Es war im Jahr 2003, als ein Freund, den ich schon immer für seinen Musikgeschmack bewundert habe, mir eine CD überreichte und sagte: „Du wirst sie lieben.“ Es war das erste The Kills Album, „Keep On Your Mean Side“, und verdammt, er hatte Recht. In jenem Sommer verbrachten mein Mann und ich, frisch verliebt, viel Zeit damit, in seinem Ford Fiesta durch die Gegend zu fahren und laut „Fried My Little Brains“ zu hören, mit dem neuen Soundsystem, das er sich gerade für sein Auto zugelegt hatte, weil er wusste, wie gerne ich Musik im Auto höre. Wie zwei Asphaltcowboys, die durch die Prärie zwischen Berlin, der Ostsee und Bayern reiten. Bei einer dieser Fahrten landen wir in einem Münchner Industriegebiet, wo wir The Kills in einem Hinterhofclub live sahen, auf einer Bühne, die viel zu klein schien, obwohl nur zwei Leute auf ihr standen, vor einem Publikum, das bei weitem nicht zahllos genug für diese große Band erschienen war.
Zwanzig Jahre später, an einem sonnigen Spätsommernachmittag in einem lauschigen Hinterhof eines Berliner Hotels, sitze ich mit Alison Mosshart und Jamie Hince zusammen, um über das neue The Kills Album „God Games“ zu sprechen. Wir sprechen auch über Momente, in denen sich der Kreis schließt, und das hier fühlt sich für mich genau wie so einer an. Ich erzähle ihnen von dieser frühen Show, die ich gesehen habe, und anders als ich, erinnert sich Jamie sofort an den Namen des Clubs. „Es war ein altes Schlachthaus, und ich glaube, genauso hieß das auch.“ Genau! Er schätzt, dass etwa 80 Menschen dort waren, und Alison rechnet es ihm hoch an, dass er sich immer an solche Dinge erinnert. Ich bin der letzte Termin am Ende eines absurd langen Tages mit 14 Interviews, aber man merkt es ihnen nicht an. Die beiden sind so frisch, aufmerksam und fröhlich, als wäre das hier ihr erstes Gespräch zu ihrem sechsten Studioalbum, und man spürt, dass sie genauso über dessen Entstehungsprozess denken.
„God Games“ ist ein erstaunliches, extrem starkes Album, das innerhalb von vier Jahren entstanden ist, in denen die beiden sich selbst herausgefordert haben, neue kreative Wege zu gehen, wie hauptsächlich am Klavier zu schreiben und mit neuen Soundstrukturen und Produktionstechniken zu arbeiten. „God Games“ überrascht mit Keys, die fast wie aus Soul Music geboren klingen, die wiederum auf diese Riffs treffen, die einen nicht daran zweifeln lassen, dass es sich hier trotzdem um ein echtes The Kills Album handelt.
Als ich den beiden am Ende unseres Gesprächs sage, wie sehr ich das Album liebe und wie sehr es mich begeistert, dass The Kills immer noch das sind, was sie sind, nämlich eine der aufregendsten Bands unserer Zeit, bricht freudiger Jubel aus. Und als die Vertreterin des Labels hereinkommt, um uns mitzuteilen, dass unsere Zeit um ist, geht sie davon aus, dass unser Gespräch gut verlaufen ist. „Ich habe euch die ganze Zeit lachen hören“, sagt sie. Ja, God Games mit The Kills zu spielen hat wirklich, wirklich Spaß gemacht.
Ich habe, seitdem ich diesen Job mache, so viele Bands und Acts kommen und gehen sehen, auch großartige. Ihr gehört zu denen, die heute noch da sind. Und wie! Das ist wunderbar.
Alison: Wir haben erst heute darüber gesprochen und uns gefragt, wo sind denn alle hin?
Jamie: Es gab eine Menge Implosionen. Ich meine, es gibt immer noch Bands, die unsere Freunde sind, die zur gleichen Zeit angefangen haben, Interpol, Yeah Yeah Yeahs, The Strokes…
Alison: Jack (White) macht immer weiter. Wir haben viele Freunde, die immer noch Musik machen. Ich weiß nicht. Es war eine seltsame Zeit, die frühen 2000er. Es gab so viele Bands, Millionen von Bands. Garage Rock war alles. Wenn etwas in einer bestimmten Zeit so populär ist, entstehen eine Million Bands. Und vielleicht sind sie nicht dazu bestimmt, ein Leben lang zu bestehen.
Jamie: Man konnte davon leben. Heute ist es viel schwieriger, von der Musik zu leben.
Alison: Es ist keine gute ökonomische Entscheidung (lacht).
