Århus! Mit seinen rund 300.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Dänemarks. Darüber hinaus ist Aarhus ohne Konkurrenz die jüngste Stadt des Landes, zumindest am Durchschnittsalter der Einwohner gemessen. Rund 50.000 Studenten zählt das beschauliche Küstenstädtchen, insgesamt 25 Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen gibt es hier. Dabei ist Aarhus aber auch eine Stadt mit historischen Wurzeln. Im 8. Jahrhundert wurde die Stadt von den Wikingern gegründet. So viel zu den Fakten über Aarhus. Eine weitere Tatsache ist: Einmal im Jahr ist das Hauptaugenmerk der Musikszene auf Aarhus gerichtet. Im Rahmen des Spot Festivals bekommen junge Künstler und Bands, vorzugsweise aus Skandinavien, die Gelegenheit, sich als Band vorzustellen und ihre Musik zum Besten zu geben. Insgesamt 120 Bands gab es in diesem Jahr zu entdecken und bestaunen, die Showcases dauerten dabei meist nicht länger als 30 Minuten. Dieses Konzept erweist sich immer größer werdender Beliebtheit. Neben den rund 350 geladenen Businessmenschen sind auch zahlreiche Tickets über die Ladentheke gegangen. Und genau hier wird einem auch schnell um der Schwachstelle des Festivals bewusst. Man sollte meinen, dass mit dem Konzerthaus Musikhuset, den beiden Clubs Atlas und Voxhall sowie dem Godsbanen, mit dem sich insgesamt 12 Bühnen zählen lassen, für ausreichend Platz gesorgt sein sollte. Doch bereits beim frühen Auftritt von Age of Giants ist der Besucherandrang so groß, dass das Atlas schnell voll ist und zahlreiche Besucher nicht mehr rein kommen. Dieses organisatorische Problem zog sich fortan wie ein roter Faden durch das zweitägige Festival. Schnell drängt sich die Frage auf, ob vielleicht zu viele Tickets verkauft wurden und die neu gewählten Clubs vielleicht doch zu klein sind, um den Bedürfnissen des immer beliebter werdenden Festivals und der zahlreichen Besucher gerecht zu werden. Das drückt hier und da etwas auf die Stimmung, aber unter kriegen lässt sich hier niemand. Dafür wird dann doch genug Abwechslung geboten, und viel zu entdecken gibt es allemal.
Bereits zum zweiten Mal beehren The Megaphonic Thrift aus Norwegen das Spot Festival. Und obwohl sie seit vier Uhr morgens unterwegs waren, wie sie uns im Vorwege erzählten, war von Müdigkeit nicht die geringste Spur. Ihrem Versprechen, ein lautes Set abzuliefern, kamen sie bedingungslos nach. Scharfe Gitarren, ein satter Bass und ein pulsierendes Schlagzeug werden zu harmonischen Melodien zusammengefügt und vom süßen bis bittersüßem Gesang getragen. Die Energie ist regelrecht spürbar, geht durch Mark und Bein. Am Ende verlässt man den Club mit einem Sausen im Ohr, aber dennoch breiten Grinsen im Gesicht und dem Gefühl: Yes! Das war ein herausragender Auftakt vom Spot Festival 2012.
Da kommt der Auftritt von NovemberDecember gerade recht, um den dröhnenden Ohren den ersehnten Ausgleich zu geben. Die fünfköpfige Kombo präsentierte vertäumten Indie-Folk, wurde dabei neben den klassischen Instrumenten wie Gitarre und Schlagzeug noch von Streichern und Bläsern unterstützt. In den Songs geht es um Dinge, die uns miteinander verbinden. Es geht um Gesellschaftsschichten und Geographie, um Liebe und ums Erwachsenwerden. Sie luden herzlich dazu ein, ihnen auf ihrer musikalischen Reise aus harmonischen Klängen zu folgen, und dieser Bitte kommt der proppevolle Club Remisen nur zu gerne nach, den gebührenden Applaus gab es natürlich auch für diesen gelungenen Auftritt.
Zurück im Voxhall offenbart sich mit Larsen & Furious Jane auch schon mein Highlight für diesen Tag. Obwohl es sich bei Larsen & Furious Jane nicht um Neulinge im Geschäft mit den Klängen handelt, blieb der große Erfolg bisher aus. Völlig zu Unrecht! Denn ihr bereits 2008 erschienenes Album „Zen Sucker“ verursacht Gänsehaut und setzt sich tief in den Gehörgängen fest. Im letzten Jahr veröffentlichten sie mit „Dolly“ den Nachfolger. Dieser war und ist nach wie vor als gratis Download erhältlich, und steht dem Vorgänger in nichts nach, konnte schließlich auch die positiven Kritiken ernten, die der Band zustehen. Auf dem Spot Festival verstanden Larsen & Furious Jane es, ihre zauberhafte Musik mit einem Gewand aus leidenschaftlicher Performance zu versehen, womit sie sich eindeutig die Herzen der Zuschauer erspielen konnten. Zurück bleibt da lediglich die Hoffnung, dass uns die charmanten Dänen sehr bald auch in Deutschland beehren.
