Michael Schulte im Interview: „Ich glaube, dass ich heute weniger Anläufe brauche, um wirklich gute Songs zu schreiben“

Der deutsche Singer-Songwriter Michael Schulte feiert seit seiner erfolgreichen Teilnahme am Eurovision Song Contest 2018 Erfolg um Erfolg und ist aus den deutschen und europäischen Radiocharts nicht mehr wegzudenken. Im Interview haben wir über den Entstehungsprozess seines neuen Albums „Remember Me“, die gemeinsame musikalische Zukunft mit Kumpel und Sänger Max Giesinger sowie seine Erinnerungen an den ESC gesprochen. 

Herzlichen Glückwunsch zum Release deines neuen Albums „Remember Me“! Wie geht es dir damit und wie hast du die Reaktion darauf bisher wahrgenommen?

Mir geht es sehr, sehr gut mit dem Release meines Albums. Ich bin wirklich sehr happy, wie alles gelaufen ist. Ich war jetzt fast drei Wochen unterwegs, um das Album zu promoten, inklusive einer kleinen Release-Tour – und das war natürlich eine intensive Zeit. Ich bin unfassbar viel herumgekommen. Ich glaube, ich war bei jedem Radiosender in Deutschland und habe zudem auch viele TV-Shows gemacht, plus eben die Konzerte am Abend. Aber es ist alles perfekt gelaufen. Die Reaktionen meiner Fans sind echt super und „Remember Me“ ist außerdem mein erstes Top-10-Album, was in der heutigen Zeit für mich etwas sehr Besonderes ist, da CDs ja nicht mehr das sind, was sie früher mal waren. Auf jeden Fall ein toller Erfolg für mich und mein Team – und deswegen bin ich wirklich sehr, sehr happy. 

Du hast die neuen Songs den Fans im Rahmen von einigen wenigen ausgewählten Shows live vorgestellt. Wie fühlt es sich für dich an, mit neuer Musik auf der Bühne zu stehen? 

Es fühlt sich auf jeden Fall immer geil an, wenn man neue Musik endlich auf die Bühne bringen kann. Man ist natürlich gerade bei den Songs, die man noch nie gespielt hat, immer ein bisschen aufgeregt. Einige der Songs, die auf dem Album sind, haben wir jedoch in den letzten zwei, drei oder sogar vier Jahren schon des Öfteren gespielt, weil einige der Singles ja bereits vor einiger Zeit veröffentlicht wurden, wie zum Beispiel „Stay“ oder „With You“. Besonders war es für mich auch den Song „Hey“ zu spielen, den ich, glaube ich, schon 2018 oder 2019 geschrieben habe und den ich immer so ein bisschen zurückgehalten habe, weil ich nicht wusste, wann ich den rausbringen kann. Und jetzt mit Montez zusammen habe ich gedacht, das passt eigentlich ganz gut und jetzt kann ich ihn endlich rausbringen und somit auch endlich live spielen und das macht auf jeden Fall mega Spaß, weil das einfach ein wirklich ein geiler Live-Track ist.

Wenn du an dein neues Album denkst, welcher Track liegt dir ganz besonders am Herzen und wieso?

„Remember Me“ als Titeltrack und auch als ein sehr persönlicher Track liegt mir besonders am Herzen. Er erzählt aus meinem Leben: Er arbeitet einerseits ein bisschen die Vergangenheit und den frühen Tod meines Vaters auf und erklärt wie ich bin und denke, und andererseits geht es natürlich um die Gegenwart und Zukunft mit meiner kleinen Familie, mit meinen zwei Söhnen – und dementsprechend ist das ein wichtiger Song für mich. 

Und welcher Song gefällt deinen Kindern am besten? 

Meine Kids hören tatsächlich eher Kindersongs. Ich mache jetzt, wenn ein Song von mir im Radio läuft, natürlich nicht aus und meine Kinder checken tatsächlich auch, dass ich das bin und das finden sie auch ganz spannend, aber es ist jetzt nicht so, dass ich ihnen das ganze Album vorspiele. Ich glaube, das kommt noch, wenn sie ein paar Jährchen älter sind.

Auf dem Album findet sich auch dein wunderschönes Duett mit Freund und Sänger Max Giesinger. „More To This Life“. Dürfen wir uns in der Zukunft auf mehr gemeinsame Songs freuen oder war das ein „one off“?

Also, ich glaube, dass da auf jeden Fall mit Max nochmal was kommt. Wann und wie, das steht allerdings noch in den Sternen. Wir haben aber auf jeden Fall auch noch weitere gemeinsame Songs geschrieben. Es ist jetzt ein bisschen die Frage, wann der richtige Zeitpunkt für uns beide ist. Wir werden sicherlich noch sehr lange gemeinsam Musik machen, mindestens 20, 30 Jahre – und es ist auf jeden Fall noch viel Raum und Platz, auch gemeinsame Sachen zu machen. Ein Traum wäre auch nochmal eine kleine gemeinsame Tour, wie wir es ja schon 2012 gemacht haben. Also wie gesagt, es ist noch nichts richtig geplant, aber dass wir darauf beide Lust haben und dass das nicht ein Einzelfall war, das ist klar. 

