Ein perfekter Abend mit Walter Schreifels und Jim Adkins (Jimmy Eat World)

Mit einer „Perfetto“ (der Delikatess Abteilung von Karstadt) Tüte kam Walter Schreifels auf die kleine Bühne der Escobar. Während die Warenhauskette im Moment immer wieder in der Zeitung steht und immer weniger Kunden verzeichnet, ist einer begeistert. Er liebe Karstadt, erklärt Schreifels mit einem Grinsen, das Restaurant im obersten Stockwerk, die Zeltabteilung und so weiter. Und da hat er noch nicht mal einen Song gespielt. Sein gesamtes Set war durchzogen von Anekdoten aus seiner Zeit in Berlin, er lebt hier zeitweise. Wenn er nicht Musiker wäre, er könnte durchaus ein guter Stand-up-Komiker sein. Ich habe selten so gelacht während eines Konzertes. Natürlich spielte er auch Musik – Songs von seinem Soloalbum, seiner alten Bands wie Rival School, neue Songs und auch Cover wie von seiner liebsten Berliner Band, den Beatsteaks. Für mich eine perfekte Mischung aus allem.

Und am Ende des Sets gab es noch was Süßes: Jim Adkins kam auf die Bühne und zusammen coverten sie das schmalzige Countrystück „Give Me A Sweetheart“ der Evelyn Brothers. Bevor Adkins jedoch die Bühne übernehmen konnte, forderte das Publikum noch zwei Zugaben von dem guten Walter. Als erstes spielte er meinen Lieblingssong „An Open Letter To The Scene“ von seinem gleichnamigen Soloalbum von 2010. Der Song ist ja schon sehr berührend, wenn man ihn Zuhause durch seine Boxen hört, aber live ist er nochmal eine ganz andere Nummer. Es handelt vom Verlust eines Freundes und als er ihn sang, konnte man diesen spüren und auch sehen. Hatte Schreifels während des Sets meist ein Grinsen im Gesicht, verschwand es in diesem Song völlig. Man konnte die Traurigkeit sehen und fühlen.

Das wäre natürlich eine ganz schlechte Stimmung, um sein Publikum in das nächste Set von Jim Adkins zu entlassen. Glücklicherweise wurde er zu einer zweiten Zugabe aufgefordert und spielte – als ob er sagen wollte „Kopf hoch! Das Leben geht weiter!“ Louis Armstrongs „What A Wonderful World“.

Dann kam Jim Adkins, Gitarrist und Sänger von Jimmy Eat World, mit seiner Akustikgitarre auf die Bühne um seine erstes Solokonzert in Europa zu spielen. Ich war noch nie ein großer Fan seiner Band, aber das Konzert war einfach großartig. Ich mochte ihren Sound aus der Zeit von 2001, zum Beispiel Songs wie „The Middle“, einfach nicht. Den ursprünglichen Plan, einfach ein paar Fotos knipsen und dann die zweite bis erste Reihe den Fans zu überlassen, war schnell vergessen. Mit seiner warmen Stimme und auch den berührenden Texten, hat Adkins mich sofort in seinen Bann gezogen.

Als erstes sang er die Zeilen „I made it/ And now there’s no turning back“ aus dem Song „Cut“ vom 2010er Album „Invented“. Es wirkte fast so als ob er sich selber noch etwas Mut zusprechen muss, obwohl er in seiner Heimat schon mehrere Akustikkonzerte gespielt hat. Vom ersten Wort an sangen die Fans in der ersten Reihe jedes Wort der Jimmy Eat World Songs mit. Ein wunderbarer Anblick. Und das Gefühl gerade bei etwas ganz besonderem dabei zu sein machte sich breit. Immerhin spielt auch er nicht so oft auf einer kleinen Open Air Bühne wie dem Escobar Sonnendeck beim Badeschiff.

Neben den eigenen Songs spiele er auch ein paar Cover wie von Daniel Johnston, The Magnetic Fields oder auch Rihannas „Only Girl (In The World)“. Mein liebster Song im ganzen Set war allerdings von einer Band namens Bitch Lovers. Diese gründete Adkins während einer Art Workshop in seiner Heimat Arizona, USA. Dort treffen sich einmal im Jahr Musiker, teilen sich in verschiedene Bands auf mit dem Schlagzeuger als Teamcaptain. Ziel des ganzen: In einem Tag drei Songs zu schreiben, arrangieren und aufzunehmen. Das Ergebnis ist ein wunderschöner Song namens „I Choose Love“. So wie ich an diesem perfekten Abend mit zwei Männern und ihren Gitarren.

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Es war dabei und machte Fotos: Dörte Heilewelt