The Kooks im Interview: „Es ist Liebe! Einfach nur Liebe“

An dem Tag als ich Luke Pritchard, Frontmann der britischen Indie-Band The Kooks treffe, geht auf meinem Weg eines der in diesem Sommer so seltenen Gewitter nieder. Entsprechend nass und zerzaust komme ich an, aber Luke ist sofort Herr der Situation. „Du hast da was“, sagt er und pickt eine weiße Blüte aus meinem blauen Haar. Wie romantisch! Damit ist doch der Grundstein gelegt, um über das neue The Kooks Album „Let’s Go Sunshine“ und die Liebe seines Lebens zu reden. Nebenbei bemerkt sieht Luke immer noch fast genauso aus wie damals vor 12 Jahren, als The Kooks mit ihrem Debütalbum „Inside In/Inside Out“ auf der Bildfläche erschienen sind. Die richtige Kombination aus Liebe, Musik und Sonnenschein hält offensichtlich jung…

Wie geht es dir?

Mir geht es sehr gut, danke! Ich habe jetzt vier Tage am Stück Interviews gemacht, wenn ich den Faden verlieren sollte, möchte ich mich dafür im Voraus entschuldigen. Der Sommer hat gut angefangen, wir haben ein paar großartige Shows gespielt, unter anderem mit den Rolling Stones, das war wieder sehr aufregend. Aber ich kann es kaum erwarten dass das Album raus kommt. Das ist immer ein besonders aufregender Moment und gleichzeitig eine Erleichterung. Wie geht es dir?

Oh, danke, mir geht es auch sehr gut! Das kann ich mir vorstellen, wenn man an etwas so lange gearbeitet hat und so viel Energie rein gesteckt hat. So eine Arbeit ist ja am Ende bestimmt mit viel Warten verbunden, oder?

Ja, man muss auf die Desk Mixes warten, dann auf die Final Mixes, dann kommt noch das Mastering. Da gehen ein paar Monate in Land.

Ich bin immer davon beeindruckt, wieviel man als Musiker dann auch noch an Energie aufbringen muss, um Promo zu machen.

Besser als Teleshopping! (lacht)

Wäre das eine mögliche Karriere gewesen, wenn du nicht Musiker geworden wärest?

Das wär’s! „Und beachten Sie bitte unsere Sonderaktion!“ (lacht) Nein, ich glaube die Dinge sind gut so wie sie sind.

Dann erzähl mir, wie sind die letzten Jahre gelaufen? Letztes Jahr habt ihr eine Reihe von Best Of Shows gespielt, jetzt habt ihr ein neues Album am Start.

Seit dem letzten Studioalbum ist ganz schön viel Zeit vergangen. Ich wollte ursprünglich keine Best Of Tour machen, aber wir hatten da eine kleine Auseinandersetzung mit unserem Label. Nein, es war nicht wirklich eine Auseinandersetzung, sie wollten dass wir es machen und wir wollten nicht wirklich. Am Ende hat uns das aber zusätzliche Zeit gegeben, um an unserem Album zu arbeiten. Die Tour ist dann auch gut gelaufen, das hat uns natürlich nicht geschadet. Viele Leute sagen zu mir, das Album wäre ein Comeback Album. Von wegen: die Kooks sind zurück! Ich sage dann immer: ja, aber wir waren doch nie wirklich weg. Ich glaube, wir mussten als Band wieder eine stärkere Verbindung zueinander herstellen. Unser Bassist war gegangen, dann der Schlagzeuger. Jetzt fühlen wir uns wieder stabil und fokussiert. Im Vergleich zu „Listen“ sind wir an einem ganz anderen Punkt. Ich liebe „Listen“, es war ein sehr impulsives Album. Dieses jetzt ist etwas überlegter. Ich habe zum Beispiel die Songs fertig geschrieben, bevor wir das Album gemacht haben (lacht).

Gab es etwas, das ihr euch bei der Arbeit auf die Fahne geschrieben habt – von wegen das ist uns wichtig, das möchten wir mit diesem Album sagen?

Wir wussten alle, dass wir ein Album machen möchten, das für uns als Band wichtig ist. Das uns auf ein anderes Level bringt. Ich glaube, das ist uns gelungen. Wir wollten einfach ein richtig gutes Gitarrenalbum machen.

Die Gitarren sind zurück! Das unterscheidet es definitiv von „Listen“.

Ja! Aber auch im Vergleich zu unseren ersten beiden Alben, die ja Gitarrenalben waren, ging es uns darum, mit diesem einen völlig zeitlosen Sound zu kreieren. Wenn man sich dieses Ziel setzt, das ist viel Arbeit. Und Psychologie! Man muss eine Chemie herstellen. Es gibt an diesem Album sehr viel worauf ich stolz bin. Das sollte auch verdammt nochmal so sein! Nach vier Jahren Arbeit (lacht). Besonders stolz bin ich aber vor allem auf unsere Chemie. Die ist wirklich sehr gut, wir spielen extrem gut miteinander. Es steckt sehr viel Geben und Nehmen, sehr viel Seele darin. So etwas kann man nicht so leicht erzeugen und man sollte es auch nicht zu leicht hin nehmen. Bei vier Typen, die viel zu viel Zeit miteinander verbringen… (lacht). Ich finde, bei einigen Songs haben wir sehr gute Momente davon eingefangen. Das ist etwas Besonderes.

Ich finde, man hört sehr viel positive Energie auf dem Album.