Jamie: Deshalb haben sich viele Bands aufgelöst. „Ich kann das nicht mehr machen! Da arbeite ich lieber bei Home Depot.“
Alison: Irgendwo, wo man krankenversichert ist.
Wenn wir über die alten Zeiten sprechen – was würdet ihr sagen, hat sich für euch persönlich am meisten verändert, und was ist gleich geblieben?
Jamie: Seit wir angefangen haben… Meine Großmutter ist in den 1920ern geboren. Sie hat die Erfindung der Luftfahrt miterlebt. Ungefähr so waren die letzten 20 Jahre. Als wir unsere erste Tournee gebucht haben, haben wir Briefe geschrieben und sie an Leute verschickt. (Zu Alison) Erinnerst du dich an das Treffen mit EMI in Australien? Sie wollten uns unter Vertrag nehmen, und ihr Hauptargument war: „Wir haben E-Mail!“ Im Jahr 2002! Verdammte Scheiße.
Alison: Wir waren nicht überzeugt (lacht). Nein, ich meine, es war wirklich eine unglaubliche Technologieexplosion. Wir hatten noch keine Handys.
Jamie: Wir haben auf Band aufgenommen.
Alison: Es gab kein Streaming. Die ganze Branche war anders. Es war eine wilde Reise. Wenn sich alles so schnell ändert, muss man sich ständig anpassen. Aber das Einzige, was gleichgeblieben ist, ist, dass wir es lieben, Musik zu machen, und dass wir uns lieben. Wir wollen Musik schreiben, wir wollen Platten machen und wir wollen Konzerte spielen. Das ist das Einzige, was geblieben ist.
Jamie: Ich habe in London gelebt, als wir angefangen haben, da gab es eine Menge Bands. Oasis und Blur und das ganze Brit-Pop-Zeug ging gerade zu Ende. Die Art, wie alles durch eine Handvoll Musikmagazine und drei Fernsehkanäle in England gefiltert wurde… es gab eine Menge weißer männlicher Bands, die so Jungsmusik gespielt haben. Und oh mein Gott, was bin ich froh, dass das verdammt noch mal verschwunden ist. Jetzt gibt es eine Plattform für jeden, Gott sei Dank nicht nur für diese verdammte Jungsmusik. Das hat sich zum Besseren gewendet.
Als wir vor 14 Jahren mit FastForward Magazine angefangen haben, haben wir einfach eine Website ins Internet gestellt, weil es so einfach war und nichts gekostet hat.
Jamie: Natürlich! Das meine ich. Das ist eine geniale moderne Fanzine-DIY-Sache, dass man das machen kann. Und ich denke, das hat definitiv einen positiven Einfluss auf die Musik gehabt.
Alison: Wie auch immer, heute ist alles anders.
Jamie: Die Leute denken, dass es so ein Privileg ist, in einer Band zu sein und auftreten zu können, dass man dafür nicht bezahlt werden muss (lacht). Neulich habe ich gehört, wie jemand gesagt hat: „Es gibt da jetzt dieses tolle neue Ding, das ist mega, das werde ich mir holen. Ein kleiner Stick, der heißt Firestick oder so, den steckt man rein und bekommt alle Filme, sobald sie rauskommen, und zwar umsonst.“ Und ich habe gedacht…
Alison: …was für ein Arschloch.
Jamie: Es ist absurd. Man denkt nicht darüber nach, wohin es führt. Wenn du das über Musik sagen würdest…
Alison: Wenn du das über das sagen würdest, was diese Person beruflich macht. Und sich damit komplett auflösen würde, dass man damit seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Das würde keiner mitmachen. Ich weiß nicht, wo die Empathie geblieben ist.
Jamie: „Es gibt da jetzt sowas, einen Ort, wo man umsonst übernachten und trinken kann, man braucht keine Hotels mehr…“ Alle würden durchdrehen, oder? (lacht)
„Scheiß drauf, das sind The Kills!“
Je mehr wir darüber reden, desto mehr schätze ich euch dafür, dass ihr weitermacht. Und für euren Mut, auf diesem Album Dinge zu verändern und neue Arbeitsweisen auszuprobieren. Ich habe gelesen, Jamie, und ich fand es großartig, dass du dachtest, du würdest Material für ein Nebenprojekt schreiben, weil es dir erst nicht so vorkam, als würde es zu The Kills passen. Aber dann hast du gemerkt, das ist auch The Kills.
