Spot Festival 2012 Special: Teil 4 mit Snake & Jet’s Amazing Bullit Band

Wir haben uns mit einigen Bands auf dem Spot Festival 2012 getroffen und unterhalten. Wer das so war und was sie uns dabei so verraten haben, könnt ihr in unserer siebenteiligen Serie Spot Festival 2012 Special nachlesen. Wir werden euch jedes Mal eine andere Band vom Spot Festival vorstellen. In Teil 4 beschäftigen wir uns mit Snake & Jet’s Amazing Bullit Band aus Kopenhagen.

Wie Bands zu ihren Namen kommen, ist ja manchmal ein regelrechtes Mysterium. Wenn die Bandnamen dann auch noch lang sind, erregen sie ganz automatisch die Aufmerksamkeit der Leute. Snake & Jet’s Amazing Bullit Band sind da gewiss keine Ausnahme. Seit 2006 mischt die mittlerweile zum Trio herangewachsene Kombo die dänische Musikszene gewaltig auf. Was dabei raus kommt ist eigentlich so simple wie auch wunderbar, und lässt sich gewiss einfacher beschreiben als die Herkunft ihres Bandnamen.

Thor: Wir sind Snake & Jet’s Amazing Bullit Band. Wir spielen eine Art Psychedelic Rock featuring extravaganten Drums.

Snake & Jet’s Amazing Bullit Band, das sind also Thor Rasmussen, Thomas Frederiksen und ganz neu mit in Team Bassistin Laura Rathschau. So weit, so gut. Musikalisch orientiert man sich stark am Psych Rock der 60er und 70er, packt die Hammond Orgel aus, fügt flirrende Gitarren, Schlagzeug und Vintage Synthies hinzu, und fertig ist ein Mix aus Blues, Rock, Punk und sogar etwas Synthiepop, vereint in einem einzigartigen Retro-Modern-Stil. Das klingt vielleicht etwas verwirrend, woher sich die sympathischen Dänen ihre Inspiration herholen, wissen sie jedoch ganz genau.

Thor: Wir ziehen unsere Inspiration aus verschiedenen Quellen. Da ist wirklich alles dabei, von Filmen über Bilder bis hin zu Ausstellungen und einfach verrückten Dingen, Freunde und Liebe, es ist wirklich eine große Palette an Dingen, die uns beeinflussen. Wenn wir Referenzen nennen müssen, würden wir uns als eine Mischung aus Soft Pack und Fleetwood Mac bezeichnen.

Sie sind eindeutig kein Abklatsch irgendwelcher musikalischer Vorläufer. Kaum fängt man an, sie in irgendwelche Schubladen packen zu wollen, verwirft man derartige Gedankengänge auch schon wieder. Dafür sind sie dann eben doch zu eigen und fernab irgendwelcher Zuordnungen. So verwundert es schließlich auch wenig, dass ebenso der Entstehungsprozess ihrer Songs genauso eigenwillig ist, wie eben auch ihre Musik.

Thor: Wir starten damit improvisatorische Riffs einzuspielen und versuchen dann daraus eine gute Kombination aus Text und Sound zu basteln. Und wenn wir glauben, wir haben’s, dann nehmen wir es auf und fügen dem Song andere Instrumenten zu. Manchmal packen wir den Song dann noch mal zur Seite und machen andere Sachen. Dann holen wir den Song irgendwann wieder hervor und fangen an, daran erneut zu arbeiten, bis wir schließlich das Gefühl haben, der Song ist genau so geworden, wie wir ihn haben wollen. Der Prozess ist manchmal ziemlich langsam, aber wir stecken da sehr viel Herz und Liebe rein. Wir glauben an den Moment und fügen dem Song so eine Art Geschenk an Zeit zu, bis wir schließlich sagen können: Das ist es jetzt, das ist der Song.
Thomas: Es ist nie geplant, es gibt kein Konzept von Anfang an. Es ist mehr eine kleine Idee, die immer mehr wächst und sich weiter entwickelt. Wir wissen also am Anfang nie, wie ein Song am Ende wirklich klingt, bis wir ihn fertig haben.
Thor: Es ist ein bißchen so, als wenn Du einen Plastikkanister mit einem Nährboden nimmst, dort Bakterien drauf packst und diesen dann für einige Zeit stehen lässt. Über die Zeit wächst und gedeiht einiges, und einiges ist gut für Dich und manches ist giftig, haha. Ja, so arbeiten wir. Das ist etwas langsam, aber wir haben uns mit dem neuen Album sehr viel Mühe gegeben. Es hat ein sich wiederholendes Muster, eine Art spirituelle Emotion in den einzelnen Song, die miteinander interagieren in denselben Themen und in derselben Stimmung, in denselben Sound und denselben Farben.

