Roskilde Festival 2012 Rückblick

Und wir freuen uns schon jetzt auf’s nächste Jahr!

Etwa 30 km von Kopenhagen entfernt befindet sich auf der Ostseeinsel Sjælland (Seeland) die dänische Stadt Roskilde. Rund 42.000 Einwohner zählt das beschauliche Städtchen, das neben den Überresten zahlreicher Drachenboote aus der Wikingerzeit ein noch viel größeres Spektakel in sich birgt. Jedes Jahr entsteht in der Kleinstadt eine eigene kleine Stadt an sich, mit allem was eine moderne Stadt braucht: Straßen, Marktplatz, Shops. Die Rede ist vom legendären Roskilde Festival.

Es ist mittlerweile schon wieder gut einen Monat her, das Roskilde Festival 2012. Es fühlt sich an, als wäre es erst gestern gewesen. Und die Vorfreude auf nächstes Jahr ist schon jetzt so groß als wäre es morgen. Zugegeben, ein paar Anfangsschwierigkeiten brachte es mit, dieses Superfestival, das mit seinen rund 125.000 Besuchern zu eines der größten Festivals weltweit zählt. Man ist ein wenig reizüberflutet, fühlt sich manchmal etwas verloren und wie ein winzig kleiner Punkt auf etwas massiv Großem. Ist man wohl auch. Hat man aber die Scheu erst einmal verloren, sich anhand der zahlreichen freiwilligen Helfer durchgefragt und schließlich etwas zurecht gefunden, kann es los gehen, das Roskilde Festival.

Donnerstag, d. 5. Juli 2012

Bereits der Donnerstag strotze vor musikalischen Hochkarätern. Aber auch der Wettergott war ganz auf unserer Seite und versorgte uns mit herrlichstem Sonnenschein. Die US-Amerikaner The Shins lockten zahlreiche Festivalbesucher in die Roskilde Arena, während es sich die vier charmanten Briten um Clock Opera auf der Pavilion Bühne bequem gemacht haben und das Publikum gekonnt auf ihre Seite zogen. Auf der Hauptbühne begeisterten die Altmeister The Cure nach einigen Anlaufschwierigkeiten mit einem dreistündigen Set, das nicht nur bei den eingefleischten Fans keine Wünsche offen ließ. Wer dem New Wave dennoch trotzen und sich dem Elektro hingeben wollte, den verschlug es zum Auftritt von Modeselektor zur Apollo Bühne, wo so manch einer in den Sonnenuntergang tanzte. Zum Abschluss gab es ganz viel Glitter und Konfetti. Mit Kostümen in allen Formen und Farben betrat das Musikkollektiv Apparatjik, die Supergroup bestehend aus Coldplay-Bassist Guy Berryman, Mew-Sänger und Gitarrist Jonas Bjerre, a-ha-Gitarrist und -Keyboarder Magne Furuholmen sowie dem Musikproduzenten und Drummer Martin Terefe, in Begleitung zahlreicher Tänzer und Darsteller die Bühne und sorgte, wenn auch nicht musikalisch, dann doch zumindest mit einer durchweg sehenswerten Show, für einen wundervollen letzten Gig, der uns am Ende völlig zu Recht behaupten ließ: Thursday, I’m in love!

Freitag, d. 6. Juli 2012

Wer meinte, dass sich Mittags noch keiner aus dem Zelt traut, und das erst Recht nicht bei Regen, der konnte sich vom Dänen Rangleklods eines Besseren belehren lassen, der auf der äußerst gut besuchten Cosmopol Bühne sein Set aus Elektro-Pop zum Besten gab. Beim Schlendern über das Gelände passierten wir nicht nur die Hauptbühne, auf der Gossip für ordentlich Furore sorgten, sondern auch die Arena, in der Bernhoft neben bezaubernder Musik auch noch mit viel Charme und Humor überzeugten. Aber auch jede Menge Kunst und Spiel, wobei sich die Festivalbesucher die Zeit vertreiben konnten, gab es auf dem Streifzug über das Festivalgelände zu sehen. Das junge Quartett um Ter Haar musste sich leider etwas der großen Konkurrenz beugen. Wer es dennoch zur Pavilion Bühne geschafft hat, wurde mit hübschen Indie-Rock und einem sympathischen Auftritt belohnt. Während sich The Cult auf der Hauptbühne selbst feierten, verschaffte sich auch die Sonne wieder ihren Platz am Himmel und zog damit scheinbar mehr Aufmerksamkeit der Festivalbesucher auf sich, als das Treiben auf der Bühne. Da konnte der Herr Jack White vielleicht von Glück reden, dass zu seiner Stunde die Nacht bereits eingekehrt war. Allerdings hätte diesem grandiosen Auftritt, den er mit seiner Girl-Band bestritt, so schnell nichts anhaben können. Denn sowohl auf der Bühne als auch im Publikum war man bestens gelaunt, und die Songtexte hatten hier auch alle fleißig geübt. Letztes Jahr spielte Daughter bereits auf dem englischen Reading Festival, an diesem Freitag durften sich die Roskilde-Besucher an ihrer Anwesenheit erfreuen. Und trotz der späten Stunde, kamen dieser Einladung so viele Zuschauer nach, dass die Tore des Glorias schließlich geschlossen werden mussten. Wer es geschafft hat, sich einen der heißbegehrten Plätze zu ergattern, wurde mit einem zauberhaften Auftritt belohnt, bei dem ganz eindeutig nicht nur die Zuschauer, sondern mindestens genauso die Band zu Herzen gerührt war. Während man anschließend versuchte, die Ereignisse und seinen Jacklag zu verarbeiten, wurde man mit Seven Nations Army in den Schlaf gesungen, und wir sangen alle mit: Laaaa La La La Laaaa La!

