PHOX im Interview

„Everything I do, I do in slow motion“, der wohl prägnanteste Songtext des diesjährigen Sommers. Denn schon lange bevor das Debütalbum von PHOX Ende August erscheint, konnte man die markige Stimme Monica Martins allseits „Slow Motion“ singen hören. Doch dem überdrüssig werden? Niemals! Lernt man das Sextett aus Wisconsin kennen, verstärkt sich das Gefühl noch mehr, das man bei ihrer schwelgerischen Musik bekommt. PHOX sind wie eine Premium-Schokolade: davon kann man nicht nur ein kleines Stück kosten.

Welche Atmosphäre wollt ihr mit PHOX kreieren?

Monica Martin: Unsere Musik wird oft als verträumt und eskapistisch beschrieben. Ich glaube, das passt sehr gut. Wir kommen aus einem kleinen Ort, da wünscht man sich manchmal, dass man ganz woanders wäre.

Ihr alle stammt aus Baraboo. Wie ist es dort? 

Matt Holmen: Es ist ein normaler, ländlicher Ort in Amerika. Es hat einen Walmart, Kirchen, Bäume und es ist das Zuhause von dem Ringling Brother Circus.

Matteo Roberts: Überall riecht es nach Kuhmist, weil der ganze Ort von Farmen umgeben ist. In Wisconsin, was ganz in der Nähe ist, gibt es auch einen jährlichen „Cow Chip Throwing Contest“, bei dem es darum, geht wer am weitesten Kuhmist werfen kann.

Monica: Da habe ich schon mitgemacht! (lacht) Und auch bei einem Wettbewerb, bei dem man so weit wie möglich die Kerne aus Wassermelonen spucken sollte. Das hatte in vielerlei Hinsicht etwas Spirituelles. Ich denke, dass das auch einen großen Einfluss auf unsere Songs hat. (lacht) Oh Gott nein, ich mache nur Spaß… Es ist echt jämmerlich!

Matt: Es gibt auch einen Skulpturenpark. Der Mann, der dort alles gemacht hat, widmete dem sein Leben. Aber direkt daneben ist eine Emissionsanlage, die sich „Badger Army Ammunition“ nennt. In den letzten Jahren gab es darum sehr viel Aufsehen. Als ich in der achten Klasse war, hatten wir ein Schulprojekt, bei dem wir uns überlegen sollten was wir mit genau diesem Ort machen würden, wenn man das Ganze platt machen und neu gestalten könnte. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie mein Naturkundelehrer versucht hat mich davon abzubringen einen Park dort anzusiedeln. Er meinte: „Du weißt nie was im Boden sein könnte oder sogar noch tiefer, im Grundwasser.“

Das Leitungswasser ist also tabu für euch?

Matteo: Oh nein, wir trinken es trotzdem! (lacht)

Monica: Nach über zwanzig Jahren, die man es schon getrunken hat, kommt die Erkenntnis, dass man sich damit selbst vergiftet. Aber wer weiß, vielleicht kriegen wir davon auch Superkräfte… Als Betroffener beginnt man aus Verzweiflung irgendwann nur noch mit einem Lachen auf das Problem zu reagieren.

Geht ihr an Musik ernsthafter heran?

Monica: Wenn ich Texte schreibe, kann es schon sein, das ich eine blöde Situation zum Anlass nehme, um ihr in einem Song zu einer positiveren Wendung zu verhelfen. Es kommt oft vor, dass ein Text traurig, die Melodie aber leichtfüßig daherkommt. In unserer Musik soll man Hoffnung aufglimmen hören.

Matt: Ich finde es immer sehr interessant was Monica denkt, worum es in dem Song geht und wie wir als Band den Song interpretieren. Da kann es schon Spannungen geben. Diese Diskrepanz verändert ein Stück auf verwirrende und gleichzeitig auch sehr aufregende Weise. Wir lieben es, erst einmal einfach zu machen und danach zu sehen, was daraus geworden ist und was sich ein jeder dabei gedacht hat.

Monica: Da ist ein Konzert sehr hilfreich. Wenn man zum ersten Mal einen Song live spielt und plötzlich merkt, dass es so gar nicht funktioniert und die Frage aufkommt, was man sich eigentlich dabei gedacht hat.

Was ist bisher euer schlimmstes Live-Erlebnis?

Monica: Einmal habe ich auf der Bühne meine Stimme verloren. Da fühlte ich mich so schuldig. Es ging einfach gar nichts mehr. Ein Gefühl wie bei einer Highschool-Talentshow, bei der auch der nerdigste Teenager noch einen warmen Applaus kriegt. Ganz nach dem Motto: jeder ist ein goldener Star.

Matt: Das Publikum war aber auch betrunken. Genau wie wir. Das hat geholfen.

Ihr müsst mir unbedingt mehr zu eurem Albumcover erzählen. Wieso hängt da ein Hasenkopf an der Wand?

Matt: Das ist ein Jackalope. Eine mythische Kreatur, an die wir natürlich alle glauben. (lacht) Naja, eigentlich hat mein Vater eine komische Obsession mit solchen Sachen und genau dieses gute Stück kommt aus seinem Keller.

Monica: Und auf dem Foto ist mein Dad zu sehen!

Zach Johnston: Das Foto wurde in unserem gemeinsamen Haus aufgenommen, aus dem wir bald ausziehen müssen. Es war uns wichtig mit dem Cover und dem Album auch dieses Haus noch einmal richtig festzuhalten. Denn bald werden wir wohl wieder in den Kellern unserer Eltern leben.

Monica: Das wird so cool! Zwar war uns das Hause eine große Hilfe, aber es ist an der Zeit nach vorne zu schauen.

Jason: Wir sind dort alle ein bisschen verrückt geworden und hinterlassen sicherlich schlechte Vibes…

Was genau ist denn dort passiert?

Jason: Ach, einfach alles. Vom Machen des Albums über feuchtfröhliche Parties bis hin zu Kämpfen. In diesem Haus passierte alles, was nur irgendwie möglich ist.

Matteo: Wir verbrachten 95 Prozent der letzten drei Jahre dort drin. Das Haus ist so wichtig für die Entstehung dieser Band gewesen.

Zach: Wenn wir ausziehen, wird ein Freund von mir alles filmen, um diese besondere Veränderung in unserem Leben festzuhalten.

Matteo: Zach wird beim Auszug der Entspannteste sein, der vor allen fertig ist und sich noch mal kurz aufs Ohr haut während alle anderen überfordert sind. Er ist nämlich bekannt dafür viel umherzuziehen und immer nur einen Wärmekorb mit sich zu tragen. (lacht)

Ihr scheint euch so gut zu kennen. Trotzdem stelle ich mir das beim Aufnehmen eines Albums schwierig vor, wenn man sich ständig gegenseitig ablenkt. Wie bleibt ihr produktiv?

Zach: Sagen wir es so: wir sind Sprinter. Wir rennen keine langen Distanzen. Wenn wir uns dafür entscheiden etwas aufzunehmen, dann geht das schnell und wir schaffen viel in kurzer Zeit. Wir sind nicht faul, sondern fokussiert. Schließlich liebe ich das Musik machen. Ich würde gern viel, viel mehr machen.

Matt: Zach schreibt nämlich auch eigene Songs. Demnächst wollen wir die Arbeit an seinem Album angehen. Ich freue mich schon so sehr darauf! Denn auch wenn nicht PHOX drauf steht, sind es immer noch wir, die alle etwas beizusteuern wissen.

Monica: Und ich mache Vogelgeräusche im Hintergrund nach!

Fotos und Interview: Hella Wittenberg