Spätestens hier wird man sich darüber bewusst, dass es sich bei Snake & Jet’s Amazing Bullit Band nicht einfach nur um Leidenschaft für Musik handelt. Sie scheinen die Musik regelrecht in sich zu tragen. Man kann einfach nicht anders, ist quasi geboren aus der Not heraus, Musik zu machen, zu verkörpern. Genau diese Zuneigung hört und spürt man in ihrem dritten Werk „Stuff That Rotates“ (hier entlang zur Review), das im Mai 2012 ebenfalls auf dem dänischen Label Crunchy Frog erschienen ist.

Thor: Eigentlich wollten wir mit „Stuff That Rotates“ einfach nur ein Meisterstück schaffen, haha. Das ist nun unser drittes Album. Das erste setzt sich aus eher kurzen Stücken zusammen. Schnitte aus Dingen, die wir mögen, eine Auswahl aus Gitarren, Drums, Bass und Synthie aus 60er, Anfang 70er Jahre Popmusik. Das war unser erstes Album und wir hatten ungefähr Material aus drei Jahren gemeinsamer Arbeit. Das war wirklich toll. Das zweite Album „Peaceboat“ (hier entlang zur Review) war eher wie ein Studioalbum. Das haben wir in New York innerhalb von drei Wochen aufgenommen, und wir hatten das Gefühl, Musik machen sei so einfach. Es hat also ein Gefühl von Lockerheit, gleichzeitig aber auch etwas oberflächlicher. Es ist trotzdem ein gutes Album, aber es beinhaltet eine Menge Arroganz und jetzt versuchen wir mehr nette Menschen zu sein. Es ist zwar auch in einem etwas langsamen Prozess entstanden, aber generell aus der Notwendigkeit heraus, Musik zu machen. Es braucht keine Argumentation, warum wir Musik machen, sondern wir machen es einfach.
Thomas: Der Sound wird immer in eine Art Kreis gehalten, im Vergleich zu den anderen Alben, bei denen wir das Gefühl hatten, wir müssen Struktur und Sound die ganze Zeit ändern. Es ist dadurch weniger hektisch.
Thor: Es lässt sich eigentlich damit beschreiben, dass man mehreren verschiedenen Vasen auf den Boden wirft und so ganz viele unterschiedliche Scherben erhält. Unser letztes Album ist wie ein schönes Mosaik aus den verschiedenen Scherben.

Snake & Jet’s Amazing Bullit Band – Black Egg from crunchy frog on Vimeo.

Sie sind eindeutig anders als andere Bands, das ist gewiss. Und eigentlich wundert mich auch nichts mehr in diesem Gespräch. Denn immer wieder können sie mit einer neuen außergewöhnlichen Geschichte auffahren, zaubern aber mit ihrer charmanten Art, mit der sie berichten, stets en Lächeln ins Gesicht.

Thor: Oh, man neigt immer dazu, sich an die schlechten Sachen zu erinnern. Wir haben mal in Island gespielt und einer von Brian Jonestown Massacre war unser Techniker. Er war wirklich schlecht in seinem Job, weil er einfach so betrunken war. Er ist über unsere Instrumente rüber gekrochen und hat uns auf der Bühne angeschrien. Wir waren sehr erschrocken darüber. Er war eigentlich ein netter Typ, aber er scheint Menschen gerne zu provozieren. Und während dieser furchtbaren Show hat ein anderer Amerikaner aus dem Publikum versucht die Situation zu entschärfen, in dem er mit starken amerikanischen Akzent wirklich laut gerufen hat: „I think they’re really famous in their OWN country!“ Als wenn wir total Verrückte wären und aus einem Land mit einer Kultur kommen würden, die keiner kennt und versteht. Das war wirklich schlimm. Wir haben zahlreiche solcher Geschichten. Es kommt immer an einen Punkt in unserer Karriere, an dem es den Anschein macht, als suchen wir regelrecht solche Begebenheiten, quasi den perfekten Fehlschlag. Manchmal wandelt sich so ein Fehlschlag aber auch in etwas Positives um, wenn Sachen so chaotisch laufen, dass die Leute es wieder lieben und denken, wir gehen in eine Art Kampf mit verwunderlichen Situationen und Menschen.

