Kevin Devine und Chikan spielen solo im Berliner Privatclub.
Es gibt Konzerte, da gehe ich einfach hin, weil ich mal gehört habe, dass der Künstler gut sein soll. In der Regel kenne ich dann die Musik eher wenig bis gar nicht und wie viele Leute an dem Abend auf der Bühne stehen werden, weiß ich erst recht nicht. Das Konzert von Kevin Devine im Privatclub am Sonntag war eines dieser Konzerte.
Auf der Bühne befand sich ein Mikrophon, zwei Monitorboxen und zwei Singer/Songwriter – diese natürlich nicht gleichzeitig, sondern nacheinander.
Der Support war Chikan, ein in Berlin ansässiger Schwede. Er wirkte teilweise etwas unsicher. Das Publikum hielt einen Respektabstand von zwei bis drei Meter zur Bühne und ließ sich ab der vierten Reihe nicht weiter bei ihren Gesprächen stören. Sie haben einen guten, soliden Sänger mit interessanten Texten verpasst, in denen er das, was ihn stört und beschäftigt verarbeitet. Seine Melodien sind zwischen Pop und Rock angesiedelt. Obwohl beide Künstler des Abends „nur“ mit einer Gitarre bewaffnet kamen, hätte ihr Sound nicht unterschiedlicher sein können.
Kevin Devine (Solo) stand auf meinem Konzertticket. Er wird auf seiner aktuellen fünften Platte „Brother’s Blood“ von The Godamn Band begleitet. Diese hat er für seine aktuelle Tour durch Deutschland zuhause gelassen und tritt als das auf was er ist – ein Typ mit Gitarre.
Sein Eröffnungssong „Brother’s Blood“ lässt einen annehmen, Devine käme aus dem tiefsten Nashville, aber er ist in Brooklyn ansässig. Die Melodie ist eine Mischung aus Folk, Rock und Blues. Und spätestens als er bei diesem Song vom Mikrophon wegtritt und aus voller Lunge und ohne Unterstützung weiter singt, ist eine Intensität und Ehrlichkeit zu spüren wie bei kaum einem anderen Singer/Songwriter.
Schon der erste Song zeigt, er ist nicht gekommen um uns sanft wegdriften zulassen. Seine Texte sind oft sehr politischer Natur, selbst wenn man sie vorher nicht kannte, hört man das. Er singt von Soldaten in Afghanistan, davon sich zu ändern – heute und nicht morgen oder irgendwann – und der für kritische Künstler obligatorische Kommentar zu Bush fehlt auch nicht. Seine Songs sollen zum Nachdenken anregen. Er singt sie klar und verständlich mit seiner zwar nicht sehr markanten, aber wunderschönen Stimme.
Spätestens als er das eher poppige „I could be with anyone“ spielt, wippe selbst ich mit. Ein Stück von dem aktuellen Album, das sich seit dem ersten hören auf diesem Konzert in mein Ohr gebohrt hat und von dort auch nicht so schnell wieder verschwinden wird.
Kevin Devine legt sich auf keine musikalische Richtung fest. Von uramerikanischen Folkmelodien bis hin zu Popstücken wurde uns an diesen wunderbaren Abend alles geboten.
Das einzige, das ich zu bemängeln habe, ist die Location. Der Privatclub hat nicht gerade viel zur Atmosphäre des Abends beigetragen – immer wieder kamen laute Geräusche von irgendwo her. Kevin Devine beschwert sich selbst irgendwann über merkwürdige Mixergeräusche – zwar ist sein Ton dabei scherzhaft, aber dennoch scheint es ihn gestört zu haben.
Am Ende fragt er, ob es ok sei, wenn er noch ein Cover und einen letzten Song spiele. „Nö, ist es nicht,“ hätte ich am liebsten gescherzt. Leider war ich zu schüchtern und viele andere wohl auch. Bei seinem letzten Song vergisst er den Text, das aber so charmant, dass man ihn nicht böse sein kann. Außerdem spielt er dann noch einen Song zusätzlich für uns. Leider gibt es trotz minutenlangem, begeistertem Applaus keine Zugabe.
Das Album „Brother’s Blood“ ist bei uns am 6. November 2009 bei Arctic Rodeo Recordings veröffentlicht worden und ist durchaus weiterzuempfehlen.
Es bleibt mir nur etwas zu sagen, das bei mir hängen geblieben ist, vielleicht weil ich es mir zu Herzen nehmen sollte:
Because I’m selfish enough
to wanna get better
But I’m backwards enough
not to take any steps to get there
Foto (c) Dörte Heilewelt