Wenn ich jemandem erzähle, dass ich einst ein Interview mit Tokio Hotel gemacht habe, folgt gerne eine der zwei Standardreaktionen, oder auch eine Kombination aus beiden: Ach, die gibt es noch? Und: Echt, die sind nett?
Ja und ja. Ich habe die Jungs von Tokio Hotel, vor allem natürlich die schlichtweg am gesprächigsten Kaulitz Zwillinge, als echt nette Typen kennengelernt, die ihrem Image als ehemalige Schüler-Teenie-Schwarm-Band inzwischen entwachsen sind und einfach gern Musik machen. Mit dem Alter ändert sich ja auch gerne mal der Geschmack, und so sind Tokio Hotel als Band mit den Jahren elektronischer, poppiger geworden. Auch die Zeit der deutschen Texte ist vorbei. Das mag man gut finden oder nicht, manche Fans wachsen mit, manche nicht, neue kommen hinzu. Man kann den Jungs zumindest nicht nachsagen, dass sie dem Stillstand frönen, um irgend jemandes Erwartung gerecht zu werden.
Und was haben sie jetzt konkret in den letzten Jahren gemacht? Seit dem Album „Kings of Suburbia“, zu dem ich sie damals befragt habe, sind inzwischen zweieinhalb Jahre vergangen. Zwischendrin war Bill Kaulitz als Billy solo unterwegs aber nein, kein Grund für Tränen, an Auflösung ist nicht zu denken. Auch nicht daran, dass Bill und Tom demnächst als Duo weiter machen. Das neue Album „Dream Machine“ erscheint diesen Freitag. Auf dem Cover sind (mehr oder weniger) demonstrativ alle vier abgebildet, und auch im Video zu „What If“ performen sie als Band.
Das ist der eine der zwei neuen Songs, die man vorab als Video sehen kann. Einer für die Beine. Einer fürs Herz, der andere, ist das atmosphärische „Something New“. Mein heimlicher Favorit. Und es drängt sich der Verdacht auf, dass die Jungs noch etwas in der Zwischenzeit gemacht haben: „Stranger Things“ geguckt.
Das besagte Interview ist übrigens das einzige, das ich bis jetzt geführt habe, dass im Internet in mehrere Sprachen übersetzt wurde und mir Mails von Fans aus unter anderem Pakistan, Kanada und Schweden beschert hat. Deutschland hängt da mit seinem „Gibt’s die noch?“ inzwischen ein bisschen hinterher.
„Dream Machine“ von Tokio Hotel erscheint am 3. März 2017. Danach geht es auf Clubtour:
15.03.2017 Hamburg, Docks
16.03.2017 Frankfurt, Batschkapp
24.03.2017 Köln, E-Werk
25.03.2017 Stuttgart, im Wizemann
31.03.2017 München, Tonhalle
01.04.2017 Leipzig, Haus Auensee
04.04.2017 Berlin, Huxleys