Spot Festival 2012 Special: Teil 7 mit Reptile Youth

Und somit sind wir auch schon am Ende angelangt bei unserer siebenteiligen Serie Spot Festival 2012 Special, bei der wir euch Bands und Künstler vorstellen, die wir auf dem Spot Festival 2012 für uns entdeckt und zum Gespräch gebeten haben. Wir sind bei Teil 7 angekommen und stellen euch hiermit Reptile Youth aus Dänemark vor.

Reptile Youth – Das sind Mads Damsgaard Kristiansen und Esben Valløe aus Dänemark, die in letzter Zeit für gewaltig Furore gesorgt haben. In 2010 waren sie unermüdlich in China auf Tour -die längste, die eine dänische Band je unternommen hat. Beeindruckender ist hier wohl aber die Tatsache, dass sie bis zu dem Zeitpunkt noch nicht eine Platte veröffentlicht haben. Es ging jedoch fortan steil bergauf für Reptile Youth. Neben zahlreichen Clubshows wurden auch große Festivals wie Iceland Airwaves, Reeperbahn Festival, Montreux Jazz Festival, Wavves Vienna , Sonic Visions, Unit Tokyo, SPOT Festival und Roskilde Festival bespielt, immer noch ohne eine einzige Veröffentlichung! Die Fangemeinde jedenfalls wächst unaufhörlich, und auch die Presse überschlägt sich mit Lobeshymnen. Dabei fallen immer wieder Worte wie „Dynamik“ und „Wahnsinn“. Von der Dynamik ihrer Live Show konnten wir uns auf dem Spot Festival 2012 zwar leider nicht überzeugen. Den Wahnsinn haben sie aber zu unserem Treffen mit im Gepäck gehabt.

Esben: Ich versuche immer etwas Lustiges zu erzählen, wenn wir uns und Reptile Youth vorstellen sollen, aber dann fällt mir immer nichts ein. Also wir sind Reptile Youth, das ist Mads und ich bin Esben. Das ist alles.
Mads: Haha, nein. Wir haben die Band vor einigen Jahren gegründet. Wir haben das gleiche Interesse an Träumen und Abenteuern, solche Sachen eben. Irgendwann haben wir uns dazu entschlossen, nach China zu gehen und Rock Stars zu werden. Wir stehen halt auf solche Sachen, und so haben wir schließlich die Band gegründet. Wir sind zurück gekommen nach Dänemark, haben eine Show gespielt, und sind dann wieder nach China und haben dort ganz viele Konzerte gespielt. Auf einmal gab es eine Art Schneeball Effekt. Alles ist auf einmal immer größer geworden, und das obwohl wir noch nichts veröffentlicht haben. Vor ungefähr einem Monat haben wir unsere erste Single veröffentlicht und in zwei Wochen werden wir unsere zweite veröffentlichen. Das Album wird dann Ende des Sommers erscheinen.

Reptile Youth: Black Swan Born White (official music video) from hfn music on Vimeo.

Es ist schon wirklich beeindruckend zu sehen, dass eine Band, die bis zu dem Zeitpunkt noch nichts veröffentlicht hat, für so viel Aufsehen sorgt. Auch auf dem Spot Festival 2012 kommen die Besucher in Scharen, nur um etwas von der energiegeladenen Show zu erhaschen. Und so ist der Club schnell voll, zahlreiche Besucher müssen vor der Tür bleiben. Auch ich gehören leider zu den Unglücklichen. Irgendetwas muss der Sound der beiden Dänen also ganz offenbar an sich haben, weswegen sich mir schließlich die Frage aufdrängt, was wir von dem Album eigentlich erwarten können.

Esben: Es wird sehr vielseitig. Es wird eine Menge Punk und Elektro aber auch Pop Elemente beinhalten.
Mads: Ich denke, es wird viel mehr Pop enthalten, als die meisten erwarten. Ich weiß nicht, was die Leute sonst erwarten können. Es ist immer irgendwie schwer seine eigenen Sachen zu beschreiben.

Es bleibt also noch ein wenig ungelüftet, das Geheimnis um das Debütalbum von Reptile Youth. Gespannt darf man aber in jedem Falle sein. Denn ihre Shows treiben einen beim bloßen Zuschauen den Schweiß auf die Stirn, lassen keinerlei Wünsche an einen intensiven und abenteuerlichen Abend offen.

Esben: Ich mag es sehr, auf Tour zu sein, aber ich genieße es genau so, zu Hause zu sein. Ich wohne mit meinem Bruder zusammen und bin sehr gerne mit meinen Freunden zusammen. Aber die Tour Zeit ist immer eine sehr intensive Zeit.
Mads: Die Kombination aus beidem ist gut. Es gibt immer etwas sehr intensives und auch abenteuerliches auf Tour, da Du neue Städte kennen lernst, neue Leute trifft, auf andere Parties gehst und so weiter, aber es ist dann irgendwann auch immer wieder schön, nach Hause zu kommen.
Esben: Ich war mal solo unterwegs, habe bei Shows lediglich meinen Laptop benutzt. Ich glaube, das wäre ziemlich langweilig an dem Punkt, an dem wir jetzt sind. Es ist toll auf Tour zu sein, wenn Du die Leute magst, mit denen Du unterwegs bist. Und das ist genau das, was Reptile Youth ausmacht. Wir haben einen tollen Schlagzeuger und einen tollen Gitarristen.
Mads: Es ist sehr wichtig, dass Du mit Leuten unterwegs bist, die Du liebst, da Du so eng aufeinander hockst. Wir können uns da wirklich glücklich schätzen.