Es ist Liebe! (lacht) Einfach nur Liebe. Nein, ernsthaft, es steckt sehr viel Liebe darin. Die Momente, in denen man sich selber nicht so ernst nimmt, die sind sehr wichtig. Unsere musikalischen Einflüsse tragen wir auch ungeniert nach außen. Im Prinzip hört man uns dabei zu, wie wir loslassen. Deswegen haben wir es auch „Let’s Go Sunshine“ genannt. Wir haben losgelassen, dadurch ist die Arbeit sehr mühelos geworden. Das schwierigste war das Aufbauen, aber wenn wir einmal gespielt haben, hatten wir einfach nur Spaß. Wir haben viel gelacht, Freunde haben uns im Studio besucht, wir haben zusammen einen getrunken. So ein Vibe war das, ich finde das hört man.

Und das nach all der Zeit, die es die Band nun schon gibt. Die britische Musikindustrie gilt ja, was Beständigkeit angeht, zusätzlich als eine der schwierigsten. Sich dort so lange zu halten ist beeindruckend. Und dann auch noch Spaß dabei zu haben und nicht völlig desillusioniert zu sein!

(lacht) Ich bin sehr glücklich, weil ich viele Bands kenne, die mit der Zeit tatsächlich etwas durchhängen. Wir fühlen uns im Moment tatsächlich wie verjüngt. Oder eher neu belebt. Ich glaube, was uns frisch hält ist, dass auch immer wieder junge Leute unsere Musik neu entdecken. Auf unserer letzten Tour waren sehr viele Teenager im Publikum. Sie singen Songs wie „Bad Habit“ mit. Unser größter Hit auf Youtube, übrigens. Wir haben damit keine Millionen verdient, aber die Leute entdecken unsere Musik so immer wieder auf sehr natürliche Weise. Das war natürlich auch die Gefahr bei diesem Album, dass wir damit in eine andere Richtung gehen als das, was im Moment kommerziell angesagt ist. Viele Leute sagen uns immer wieder, wir müssten kommerzieller werden. Ich glaube, das würde mit meiner Stimme sogar funktionieren aber… ich weiß nicht. Ich glaube Größe kommt von Frische, und frisch zu sein bedeutet relevant zu sein. Deshalb habe ich mich auch sehr auf die Texte konzentriert, die waren mir diesmal besonders wichtig. Ich wusste, es ist Zeit, dass ich ein paar gute schreibe. Endlich! (lacht) Endlich ein Song, der nicht von einem Mädchen handelt.

Ich habe aber gelesen, dass du in der Zeit tatsächlich durch sehr unterschiedliche Gemütszustände durch musstest. Vom Liebeskummer zu einer neuen Liebe…

Also, das ist etwas, das immer wieder aufgegriffen wir, aber es ist nur so halb wahr. Ich würde es nicht Liebeskummer nennen, ich habe einfach eine schlechte Erfahrung gemacht. Um Liebeskummer zu erfahren, muss man erst einmal verliebt sein. Ich war definitiv am Boden zerstört, weil ein Mädchen mich betrogen und mit einem anderen abgehauen ist, während ich auf Tour war. Solche Dinge können aber auch einen guten Effekt auf dein Leben haben, sie lassen dich realisieren was wirklich wichtig ist und machen dich stärker. In dem Moment, in dem man da drin steckt, fühlt man sich aber erst einmal völlig betäubt. Es ging auch sehr viel um Stolz. Aber das war alles noch, bevor ich angefangen habe Songs für das Album zu schreiben. Ich würde also sagen, keiner der Songs handelt von dieser Zeit. Ich habe eigentlich gar keinen Song darüber geschrieben – ich wollte das auch gar nicht. Sie sollte diesen Raum überhaupt nicht bekommen, sie ist einfach nur ein Idiot (lacht). Als wir ins Studio gegangen sind, habe ich mich erst einmal scheiße gefühlt. Gekränkter Stolz, beschädigtes Ego, all sowas. Ich konnte aber nichts darüber schreiben. Alles was wir in der Zeit gemacht haben, haben wir wieder gekippt, weil es einfach nicht funktioniert hat. Es braucht seine Zeit, ich habe sechs Monate mit Selbstmitleid und Trauer verbracht. Dann habe ich mich da raus gekämpft. Es gibt Songs auf dem Album, wie „Swing Low“ und „Four Leaf Clover“, die sind eher trotzig, es geht da nicht wirklich um Herzschmerz. Wie auch immer, als wir mit dem Album halb durch war, habe ich meine wahrscheinlich zukünftige Frau getroffen.

Ohhh!

Sie ist wunderbar! Ich habe jemanden getroffen, der gut zu mir ist. Darüber gibt es definitiv Songs auf dem Album. Ich meine, wenn man frisch verliebt ist, das ist doch einfach großartig.

Aber das ist interessant, es fällt dir offensichtlich leichter Songs zu schreiben wenn du glücklich bist. Viele Musiker sagen ja genau das Gegenteil.

Das ist tatsächlich eine sehr gängige Wahrnehmung. Ich würde nicht sagen, dass es nicht stimmt, aber für mich funktioniert das nicht. Ich glaube, dass es schlechte Dinge gibt, die einem passieren und aus denen man hinterher etwas ziehen kann, wenn man schreibt. Das kann ich verstehen. Aber für mich funktioniert es nicht in dem Moment, in dem ich drin stecke. Wenn es mir schlecht geht, will ich morgens nicht aus dem Bett aufstehen. Mir fällt es leichter, wenn ich mich auf den Tag freue, wenn ich mich über mein Leben freue. Auf jeden Fall finde ich, wir haben ein Album gemacht, das die Laune hebt. Und das ist doch etwas Wunderschönes!

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