Mal abgesehen von Katastrophen jeglicher Art auf irgendwelchen Konzerten, sei an der Stelle wärmstens empfohlen, sich Snake & Jet’s Amazing Bullit Band live anzuschauen (Snake & Jet beim Spot Festival 2012). Die Energie und Dynamik ihrer Platten bekommen bei ihren Auftritten noch mal eine völlig andere Dimension und nehmen den Zuschauer regelrecht auf eine Reise in die 60er Jahre mit.

Thomas: Wir lieben es auf Tour zu sein. Es ist fantastisch, unterwegs zu sein, Leute zu treffen, traditionelles Essen kennenzulernen und verrückte Fotos zu machen.
Thor: Du präsentierst den Leuten die Musik, auf die Du stolz bist, und das ist wie die Sahnehaube auf dem Kuchen. Ich weiß auch nicht, wie ich das anders ausdrücken soll. Es ist auf jeden Fall auch der spaßigste Teil. Außerdem verkaufen wir auch am meisten Merchandise und CDs auf Tour, weil es CD Läden auch so gut wie gar nicht mehr gibt. Es ist absolut unbefriedigend, seine Musik lediglich digital über iTunes oder so zu verkaufen. Es gibt Dir ein wesentlich besseres Gefühl, wenn Du eine Show spielst und die Leute nach dem Auftritt eine CD oder Vinyl kaufen, sich mit Dir noch unterhalten, man sie fragen kann, was sie mögen und dann Inspiration für neue Projekte daraus ziehen kann.

Es wird wieder Zeit für unser Spiel „Wahrheit oder Pflicht„, bei dem sich unsere Band entscheiden muss, ob sie noch eine weitere Fragen beantworten oder eine Aufgabe erfüllen möchte. Und weil man sich natürlich nicht mit einer einfachen Frage abspeisen lässt, fällt bei Snake & Jet’s Amazing Bullit Band die Entscheidung -fast selbstverständlich- auf Pflicht.

Malt ein Bild von euer Heimatstadt!

Nichts leichter als das! Der Kreativität wird sofort freien Lauf gelassen. Und damit sich die Aufgabe auf alle Drei auch gerecht aufteilt, wird das Blatt in drei gleiche Teile gefaltet. Jeder beginnt dann seinen persönlichen Eindruck auf’s Papier zu bringen, ohne zu sehen, was der andere gemalt hat.

Die Erklärungen zu diesem Kunstwerk fallen kurz aus. Aber eigentlich bedarf es auch nicht wirklich großer Erläuterungen. Wie wir finden, ist dieses Meisterwerk eines der schönsten, das wir bekommen haben. Ein weiterer Beweis um die Einzigartigkeit dieser Band, die vor Kreativität nur so strotzen.

Thomas: Das ist jemand, der schwimmt.
Laura: Das sind Fahrräder. Es ist wie eine Art Computerspiel.
Thor: Das sind die Straßen von Kopenhagen, mit den ganzen Shops und so.

Am Ende hat Thor das Schlusswort…

Thor: Wir werden sehen, wo es uns hin verschlägt. Wir hoffen natürlich, dass wir mehr Zuschauer für unsere Shows gewinnen. Und wenn alles nicht so gut läuft, machen wir einfach noch mehr Musik.

Uns bleibt schließlich nichts weiter zuzufügen als ein herzliches Dankeschön für das äußerst interessante und amüsante Gespräch. Wir hoffen, dass uns Snake & Jet’s Amazing Bullit Band bald wieder in Deutschland beehren werden, vor allem aber, dass sie ihre Verrücktheit beibehalten und niemals vom Kurs abkommen.

Von Jessica Franke


Spot Festival 2012 Special:

Teil 1: The Megaphonic Thrift
Teil 2: Echo Me
Teil 3: Age Of Giants
Teil 5: Zebra & Snake
Teil 6: Rangleklods