Michael Schulte im Interview: „Man muss aus der Masse hervorstechen.“

Michael Schulte, der deutsche Vertreter beim diesjährigen Eurovision Song Contest in Lissabon, ist seit seinem Sieg beim Vorentscheid in aller Munde. Mit 36 von 36 möglichen Punkten setze sich der Singer-Songwriter aus Buxtehude bei „Unser Song für Lissabon“ gegen Kandidaten wie Ivy Quainoo und Xavier Darcy durch. Im Interview verrät er uns, was eine ESC-Teilnahme für ihn so besonders macht, was bis zum 12. Mai bei ihm ansteht und was er über die  Songs seiner „Konkurrenten“ denkt.

Zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch! Du hast den deutschen Vorentscheid mit der höchstmöglichen Punktzahl gewonnen und wirst Deutschland in Lissabon vertreten. Hast du das schon wirklich realisiert?

Ich denke, mittlerweile habe ich es doch einigermaßen realisiert. Wobei der Groschen sicher erst so richtig fällt, wenn ich live vor Ort in Lissabon das erste Mal die Bühne betreten werde. Das wird ein besonderer Moment für mich sein!

Wie erlebst Du den Presse- und Medienrummel, der gerade um Dich herum veranstaltet wird? Wie gehst Du mit negativen Kommentaren um?

Alles, was gerade passiert, ist natürlich total überwältigend und super-verrückt, wenn auch gleichzeitig wunderschön und es ist das, was ich mir immer erhofft habe. Es trudeln täglich hunderte Interviewanfragen im Mail-Postfach ein, ich bin durchgehend unterwegs, zum Beispiel bei Radiosendern zu Besuch und gefühlt überall wird über mich berichtet. Dass nicht immer alles positiv ist, ist für mich selbstverständlich. Es gibt so viele unterschiedliche Geschmäcker und ich habe nie erwartet, dass jedem mein Song gefällt und dass jeder mit der Entscheidung happy ist, mich nach Lissabon zu schicken. Aber ich habe das Gefühl, dass der große Teil Deutschlands hinter mir steht und natürlich möchte, dass ich in Lissabon gut abschneide.

Was bedeutet es Dir, am ESC teilzunehmen?

Ich habe in all den Jahren nicht einen ESC verpasst und mich immer auf diese tolle Show gefreut. Schon als kleiner Junge habe ich mir ausgemalt, wie es wohl wäre, selbst irgendwann Mal für Deutschland anzutreten. Das waren natürlich nur Träumereien und ich hätte nicht damit gerechnet, dass das irgendwann wirklich Realität wird. Jedes Jahr wird nur ein Musicact für Deutschland zum ESC geschickt und dass das dieses Jahr ich bin, ist eine riesen Ehre. Sozusagen in einer Reihe zu stehen mit Nicole, Guildo Horn, Stefan Raab, Lena und vielen anderen tollen Musikern, die bereits für Deutschland angetreten sind.

Hast Du Dir ein persönliches Ziel für den 12. Mai gesteckt?

Ich bin ja bekanntlich ein wirklich ehrgeiziger Mensch und fahre natürlich nach Lissabon, weil ich auch für Deutschland gewinnen möchte. Ich denke, dass jeder gerne gewinnen würde. Ich bin aber auch realistisch und weiß, dass das wahnsinnig schwer ist. Eine Top10-Platzierung wäre schon traumhaft und etwas, mit dem ich mehr als zufrieden wäre.

Wird dein Auftritt dem des Vorentscheids ähneln oder sind noch andere Elemente geplant?

Wir wollen an der Idee festhalten, Bilder der Community mit auf die Bühne zu nehmen, werden aber definitiv etwas am Staging ändern. So wird es sehr wahrscheinlich zum Beispiel das Buch im Hintergrund nicht mehr geben.

Darfst Du schon verraten, ob Du an den alljährlichen internationalen ESC Fan-Events teilnehmen wirst?

Na klar! Ich werde in London, Amsterdam und Madrid mit dabei sein!

Hattest Du schon Zeit, Dich mit den bereits feststehenden Teilnehmern der anderen Länder zu befassen? Falls ja, welcher Song ist Dein persönlicher Favorit?

Ich verfolge das schon seit Wochen sehr, sehr aufgeregt und kenne dementsprechend so gut wie jeden Song. Bisher sagen mir am ehesten die Songs aus Frankreich, Tschechien, Dänemark und Finnland zu.

Es ist bekannt, dass Du ein waschechter ESC-Fan bist. Welcher Beitrag ist Dein All-Time-Favourite – unabhängig davon, ob Siegertitel oder nicht?

Das ist definitiv „Fly On The Wings Of Love“ von den Olsen Brothers. Wobei mir die dänische Version „Smuk som et stjerneskud“ noch besser gefällt.

Was muss ein Song deiner Meinung nach haben, um beim Eurovision Song Contest zu „funktionieren“? Die musikalischen Genres der Gewinnertitel waren ja doch sehr unterschiedlich über die Jahre…

Ich denke, der Song muss besonders sein. Entweder besonders schräg, laut und bunt, oder aber besonders intim und persönlich. Letzteres würde auf meinen Song zutreffen und auch auf den Siegersong des letzten Jahres. Man muss aus der großen Masse herausstechen und den Menschen bei so vielen Beiträgen im Gedächtnis bleiben.

Wie beruhigst du vor einem Live-Auftritt deine Nerven?

Da habe ich tatsächlich nichts Bestimmtes. Aber ein Gang auf die Toilette kurz vor dem Auftritt gehört bei mir dazu. Wahrscheinlich beruhigt das gleichzeitig auch meine Nerven 😉

Hast Du eine Message an Deine alten und neuen Supporter?

Ich freue mich natürlich sehr, dass durch den ESC so viele neue Leute auf mich und meine Musik aufmerksam geworden sind. Dankbar bin ich aber insbesondere den Zuhörern, die mich schon so viele Jahre auf meinem Weg begleiten und immer daran geglaubt haben, dass irgendwann mal mein großer Moment kommt. Und ich glaube der ist jetzt da!

Wir wünschen Dir viel Erfolg in Lissabon und vor allem aber auch eine wunderbare Zeit in der ESC Bubble!

Interview: Marion Weber, Mirjam Baur
Foto: Mirjam Baur

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