Das russische Musik- und Aktivismus-Kollektiv Pussy Riot macht mit einer ungewöhnlichen Aktion auf die untragbaren Zustände häusliche Gewalt betreffend in Russland aufmerksam.
Russland ist das einzige Land in Europa, in dem es kein Gesetz gegen häusliche Gewalt gibt. Statistiken des russischen Innenministeriums zufolge wächst die Zahl an Fällen von Gewalt in der Familie jährlich um die 5000. Mehr als 14000 Frauen und mehr als 2000 Kinder sterben jährlich durch die Hand von Ehemännern, Vätern oder anderen Familienmitgliedern.
Für viel Aufsehen sorgt aktuell der Fall der drei Chatschaturjan Schwestern aus Moskau. Sie töteten gemeinsam ihren Vater, nachdem sie jahrelang von ihm geschlagen, misshandelt und sexuell missbraucht wurden. Da in Russland vor zwei Jahren häusliche Gewalt per Gesetzesentwurf von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit abgemildert wurde, gibt es für Frauen so gut wie keine Wege sich vor ihr zu schützen. Im Fall der drei Schwestern gehen die Ermittlungsbehörden von vorsätzlichem Mord aus, ihnen drohen bis zu 8 und 20 Jahren Haft.
Die beiden Pussy Riot Mitglieder Nadya Tolokonnikova und Marija Aljochina verbrachten selbst zwei Jahre in russischer Gefangenschaft, nachdem sie für die Inszenierung eines „Punk-Gebets“ in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau verurteilt wurden. Ein Viertel der Frauen, die sie im Gefängnis trafen, waren aufgrund von Fällen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt inhaftiert. Denn wenn Frauen in Russland sich gegen Peiniger zur Wehr setzen, wird dies grundsätzlich nicht als Notwehr eingestuft.
Nun haben Pussy Riot sich entschieden, einen Wettbewerb auszuloben, um den untragbaren Umgang mit häuslicher Gewalt in Russland weiter publik zu machen. Die Regeln sind einfach: das Kollektiv bittet um Einsendungen jeglicher Form von Medien, seien es Texte, Videos, Fotos, Nachweise von Fällen oder Dokumentationen von Ermittlungen in entsprechenden Fällen, die den fehlerhaften Umgang mit häuslicher Gewalt in Russland dokumentieren. Bis zum 8. Februar 2020 können Einreichungen an rrriotaward@gmail.com gesendet werden. Eine Jury wird drei Gewinner wählen, deren Namen am 8. März 2020, dem Internationalen Frauentag, verkündet werden. Jeder der drei Gewinner erhält ein Preisgeld von 1000 €.
Hier seht ihr einen Videoaufruf zur Aktion (auf russisch).
Und hier das Video zur aktuellen Pussy Riot Single „Hangerz“:
Spread the word.
Foto © Neil Krug