Schwarz zu Rot: Blood Red Shoes im Conne Island, Leipzig, 26.05.2012

Ob die heutigen Bands im Vorfeld wussten, dass Leipzig während des Pfingstwochenendes in leuchtendes WGT-Schwarz getaucht sein wird? Diese Frage brannte mir dann doch unter den Nägeln, aber eine Antwort wird mir vermutlich verwehrt bleiben. So begeben wir uns heute fernab der Massenveranstaltungen ins beschauliche Conne Island und erfreuen uns an der hiesigen Buntheit, wenngleich sich auch ein paar Gruftis hierher verirrten. Vielleicht kamen Sie aber auch absichtlich, der Bandname Blood Red Shoes kann da schon verwirren. Doch bevor wir uns dem britischen Duo zuwenden, stehen die Belgier Wallace Vanborn geschlagene fünf Minuten vor Neun, also viel zu früh, auf der Bühne – und wir noch an der Bar. Vielleicht konnten es die Jungs auch einfach nicht erwarten, schließlich war es ihr erster Auftritt hier. Ich hatte zugegebenermaßen zunächst ein wenig Angst, denn der sehr getragene erste Song weckte Erinnerungen an eine sehr mittelmäßige frühere Vorband der Blood Red Shoes. Die Bedenken zerschlagen sich jedoch recht bald, denn es wird rhythmischer, schneller und das Tanzbein bewegt sich von ganz allein, oder wahlweise zumindest der Kopf, während mir gepflegter Stoner Rock um die Ohren fliegt und ich den Gedanken an Biffy Clyro nicht los werde – was aber auch einfach am ausgeprägten Barthaar auf der Bühne liegen könnte. Hier wird dem Publikum klassisch harter Alternative Rock vom Feinsten geboten, nicht zuletzt klassisch im Sinne von Gitarre-Bass-Schlagzeug. Es ist rau, grob, die Garage schwingt irgendwie auch noch mit und gleichzeitig ist die ganze Geschichte kein Stück schrammelig, womit ich mich hier spielerisch ziemlich gut aufgehoben fühle. Das natürliche Waldschrat-Image der Band passt im Übrigen ganz gut zu den recht sympathischen und sehr redseligen, wenngleich stark nuschelnden, Kerlchen, die wohl gern mit allen Frauen Sex haben möchten und uns auch nicht mit Details über ihren körperlichen Zustand verschonen. Irgendwie neigen die Bands in dieser Lokalität aber generell dazu, sich die Seele aus dem Leib zu transpirieren – und das dann auch allen Anwesenden mitteilen zu müssen. Als die Jungs zum Ende auch noch stilecht einen Stadionkracher raus hauen, zeigen sie, dass aus ihnen noch was werden könnte. Und obwohl sie hier noch relativ unbekannt sein müssten, vernahm ich im Publikum während des Auftritts bereits einige Mitgröhler. Es bleibt wieder mal festzustellen, dass die Blood Red Shoes dazu tendieren, härtere Vorbands zu nehmen, als sie es selbst sind, nur diesmal bin ich mit der Auswahl sehr zufrieden.

Sogar die Pausenmusik ist heute mit den Foo Fighters und ähnlichen Schmankerln aus den 90ern gut abgestimmt. Also warten wir brav auf den heutigen Hauptact.

22:13 Uhr – Der Mob wird endlich erlöst, während er zuvor noch ungeduldig und euphorisch klatschte: Also hoch das Glas mit „It’s Getting Boring By The Sea“ und die Menge zum Toben bringen, denn das können die Blood Red Shoes wirklich gut! Im entfesselten Publikum entdecke ich derweil auch wieder diese ewigen Filmer – und in mir schwillt unweigerlich der Wunsch an, ganz nach Connewitzer Tradition ein paar Steine zu werfen. Kieselsteine versteht sich! Man möchte wirklich nicht nach den Gründen fragen. Wo wir gerade dabei sind fällt mir auf, wie großartig ich das Tempo von „Don’t Ask“ finde. Herrlich! Neben den alten Schinken werden heute aber selbstverständlich auch insgesamt fünf Songs aus dem am 30. März erschienen dritten Album „In Time To Voices“ präsentiert, wenngleich während „Cold“ die ersten schon wieder völlig entkräftet den Pogo-Pulk verlassen.

Wirklich überzeugt werde ich heute insgesamt aber leider nicht. Laura-Mary Carter spielt einige Songs für meine Ohren ein wenig zu gequält, später hat sie gar einen Frosch im Hals, was aber natürlich immer mal passieren kann. Ach je, die Arme! Generell ziehen die langsameren Stücke nicht so gut. Es ist wie in diesen Träumen, in denen man laufen will und nicht vom Fleck kommt. Bei den typischen BRS-Up-Tempo-Nummern können die beiden jedoch einfach alles und jeden an die Wand rocken. Steven Ansell spielt die Sticks, als wären es Kolibriflügel und sorgt für einen guten und starken Rhythmus, während ihr zartes Stimmchen ein wenig untergeht. Er ist hier ohnehin eher der für Stimmung sorgende stark präsente Part. Denn Stimmung gibt es im Saal, das muss man ihnen lassen! Die klassischen Hits wie „Heartsink“ sitzen wie eine 1 und „You bring me down“ ist die reine Wohltat. Das sieht auch das Publikum so und gibt bei diesen Songs nochmal alles. Nicht nur „I Wish I Was Someone Better“ als 14. und letzter Song des Sets zeigt mir ganz besonders, dass die Blood Red Shoes einfach mal nur verdammt schnell und laut wirklich zu genießen sind. Nutzen wir also die kleine Pause, um zur Ruhe zu kommen und uns auf das Finale vorzubereiten. Vor den drei Zugaben kommen die beiden schließlich nicht umhin, für die Vorband zu werben, und bringen im Anschluss den Saal nochmal so richtig zum Kochen. Völlig in Nebel und rotes Licht gehüllt, könnte man annehmen, das Publikum brennt. Lassen wir ihnen den Spaß und tanzen zum Ausklang Blut in unsere Schuhe. Springt!


Von Anja Gebhardt