Samstag, d. 7. Juli 2012

Von trüber Stimmung konnte auch am verregneten Samstag-Vormittag keine Rede sein. Irgendwie gehört etwas Regen ja auch zu Dänemark dazu, und zum Roskilde Festival ja sowieso. Passend fügte sich das Wetter zumindest zu einem eher schwachen Auftritt von Larsen & Furious Jane auf der Pavilion Bühne, die doch auf dem Spot Festival noch so zu überzeugen wussten. Ob es lediglich am schlechten Sound lag, sei an der Stelle dahin gestellt. So richtig Stimmung wollte aber einfach nicht aufkommen. Pünktlich zur Show von The Roots auf der Hauptbühne konnte sich die Sonne dann aber nicht mehr hinter der dichten Wolkendecke verbergen. Auch wenn die Rapper leichtes Spiel mit den Zuschauern hatten, sie verstanden ihr Werk und machten ihren Ruf als herausragende Live-Band alle Ehre. Das taten allerdings auch die wiedervereinten Refused auf der Arena Bühne, die mit Sicherheit hätte besser besucht sein können. Tausende von Besuchern mussten zu der Zeit allerdings schon für Bruce Springsteen & The E Street Band anstehen, um einen guten Blick auf die Hauptbühne zu erhaschen. Tat man dies allerdings nicht, wurde es selbst mit der Sicht auf die riesigen Leinwände bereits kritisch. Ausharren lohnte sich dennoch, denn die Herren von den Roots besuchten den US-amerikanischen Rockmusiker auf der Bühne, um mit ihm gemeinsam „E Street Shuffle“ zu performen. Grandios, wie auch Herr Springsteen festhielt. Wer jedoch glaubte, dass sich ein Großteil der Festivalbesucher hier aufhalten würde, der wurde vom großen Andrang bei Bon Iver auf der Arena Bühne etwas überrascht. Ohne genau sagen zu können, wann der Hype um den Herrn Justin Vernon begonnen hat, solche Ausmaße anzunehmen, lässt man sich dennoch zu gerne mit hinein saugen in diesen Bann, und abgesehen von der herzzerreißenden Musik ließ auch die wundervolle Stimmung den Körper mit einer Gänsehaut überziehen. Im Anschluss daran konnte man sich aber wieder fangen und von Reptile Youth zurück in Feierlaune katapultieren lassen. Denn genau davon versteht das dänische Duo was. Die Cosmopol Bühne hat gebrannt! Um circa 2:3o Uhr wurde man dann erlöst und man konnte, sein Shirt wie ein Kolibri schüttelnd, ins Zelt stolpern, um für einen letzten fantastischen Festivaltag etwas Kraft zu tanken.



Sonntag, d. 8. Juli 2012

Trotz des sommerlichen Wetters merkte man am Sonntag schnell, dass es langsam aber sicher auf den Endspurt zu ging. Statt der Künstler und Bands bei ihren Auftritten zu frönen, verschlug man sich die Zeit eher auf der Wiese und holte hier und dort vielleicht doch noch etwas Schlaf nach. Auf der Cosmopol Bühne gab es den ganzen Tag guten Hip Hop zu sehen, bis man sich am Abend zum wiederholten Male an den galanten Tanz-Moves von Ed Macfarlane, Sänger und Tänzer von Friendly Fires, auf der Arena Bühne erfreuen konnte. Die Songs des Debütalbums „Friendly Fires“ funktionierten auch an diesem Tag wieder ganz wunderbar, während die neue Platte „Pala“ eindeutig an Fahrtwind verloren hat und auch die Zuschauer nicht so richtig aus der Reserve locken konnte. Im Anschluss nahm Santigold ihren Platz in der Arena ein, und wir tanzten vor der Apollo Bühne zu Blondes nicht der Sonne, sondern einem mächtigen Gewitter entgegen. Das hielt wahrscheinlich den ein oder anderen Festivalbesucher davon ab, sich hier blicken zu lassen. Vielleicht schaut man sich ihr Set aus smarten Elektro-Tech-House dann doch einfach noch mal in einem Club an. Zu lohnen scheint es sich alle mal.

Und dann war es auch schon vorbei, das Roskilde Festival 2012, und irgendwie hat man immer noch das Gefühl, als sei alles nur an einem vorbei gehuscht. Eines lässt sich mit Gewissheit festhalten. Auch im nächsten Jahr werden wieder tausende von Freiwilligen, Künstlern und Bands das Festival zu etwas ganz Besondern werden lassen. Und wir werden definitiv wieder mit dabei sein. Und bis dahin heißt es: So long, rock on!

Es gab zahlreiche wundervolle Auftritte auf dem Roskilde Festival 2012. Einige, und damit besonders welche von weniger bekannten Bands, möchten wir gerne gesondert hervorheben. Daher wird es zu fünf Konzerten einen extra Bericht geben, um nicht nur von der Schönheit der Show zu berichten, sondern auch um Band und Künstler etwas vorzustellen.

Wer mehr über das Roskilde Festival als non-profit-Veranstaltung erfahren möchte, der sollte unbedingt auf der Webseite vorbeischauen! Dort gibt es zahlreiche interessante Dinge zu erfahren! Es lohnt sich also!

www.roskilde-festival.dk/uk/


Von Jessica Franke
Fotos von Sebastian Dudey