In Zeiten verbrannter Schubladen, schaffen es Reptile Youth, sich von der breiten Masse abzuheben. Das liegt mitunter nicht nur an ihrer durchweg tanzbaren Musik und ihren energiegeladenen Auftritten, sondern genauso an ihrer verrückten Art, mit der sie immer wieder für den ein oder anderen Lacher sorgen und sich sofort einen festen Platz in meinem Herzen sichern. So ganz ernst scheint man bei Reptile Youth jedenfalls nichts zu nehmen.

Mads: Wir haben keinerlei Einflüsse.
Esben: Wir hören lediglich unsere eigene Musik.
Mads: Doch, doch, wir haben natürlich gewisse Einflüsse, die sind aber sehr unterschiedlich. Natürlich beeinflussen uns auch dieselben Sachen, aber generell haben wir einen sehr unterschiedlichen Musikgeschmack und verschiedene Dinge, die wir fokussieren. Ich kann Dir eine Menge Namen sagen, wenn Du die gerne hören möchtest…
Esben: Wir können sagen, dass Mads überhaupt gar nicht von Euro Dance inspiriert wird, ich hingegen schon, und ich werde gar nicht von Folk inspiriert, Mads aber schon, zumindest manchmal. Dafür werden wir beide von Punk und Acid Rock inspiriert, oder auch Psychedelic Rock aus dem 70igern.

Für ihr Album haben Mads und Esben mit den Produzenten Dave M. Allen (The Cure, Sisters of Mercy und Human League) und Mark Ralph (Filthy Dukes, Lady Gaga und Hot Chip) zusammen gearbeitet, zwei Größen im Musikbusiness, die sich wirklich hören lassen können. Darauf ausruhen tut man sich allerdings nicht. Und genaue Vorstellung, wo es mit Reptile Youth hingehen soll, hat man immerhin auch. Für Träumerein bleibt da aber noch genug Platz, das verbindet die Beiden ja immerhin auch miteinander.

Mads: Es gibt viele Leute, mit denen wir gerne mal zusammen arbeiten möchten.
Esben: Ich würde richtig gerne mal mit Modeselektor arbeiten.
Mads: Ich würde sehr gerne mal mit Beck oder so zusammen arbeiten, oder vielleicht Neil Young. Ich weiß es nicht.
Esben: Jimi Hendrix!
Mads: Es gibt eine Menge Musiker da draußen, mit denen wir gerne mal was zusammen machen würden.

Ihr Mix aus Psychedelic Sixites Soul, Post Punk und Synth Pop fließt über in energiegeladenen Postmodern Pop, der Reptile Youth schließlich den Stempel des Außergewöhnlichen aufdrückt. Bei zwei so kreativen Köpfen stellt sich mir die Frage, wie der Entstehungsprozess ihrer Songs so aussieht.

Esben: Mads kommt mit einem wirklich fantastischen Textausschnitt, manchmal ist das ein Chorus, manchmal ein Vers, manchmal hat er dazu auch schon eine Melodie, wenn wir starten. Ja, und dann setzen wir uns mit einem richtig guten Freund von uns zusammen, mit ein paar Gitarren und einem Bass und jamen einfach rum, und gucken, wo es uns hinführt. Wenn wir bei etwas ein gutes Gefühl haben, packen wir es auf unseren Computer und spielen das Schlagzeug ein, wir nutzen dafür Minikeyboards. Außerdem haben wir gerade ein originalen Synthesizer von 1983 bekommen, es heißt Jupiter-6 (von Roland). Das ist sehr selten und wirklich sehr, sehr cool.
Mads: Du merkst, wir sind sehr aufgeregt über unseren neuen Synthesizer.
Esben: Lass mich doch. Mads ist eben das Mädchen bei uns, ich bin der geek guy.

Die Fronten scheinen eindeutig geklärt zu sein, die Rollen klar verteilt. Ein bißchen liebkosen ist das ja schon bei den Beiden. Man merkt unentwegt, dass es sich bei Mads und Esben um Freunde handelt, muss bei der Art und Weise, wie beide miteinander umgehen schon schmunzeln. Mads erinnert sich da aber auch noch ganz genau, wer ihm zu Schulzeiten den Kopf verdreht hat.