Jamie: Es verwirrt mich jedes Mal, wie sehr ich mich selbst austrickse. Es ist wie eine Art psychologisches Experiment, weil ich nicht besonders organisiert bin. Ich mache mir das so vor: Wenn ich ein Nebenprojekt starte, kann ich mir selbst den Rücken freihalten und die Musik machen, die ich sowieso machen sollte (lacht). Dann habe ich Alison ein paar der Sachen vorgespielt gesagt: „Das ist nicht wirklich The Kills, oder?“ Und sie meinte: „Scheiß drauf, das sind The Kills! Lass uns das machen, jetzt!“
Alison: „Jetzt sofort!“
Jamie: Sie kommt vorbei: „Gib mir ein Mikrofon!“ Sie liebt Herausforderungen.
Aber so ist das mit euch, ich habe das Gefühl, ihr könntet so ziemlich alles machen, und es wäre immer noch eindeutig The Kills.
Jamie: Als wir angefangen haben, war einer meiner größten Einflüsse PJ Harvey. Ich liebe es einfach, dass sie ein so rohes Album wie „Rid of Me“ machen kann, eine wirklich rohe Gitarrenplatte, und dann, ein paar Alben später, „Is This Desire?“, eine seltsame, glitchige Electro-Platte ohne Gitarren, und es ist immer noch absolut 100 Prozent PJ Harvey. Das war sozusagen der Grund, warum wir beschlossen haben, keinen Schlagzeuger zu haben. Ich finde, ein Schlagzeuger macht dich zu einer bestimmten Band, mit einer Drum Machine kannst du jede Art von Band sein.
Würdest du sagen, dass Musik vielleicht die grenzenloseste aller Künste ist? Zum Beispiel im Vergleich zur bildenden Kunst, die du, Alison, ja auch machst?
Alison: Ich weiß nicht. Ich denke, Kunst an sich ist grenzenlos.
Jamie: Es liegt im Auge des Betrachters, oder? Wenn man ein großer Fan von Tanz ist, denke ich, dass Tanz die absolut grenzenloseste Form von Kunst sein kann. Aber wenn man das nicht versteht, braucht man vielleicht etwas Leichteres, und das könnte Musik sein. Wenn man Musik schreibt, scheint sie manchmal ein bisschen begrenzt. Ein kleines bisschen. Sie hat eine grundlegende Struktur. Beim Tanz gibt es keine.
Alison: Was einen einschränkt, ist das Publikum, also hat man die Vorstellung, dass man einen Refrain und eine Strophe haben muss.
Jamie: Jedes Stück westliche Musik geht so: 1-2-3-4, 1-2-3-4… begrenzte Struktur, durchgängig. Und dann versucht man, etwas auszudrücken, wie ich, ich versuche, etwas als Mann durch die Stimme eines amerikanischen Mädchens auszudrücken… als Ausdrucksmittel finde ich es bizarr, um ehrlich zu sein (lacht).
Alison: Das ist interessant. Als Künstler*innen versuchen wir ständig, etwas auszudrücken, was man so noch nicht gesehen hat. Es kommt darauf an, wie offen man ist, wenn man etwas macht. Welche Art von Richtlinien man glaubt, befolgen zu müssen, um zu existieren oder um erfolgreich zu sein oder gemocht zu werden.
Ist der Wunsch, gemocht zu werden, ein sehr präsenter Gedanke?
Alison: Nicht wirklich.
Jamie: Nicht, wenn man eine Platte macht. Aber es wäre gelogen, wenn man sagen würde, dass man nicht darüber nachdenkt, ob die Leute deine Platte mögen oder nicht, wenn sie einmal draußen ist.
Alison: Es kommt eigentlich nur auf eins an. Wenn ich es wirklich mag, dann weiß ich, dass es jemanden geben wird, der es auch mögen wird. Ich muss es mögen. Denn es ist meins und ich dahinterstehen. Damit fängt man an. Man muss begeistert sein und sich selbst dafür interessieren.
Jamie: Bei dieser Platte fühle ich mich hundertprozentig so. Ich bin rundum glücklich damit. Ich fühle mich ein bisschen von diesem Druck befreit.
Alison: Der Druck ist weg. Du hast es für dich selbst gemacht.
Jamie: Aber wenn man im Schlachthof spielt und nur 60 Leute kommen, dann ist man nicht so glücklich.
Alison: Aber es kümmert uns heute nicht mehr so sehr, was jemand darüber sagt. Man muss sich ein dickes Fell zulegen. Es wird uns nicht davon abhalten, eine weitere Platte zu machen. Es ist so ein interessanter Übergang, wenn man etwas hat, das so privat ist, wenn man so lange daran gearbeitet hat, und dann wirft man es in die Welt hinaus. Das ist der Moment, in dem ich mich immer distanzieren muss. Es ist nicht mehr mein Song, es ist deiner. Jetzt bedeutet er für dich, was er für dich bedeutet. Ich werde dir nicht sagen, was du denken sollst. Ich habe das gemacht, ich habe daran gearbeitet. Es ist aufregender in den Händen des Publikums oder der Zuhörer*innen. Dann wird es tausend Millionen Mal neu erfunden.
