Es sind diese Konzerte, bei denen man beglückt mit einem Lächeln auf den Lippen nach Hause geht, bei denen man sich wünscht, sie würden nicht so schnell zu Ende gehen. Es sind die Konzerte, bei denen man in der Musik versinkt und sich in dem Strudel von großartigen Melodien mitreißen lässt. The Maccabees haben das geschafft, was nur wenige Bands schaffen, sie vereinnahmen den Zuhörer – Band, Fans und Musik werden für ein Konzert lang eine Einheit und taumeln gemeinsam von Song zu Song. In England sind sie mit ihrem neuem Album „Marks To Prove It“ Nummer 1, Ihre Live Gigs sind ausverkaufte Happenings und auch sonst werden die fünf Engländer in Ihrer Heimat gefeiert und verehrt. Hier in Deutschland gelten die Briten immer noch eher als ein Indie-Geheimtipp. Das merkt man auch, wenn einige Mitglieder der Band unerkannt durch den Biergarten im Heimathafen schlendern, um von ihrer Garderobe in den Tourbus zu kommen. So läuft Gitarrist Felix White gänzlich unerkannt ganze drei Mal durch die Wein und Bier trinkenden Fans, die ihm kurz darauf frenetisch auf der Bühne zujubeln. Dem Drummer Sam Doyle geht es ähnlich. Erst nach der Show werden sie von ein paar Mädels umringt, die Autogramme oder ein Selfie haben wollen, als sich Sam und Sänger Orlando Weeks ganz unprätentiös vor der Eingangstür zeigen. Das ist es auch genau das, was die Jungs ausmacht: es geht nicht um die große Show – es geht um die Musik.
Dass sie den Ruf haben eine ausgezeichnete live Band zu sein, stellten sie auch im ausverkauften Heimathafen unter Beweis. Das sonst eher zurückhaltende Berliner Publikum lässt sich schon ab dem ersten Song „Wall Of Arms“ mitreißen, der aus ihrem gleichnamigen Album aus 2009 stammt. Insgesamt halten sich die Londoner jedoch mit alten Songs sehr zurück. Man merkt, dass sie –sehr zurecht- stolz auf ihr neues Album sind, dass sie ganz absichtlich so geschrieben haben, dass es sich gut auf der Bühne umsetzen lässt. Bestechend sind die wunderschönen Melodien, die durch die außergewöhnliche Stimme von Orlando Weeks getragen werden. Sicherlich ist es auch seiner Stimme zu verdanken, dass viele Songs fragil wirken, jedoch gleichzeitig sehr kraftvoll durch drei Gitarren vorangetrieben werden.
Beim dritten Song „WW1 Portraits“ wird einem fast schwindlig von Felix’ intensiven Blicken während Orlando „Just To Beautiful, Fair Hair Back Casual“ singt. Man muss sich bewusst machen, dass diese Worte keiner Frau sondern ihrer Heimatstadt London gewidmet sind. Ein bisschen verwirrt lässt einen der Song trotzdem zurück. Wer die Rampensau unter den Fünf ist, wird schnell klar. Während sich Orlando eher zurückhaltend am Mikro den Songs widmet, ist Felix White kaum zu Bändigen. Er kommt nach vorne winkt den Fans, betört sie mit seinem bestechenden Lächeln und sucht den ständigen Kontakt mit dem Publikum. Zwischendurch wirft er sich mit seinem Bruder Hugo verschwörerische Blicke zu. Immer wieder suchen ihre Augen den Kontakt zueinander, ein stolzes Lächeln huscht über ihr Gesichter. Die ganze Band wirkt auch nach über 10 Jahren wie eine Einheit, Kumpels deren Bestimmung es ist, zusammen Musik zu machen.
Mit dem Titelsong „Marks To Prove It“ haben sie dann auch den letzten Fan in der hintersten Ecke voll im Griff, der gefühlt minutenlange Schrei von Felix, zu Anfang des Songs, geht durch Mark und Bein. Und schon findet man sich nach den treibenden Beats in einem Wechselbad der Gefühle wieder, in dem sie direkt danach den eher ruhigen und überaus emotionalen Song „Kamakura“ spielen. Wenn Orlando singt „Best Friends Forgive You, Best Friends Forget“, ist man sich ganz sicher, dass da eine sehr persönliche Geschichte hinter den Texten steckt. Insgesamt hat man das Gefühl, dass fast jeder Song der neuen Platte Hitpotential hat. Die persönliche Liste der Lieblingslieder verändert sich fast minütlich. Das intensive „Spit It Out“ gehört ganz sicher dazu aber auch „Something Like Happiness“ ist ganz vorne mit dabei. Mit einer neu arrangiertem „Toothpaste Kisses“, das ein ganz neue soulige Note bekommen hat und mit ihrem Hit „Pelikan“ verabschieden sich die Jungs von der Bühne und lassen ein jubelndes Publikum zurück, das eigentlich noch mehr will. Man kann nur hoffen, dass sie nicht müde werden live zu spielen und das sie ganz bald wieder kommen. Und ich überlege insgeheim ob ich nicht zu einem ihrer nächsten Shows nach London fahren soll.
War dabei: Kate Rock