Mads: Ich stand auf viele Mädchen, als ich noch zur Schule gegangen bin, haha. Ich bin mit zwei Model-Zwillingen zur Schule gegangen, sie waren eine Stufe über mir. Oh ja, auf die stand ich wirklich sehr. Sie haben überall auf der Welt gemodelt. In meinem ersten Jahr auf dieser Schule, ich war in einer Band zu der Zeit, saß ich wo die aus dem ersten Jahr eben so rum saßen, und dann sind sie zu mir rüber gekommen. Ich dachte zuerst, sie gehen an mir vorbei, aber sie sind direkt auf mich zugekommen und haben gesagt, dass sie eine Geburtstagsparty schmeißen und dass es cool wäre, wenn ich mit meiner Band auf ihrer Party spielen würde. Ich konnte nichts sagen, ich hatte richtig Herzrasen. Ich stand auch mal auf ein anderes Mädchen, und mit ihr war ich auch für ein Jahr zusammen. Ich erinnere mich an das erste mal, als wir uns geküsst haben. Wir waren auf einer Privatparty und als wir an der Bar standen haben wir uns geküsst… Und ich bin regelrecht geflogen.

Sie können also auch einfühlsam und etwas schüchtern sein, der Mads und der Esben. In der Regel geniert man sich aber nicht. Man hat ja schließlich einen Ruf zu verlieren, und der ließ ja etwas von „Wahnsinn“ und „Verrückt“ verlauten…

Esben: Wenn mich keiner beobachtet, würde ich in der Nase bohren. Ich mag es, in der Nase zu bohren.

Man könnte meinen, dass die Jungs so schnell nichts aus der Ruhe bringt. Das stimmt so allerdings auch nicht ganz. An ihren peinlichsten Moment in ihrem Leben erinnern sich beide nämlich noch ganz genau, und davon scheinen beide immer noch etwas berührt zu sein.

Esben: Mein peinlichster Moment in meinem Leben war definitiv, als meine Mutter mich beim Masturbieren erwischt hat.
Mads: Das ist wirklich peinlich. Ich glaube, das war tatsächlich auch mein peinlichster Moment.
Esben: Und wir wussten nichts davon?!
Mads: Darauf brauchen wir eine Umarmung.
Esben: Ich kann diese peinliche Situation immer noch fühlen.
Mads: Was hat sie gesagt?
Esben: Wir haben nie darüber gesprochen. Was hat Deine gesagt?
Mads: Ich weiß nicht, ob sie es wirklich gesehen hat. Ich habe es versucht zu verstecken.
Esben: Weißt Du, wir haben so Hippie Eltern, die würden wahrscheinlich eher sagen: Es ist schön zu sehen, dass Du überhaupt ein Sexleben hast.
Mads: Oh ja, das könnte wirklich von meiner Mutter kommen.

Bis hier hin haben wir bereits viel gemeinsam gelacht. Und weil wir gerade so schön in der Vergangenheit rum wühlen, wollen wir auch gleich noch wissen, wofür Esben am meisten Ärger bekommen hat, als er noch jünger war.

Esben: Ich bin ziemlich schnell sauer geworden, ich war sehr jähzornig und die älteren Kinder wussten das. Es gab also immer wieder Kämpfe auf dem Schulhof. Ich erinnere mich daran, wie ich einmal über den ganzen Schulhof einen Jungen namens Christian hinterher gelaufen bin. Ich erinnere mich genau an ihn, ich würde ihm immer noch gerne in den Arsch treten, haha.

In der letzten Aufgabe dürfen die Jungs uns malen, was ihnen gerade in den Sinn kommt, alles ist erlaubt.

Mads: Ich finde, Du solltest Deine Mutter malen, wie sie bei Dir ins Zimmer kommt, als Du, na Du weißt schon…

Soweit kommt es dann doch nicht. Ihre Single „Black Swan Born White“ ist mittlerweile veröffentlicht und kann sich wirklich hören lassen. Hier haben sie ihre kreative Ader entfalten können und uns die malerische Interpretation ihrer Single präsentiert. Das Ergebnis kann sich auf jeden Fall genau so sehen lassen.

Mads: Ahhh, ein Schwan, das ist eine wirklich gute Idee.
Esben: Wir sollten dem Schwan Locken malen.
Mads: Ich glaube, dann sieht der doof aus. Jetzt sieht er wirklich cool aus.
Esben: Ja, Du hast Recht.
Mads: Das ist unsere nächste Single, die heißt „Black Swan Born White“.

Und dann ist das Gespräch leider auch schon zu Ende. Mit ein paar Tränen in den Augen hält man sich noch jetzt den Bauch vor Lachen. Mit Reptile Youth können wir definitiv einen Gewinner des witzigsten Interviews küren. Ich freue mich schon jetzt auf das nächste Treffen mit Mads und Esben und bedanke mich an der Stelle für dieses wundervolle Interview.

Von Jessica Franke


Spot Festival 2012 Special:

Teil 1: The Megaphonic Thrift
Teil 2: Echo Me
Teil 3: Age Of Giants
Teil 4: Snake & Jet’s Amazing Bullit Band
Teil 5: Zebra & Snake
Teil 6: Rangleklods