Jamie: Besonders heute, wo Erfolg an Popularität gemessen wird. Klick, klick, klick. Wie viele Leute? Wie viele Follower? Wie viele Likes? Wie viele dies? Wie viele das? Wie viele Streams? Davon muss man sich befreien.
„Wir wachen jeden Tag auf und versuchen, Antworten auf alles zu finden, und stell dir vor, wir werden es niemals!“
Ich finde es sehr mutig, sich auf so ehrliche, persönliche Weise zu outen, in der Musik, den Texten und der Performance. Aber ich denke auch, je persönlicher es ist, desto universeller wird es.
Alison: Ganz genau. Man muss etwas von sich selbst geben, wenn man möchte, dass jemand etwas fühlt und sich damit identifizieren kann. Man muss sich darauf einlassen. Und das kann schwierig sein, aber am Ende lohnt es sich. Das ist der Grund, warum wir Kunst machen. Es macht mir keine Angst, ich mache es gerne. Ich fühle mich gut dabei. Wenn ein Song wirklich gut ist, dann erkenne ich es daran, wie ich „oh mein Gott“ sage. Ich spüre das so deutlich, dass ich mich stark genug fühlte, es zu sagen.
Als ich mir euer Album angehört habe, habe ich viel über das Thema „Gott“ nachgedacht. Als mein Vater vor ein paar Jahren gestorben ist, war ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder in einer katholischen Kirche. Und ich saß da und dachte: Ich war selten an einem Ort, an dem ich das Gefühl hatte, Gott ist weniger anwesend. Gibt es etwas, wo ihr Gott, was auch immer „es“ sein mag, finden könnt?
Jamie: Das ist der Punkt. Ich bin Atheist und Gott ist nur in meiner Kreativität anwesend. In meinem normalen Leben gibt es Gott nicht, aber wenn ich Songs schreibe, spiele ich manchmal mit der Idee davon herum. Da kommt das für mich her.
Alison: Ich glaube, es ist einfach das Unbekannte. Wir stellen unser ganzes Leben lang Frage, und auf die meisten werden wir nie eine Antwort bekommen. Damit müssen wir einfach klarkommen. Es geht um die Reise, weißt du. Wir wachen jeden Tag auf und versuchen, Antworten auf alles zu finden, und stell dir vor, wir werden es niemals! Du wirst es einfach nicht schaffen. Es wird immer eine andere Frage geben, eine andere Sache. Es gibt so viel Scheiß, den wir nicht wissen. Für mich ist Gott kein Typ oben im Himmel.
Jamie: Das wäre doch erfrischend!
Alison: Wenn es einen Typ im Himmel gäbe? Kann es bitte kein Typ oben Himmel sein?! (lacht) Kann es bitte ein süßes Hündchen sein oder so?
Jamie: Jeder sagt immer: „Ich glaube an Gott, aber nicht so einen Gott! Es ist eine Kraft, es ist Liebe, oder was auch immer.“ Ich glaube nicht einmal das… Es wäre doch ziemlich erfrischend, zu sagen: „Ich glaube an Gott, er ist ein alter Mann mit einem Bart, und er sitzt auf einem Thron auf einer Wolke.“ Wenn du an Gott glaubst, dann schon das volle Programm!
Alison: Mach die Wolken-Thron-Nummer!
Gott, was auch immer das ist, ist also in deiner Kunst präsent…
Jamie: Ja, aber ich meine es nicht wie: „Ich entdecke Gott in meiner Kunst“. Ich ertappe mich selbst dabei, wie ich über Gott schreibe, manchmal gibt es Anspielungen auf ihn, die ich einfach nur bizarr finde. Ich glaube wie gesagt nicht daran, ich bin Atheist. Dann fange ich an zu hinterfragen, warum das so ist. Und ich denke, einen Gott zu erfinden hilft, viele Probleme und Fragen im Leben zu erklären (lacht). Jemand, der die Figuren um einen herum manipuliert.
Um dem Ganzen ein wenig weltliche Struktur zu verleihen, lass uns ein bisschen chronologisch vorgehen. Covid kam, als ihr gerade dabei wart, das Album zu machen?
Alison: Wir waren bis November 2019 auf Tour, dann haben wir uns Weihnachten freigenommen und dann haben wir angefangen zu schreiben und dann, bumm…
Jamie: Lockdown…
Alison: Und dann war es so, wie es für alle war.
