zu Hamburg und quasi gegen die Entscheidung einer Möglichen Abwanderung nach Berlin, erhielt der Chef von Warner an diesem Abend einen Preis. „Und das für einen bösen Major wie so manch einer hier jetzt denken dürfte.“ Damit hat er den Nagel quasi auf den Kopf getroffen.

Um die Preisverleihung etwas aufregender zu gestalten und die anwesenden Gäste bei Laune zu halten, gab es natürlich auch ein kleines Musikprogramm. Wo die Musik im Mojo ja an erster Stelle stehen sollte, und wo so eine Preisverleihung eben ihre Längen hat und schnell langweilig zu werden droht, sollten Bands wie Die Rakede, die Preisträger Bosse und Fayzen oder auch die aus den USA stammende Band Swearing at Motorists für ein wenig Abwechslung sorgen. Vor allem die Motorists konnten uns überzeugen, mit einem Intro von Tocotronics „Wir sind neu in der Hamburger Schule“ und passendem T-Shirt, rockte die 2-Mann-Band, bestehend aus Sänger und Gitarrist Dave Doughman und Schlagzeugeur Joseph Siwinski, wirklich eindrucksvoll.

Ein schöner Abend im Hamburger Mojo Club, an dem sich die Branche auch nach der Verleihung noch kräftig selbst weiter gefeiert haben dürfte.

 Waren bei der Verleihung vor Ort: Lena Krüger & Samira Szago