Deichbrand Festival: Rückblick und Vorschau

Inzwischen hat der Herbst Einzug gehalten und wir nutzen noch einmal schnell die Gelegenheit, uns sommerliche Gedanken zu machen und das diesjährige Deichbrand Festival Revue passieren zu lassen.
Es war einmal in Niedersachsen im Hochsommer, wir haben uns in Cuxhaven bei gut 30 Grad einen abgeschwitzt und unseren Campingpavillon, der uns zum Glück etwas Schatten gespendet hat, so geschätzt wie nie. Genau hier gibt es leider auch schon den ersten Punkt in der Organisation zu bemängeln.
Wenn man weiß, dass am Festivalwochenende so brütend heißes Sommerwetter zu erwarten ist, sollte man den Festivalbesuchern auch ausreichend Schattenplätze zur Verfügung stellen oder anderweitig irgendwie für Abkühlung sorgen. Jeder winzige Schatten den ein Bauzaun, das Riesenrad oder die Essensstände abgeworfen haben, wurde von den Besuchern dankend in Anspruch genommen, da die Veranstalter es leider verpasst hatten, Segel zu spannen oder andere Schattenspender zu installieren.
Auch die Trinkwasserversorgung war leider etwas mau, zwei Stationen auf dem Festivalgelände an denen man sich lange einreihen mussten, sorgten dann irgendwie auch nicht für die schnelle, gewünschte Abkühlung. Einen Feuerwehr- oder auch nur Gartenschlauch in die Menge zu halten und so auch während der Konzerte für Erfrischung zu sorgen, wurde ebenso verpasst. Im letzten Jahr hatte man immerhin noch einen kleinen Schlauch auf dem Festivalgelände aufgestellt, unter dem die Besucher durchlaufen und sich abkühlen konnten. Insgesamt sollten die deutschen Veranstalter vielleichtgenerell mal einen Blick ins Ausland werfen, denn auf dem Sziget Festival zum Beispiel verstand man es sehr gut, die Leute zu erfrischen und auch beim Roskilde wird vor den Bühnen mit gefüllten Pappbechern dafür gesorgt, dass die Leute ausreichend trinken.
Neben dieser teils schlechten Organisation ist uns erneut aufgefallen, dass die Besucher auf dem Deichbrand irgendwie anders ticken oder andere Vorlieben haben, als Besucher vergleichbarer Festivals. Es mag kaum daran liegen, dass das Festival auf dem platten Land liegt, das ist ja in der Regel immer der Fall, aber irgendwie fühlt man sich auf dem Deichbrand hin und wieder so, als wäre man auf einem Dorffest gelandet. Die Dorfjugend feiert bis zum Umfallen und auch Mutti und Vati stehen hinten im Publikum. Bejubelt werden dann nicht, wie von uns, die fantastischen Biffy Clyro, nein, hier wird eher zu der Band SDP gefeiert, die uns bisher kein Begriff war. Die Spaßkapelle mit dem Hit „Die Nacht von Freitag auf Sonntag“ brachte das Palastzelt am Freitag so zum Platzen, wie es kein anderer Act an diesem Wochenende geschafft hat. MC Fitti und K.I.Z. wurden gleichermaßen frenetisch gefeiert und auch alles, was sich im Elektronischen beheimatet findet wie Westbam, Fritz Kalkbrenner oder Moonbootica, fand großen Anklang.
Eigentlich war es für uns recht entspannt, dass es bei Bands wie eben genannten Biffy Clyro mal etwas ruhiger zuging und man ohne Gedrängel weit vorn stehen konnte, doch bei meinen Jugendhelden, den Hives, blutete mir bei selber Situation schon ein wenig das Fanherz. Kaum eine Band fordert vom Publikum so viel Bestätigung ein wie The Hives, und wenn die Menge dann nicht antwortet, ist es schon ein bisschen bitter.

Wer war sonst noch da? Jan Delay mit seiner kleinen ‚Rockshow‘. Wirklich anders ist sein Programm jetzt eigentlich nicht, die Gitarre kommt häufiger zum Einsatz, die Outfits sind mit Leostoff akzentuiert, auch die Hamburg Fahne besticht durch Leo Print und ein paar Mash-Ups mit Rockklassikern wurden ins Set eingebaut. So ganz konnte er uns mit dieser Nummer nicht überzeugen, doch zugegebenermaßen hatten wir trotzdem unseren Spaß.

Marteria wurde vom Publikum frenetisch gefeiert und ein Rauskommen aus der Menge um einen Act im benachbarten Zelt zu gucken hat mich sicher gute 10 Minuten gekostet. Der Mann mit der Pandamaske konnte einen Tag später mindestens genauso viele Leute vor der Bühne versammeln, der Hype um Cro scheint also ungebrochen. Wir hatten bei seinem Set das Gleiche wie immer zu bemängeln: das ständige Ein und Ausschalten der Musik um das Publikum bei den Refrains allein singen zu lassen, kann man schon mal machen. Wenn dies aber bei jedem einzelnen Song geschieht, kann einem das schon gehörig auf die Nerven gehen.
Entspannter ging es da am Sonntag bei Revolverheld zu, die den Schnulzmodus eingelegt hatten. Pärchen-/ Mädchenmusik deluxe; aus Mangel an Alternativen haben wir uns das Ganze auch mal angeschaut, doch so wirklich ernst nehmen kann man die Jungs irgendwie nicht. Wir haben uns zwischenzeitlich gefragt, ob sie ihre Musik wohl selbst wirklich gut finden und selber hören würden oder ob sie einfach akzeptiert haben, dass das Publikum genau diese Sachen hören will und sich gefügt haben.
Kleine Highlights sollen an dieser Stelle aber auch nicht zu kurz kommen: Turbostaat haben wieder einmal ein energiereiches Set hingelegt und das Zelt bei eh schon nicht erträglichen Temperaturen zum Kochen gebracht. Biffy Clyro waren wie immer ein Highlight für sich das nicht vieler Worte bedarf und Maximo Park luden zum Tanzen ein und haben den Preis für die größten Sympathieträger verdient. Alligatoah konnte seine Theater inspirierte Show gerade so im Palastzelt unterbringen und auch die Band Findus aus Hamburg wusste am Sonntag zu überzeugen.
Nachdem wir im letzten Jahr überstürzt Samstagnacht den Heimweg angetreten hatten, dachten wir uns, geben wir dem Deichbrand doch nochmal eine Chance. Leider konnte das ‚Rockfestival am Meer‘, das sich dafür, dass es ‚Rock‘ im Namen trägt sehr viel elektronische Musik eingeladen hatte, nicht so wirklich zu überzeugen. Vielleicht gehören wir hier aber auch einfach nicht mehr zur Zielgruppe.

Inzwischen haben die Deichbrand Organisatoren die ersten Bestätigungen für 2015 verkündet. Weitere Line Up Verkündungen wird es am 1. Dezember geben.

War dabei: Samira Szago

www.deichbrand.de