Viel Zeit durch Durchatmen bleibt nicht. Die kurzen Wege zwischen den Clubs vereinfachen den Tatendrang jedoch, so viele Bands wie möglich zu sehen, und auch das Weiterziehen, wenn man zu einem Konzert eben nicht rein kommt. Noch völlig verzaubert vom vorigen Auftritt verschlägt es mich schließlich zu Waldo & Marsha, eine junge dänische Band, die sich dem Postrock verschrieben hat. Das klingt im ersten Moment schon sehr vielversprechend, und immerhin konnten sich Waldo & Marsha schon beim Spot Festival im letzten Jahr einen Deal mit dem Label Speed of Sound einfahren. Melodisch enttäuscht die Kombo keineswegs, leider komme ich jedoch persönlich mit dem Gesang nicht zurecht. Ihre eisernen Fans scheinen sie sich jedenfalls schon erspielt zu haben. Gerade in den vorderen Reihen des Clubs Atlas gibt man sich voller Enthusiasmus der Musik hin, würdigt diese mit jubelnden Zurufen und Applaus.
Geboren in den USA, mittlerweile in Kopenhagen ansässig, widmet sich Keith Cansisius verträumten Indiepop, den er live mit seiner Band The Holy Dreamers präsentiert. Die harmonischen und teils psychedelischen Melodien schmeicheln dem Zuhörer und entführen diesen in eine andere Welt. Auf der anderen Seite erfüllen sie mit ihrer Energie den gesamten Raum, und gerade dem Charm der Sängerin, die unentwegt mit einem zauberhaften Lächeln ihren Spaß auf der Bühne signalisiert, kann man sich nur schwer entziehen, was das Publikum schließlich auch mit anhaltenden Applaus belohnt.
Keith Cansisius & The Holy Dreamers im Web
Im Remisen ist es mittlerweile brechend voll geworden, denn der gerade erst 19-jährige Carlis sorgte gewaltig für Furore. Mit im Gepäck hat der sympathische Blondschopf Sampler, Gitarrenpedalen, Disketten und anderes altes Equipment. Und mehr bedarf es auch nicht, um eine elektronische Klanglandschaft zu schaffen, in der man zu versinken scheint. Lieblich süßer Gesang unterstreicht diese Soundcollagen. Die schön anzusehenden Visuals runden das ganze schließlich zu einem gelungenen Gesamtbild ab.
Zu Ende kann ich mir den Auftritt von Carlis nicht anschauen, denn im Radar haben sich Simon Says No! aus Norwegen angekündigt. Auf einer USA Tour im Jahre 2009 fanden Simon Says No! heraus, dass ihre Musik als „Foo Gaze“ bezeichnet wird, was einer Mischung aus den Foo Fighters und Shoegaze bezeichnet. Und mit dieser Beschreibung liegt man tatsächlich auch nicht so verkehrt. So enthusiastisch es auf der Bühne aber auch zugeht, ein bißchen das Außergewöhnlich fehlt hier dann doch. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, als habe man die Songs in anderer Form bereits gehört, und so verschlägt es mich schließlich weiter.
Da mit Hypes ja bekanntlich nicht gegeizt wird und das Duo um Reptile Youth davon eine ordentliche Portion abbekommen hat, ist der Besucherandrang vorm Blackbox entsprechend hoch. Bereits eine Stunde vor Konzertbeginn drängen sich die Massen vor die Tür, um irgendwie bei dem heiß ersehnten Auftritt dabei sein zu können. Ich sparte mir den Stress und machte mich derweilen direkt auf den Weg zum etwas weiter außerhalb gelegenen Club Train, um mir den Auftritt von Slagsmålsklubben aus Schweden nicht entgehen zu lassen. Hier feierte die tanzwütige Meute zu Techno, der Kindheitserinnerung an Atari und Nintendo auferleben ließ. Von der Stimmung ließ man sich nur zu gerne mitreißen und ehe man sich versah, sprang man selbst im Takt und gröllte auf Aufforderung mit. Im Anschluss gab es noch die Show von Linkoban zu bestaunen, bis schließlich die letzten Kräfte schwanden und man schwindelnd von den ganzen Eindrücken ins Bett taumelte.
Von Jessica Franke