Jamie: Man hatte irgendwie das Gefühl, dass gerade alles komisch ist, lass uns das fertig machen, und dann gehen wir in zwei Monaten ins Studio. Und dann ging es einfach weiter und weiter und weiter und wir haben gemerkt, oh wow, die Dinge haben sich wirklich verändert. Außerdem gab es ein Gefühl von echter Sterblichkeit. Am Anfang hatte man das Gefühl, dass man sterben könnte, wenn man es kriegt. Es war furchtbar! Und dann wurde einem klar, dass es viel länger dauern wird, als man anfangs dachte. Und das hat einem plötzlich ein bisschen mehr Freiraum für Kreativität gegeben. Oh mein Gott, wir können tatsächlich Zeit damit verbringen, etwas zu schreiben und aufzunehmen und das Beste draus machen.
Alison: Als es dann wieder möglich war, zu reisen und so, hatten wir schon fast eine Platte. Und dann mussten wir herausfinden, wie wir sie aufnehmen konnten. Im November letzten Jahres waren wir damit fertig. Und hier sind wir nun, fast ein Jahr später.
Ich frage mich immer, wie das ist, wenn man so viel Zeit hat, sich damit zu beschäftigen, bevor es herauskommt.
Alison: Für mich ist es so lange her! Die Aufnahmen haben wir vor einem Jahr beendet, aber ich habe es zwei Jahre davor geschrieben. Und jetzt beantworte ich Fragen dazu und denke mir: „Oh Mist, gute Frage…“ Ich muss mich erstmal selbst studieren, bevor ich mich auf diese Interviews einlasse (lacht).
Jamie: Einige der Songs, ernsthaft… Ich meine, „Bullet Sound“, 2019 haben wir das als Demo aufgenommen. Der Song ist verdammte vier Jahre alt. „Wasterpiece“ ist drei Jahre alt. Es ist verrückt.
Und seid ihr heute mit allem zufrieden? Oder denkt ihr manchmal, Scheiße, dies oder das, hätten wir das noch mal machen sollen?
Alison: Nein, ich denke, als wir ins Studio gegangen sind, hatten wir die Songs, wir wussten, was wir tun, wir hatten unsere Platte. Die Produktion war fertig, die Texte waren fertig, die Parts waren fertig, und wir waren bereit, loszulegen. Wir mussten nur noch den richtigen Ort und die richtige Person finden, um aufzunehmen. Und als wir dann mit der eigentlichen Arbeit angefangen haben, ging es wirklich schnell.
Jamie: Ich finde es aber wirklich schwer zu sagen, wann ein Song fertig ist. Manche Leute können das besser einschätzen. Ich glaube, ich bin nicht sehr gut darin, zu sagen, ob ein Song fertig ist oder nicht, entweder geht mir die Zeit aus oder jemand sagt es mir. Wenn ich in den Prozess des Schreibens einsteige, sehe ich kein Ende, ich liebe es einfach so sehr.
Alison: Es macht uns wirklich sehr, sehr viel Spaß.
Jamie: Es ist, als würde man eine verdammte Maus quälen, wie eine Katze. Ich will nicht, dass sie stirbt, ich will sie am Leben erhalten und mit ihr spielen (lacht). Oh mein Gott, God Games!
„Musik ist cool. Ich stimme dir zu.“
Ganz ehrlich, für mich ist Musik so besonders, so magisch. Musik zu machen ist für mich ein so verrücktes Handwerk. Ich habe fast das Gefühl, da ist etwas Göttliches im Spiel.
Alison: Ganz ehrlich, so geht es mir auch, obwohl ich selbst Musik mache. So fühle ich mich ganz oft, wenn ich Songs höre. Ich denke: Wie um alles in der Welt ist jemand auf diese Idee gekommen? Wie ist das aus seinem Mund, seinen Händen oder sonst woher gekommen? Für mich ist das wirklich außergewöhnlich.
Jamie: Es ist lustig, denn ich weiß, dass es Alison genauso geht. Sie beschreibt das oft so , wenn sie Songs schreibt, sie hat das Gefühl, als wäre sie ein Kanal für den Song gewesen, als wäre er von selbst durch sie nach draußen gekommen… Sie sagt nicht: „Was ich gemacht habe, ist unglaublich!“
Alison: Ich bin einfach jedes Mal völlig erstaunt, dass ich das geschafft habe. Es überrascht mich immer wieder. Ja. Musik ist cool. Ich stimme dir zu (lacht).
„God Games“ von The Kills erscheint am 27. Oktober auf Domino Records.
Foto © Myles Hendrick