Neben Max hast du in den vergangenen Jahren mit vielen weiteren Künstlern zusammengearbeitet. Wenn du die freie Wahl hättest – mit wem würdest du gerne mal gemeinsam einen Song schreiben?

Also einen Song zusammen schreiben würde ich natürlich gerne mal mit Ed Sheeran. Auch Justin Bieber oder Lady Gaga fände ich spannend. Es gibt so viele tolle Künstlerinnen und Künstler und es würde mich sehr reizen, mit den ganz Großen zusammenzuarbeiten. Ansonsten, wenn es jetzt nach meinem persönlichen Musikgeschmack geht, hätte ich auch Lust, mal mit Ben Howard oder Bon Iver zu arbeiten. Im Grunde bin ich für Vieles offen.

Deine musikalische Bandbreite hat sich im Verlauf der Jahre stets erweitert. Wie würdest du selbst deine musikalische Entwicklung beschreiben und was ist das verbindende Element? 

Also, ich habe mich auf jeden Fall weiterentwickelt in den letzten Jahren und ich bin auch jemand, der immer nach links und rechts schaut und ein bisschen mit der Zeit geht. Ich habe natürlich auch schon vor zehn Jahren Uptempo-Songs rausgebracht wie Dance Tracks mit Alle Farben. Es sind jetzt also keine Entwicklungen, die ganz neu sind. Aber insgesamt gesehen stimmt es natürlich schon, dass ich jetzt vermehrt schnellere Songs wie die Collabs mit R3hab rausbringe – gerade auch, weil mich viele durch die Ballade beim ESC kennengelernt haben. Das liegt daran, dass ich gerne für meine Live-Konzerte auch Uptempo-Songs am Start habe, damit es einfach eine fette Show wird, und ich habe auch einfach schon sehr viele Balladen und bereits jetzt Schwierigkeiten, zu entscheiden, welche davon ich live spielen möchte, damit es nicht zu viele Balladen beim Konzert werden. Und klar, Uptempo-Songs funktionieren auch oft im Radio etwas einfacher und besser, und dementsprechend ist das natürlich auch etwas, das man im Blick hat. Und ich mag meine Stimme sowieso sehr gerne auf Dance Tracks, deswegen haben wir gesagt, probieren wir es einfach mal und jetzt sind alle durch diesen etwas größeren Erfolg natürlich sehr happy damit. 

Hat sich auch dein kreativer Prozess verändert? Wie gehst du aktuell beim Schreiben und Produzieren deiner Musik vor?

Ich würde nicht sagen, dass sich mein kreativer Prozess sonderlich verändert hat, aber ich glaube, dass ich heute weniger Anläufe brauche, um wirklich gute Songs zu schreiben. Das war vor zehn Jahren oder auch vor acht oder auch sechs Jahren noch ein bisschen anders. Da habe ich sehr viele Songs geschrieben und am Ende war da jetzt vielleicht nicht der große Hit dabei. Mittlerweile haben wir, glaube ich, also mein Team und ich, verstanden, wie man solche Songs schreiben muss, damit sie draußen gut ankommen und vielleicht auch Erfolg haben und auch fürs Radio funktionieren. Und dementsprechend ist die Trefferquote momentan relativ hoch. 

What’s next? Arbeitest du bereits an neuer Musik oder fokussierst du dich aktuell voll und ganz auf die „Remember Me“ Songs?

Ich arbeite eigentlich immer an neuer Musik, auch jetzt nach dem Album. Wenn dieser Album-Marathon beendet ist, dann wird auch schon wieder in die Zukunft geschaut, und es wird auch wieder neue Songs geben, unabhängig von einem neuen Album. Das heißt also ganz neue Songs, die schon am Entstehen sind. Es gibt also auch im nächsten Jahr direkt wieder neue Musik und natürlich steht auch die große Tour auf dem Programm. 

Genau, 2024 gehst du auf „Remember Me“ Tour durch ganz Deutschland. Worauf können sich deine Fans freuen? 

Die 2024 „Remember Me“ Tour wird auf jeden Fall ziemlich geil, glaube ich. Wir werden jetzt, nachdem wir zwei Jahre lang immer die gleiche Show gespielt haben, eine ganz neue Show kreieren. Das heißt, wir werden die Songs ein bisschen umarrangieren, die Übergänge ein wenig verändern und natürlich auch noch ein paar neue Songs mit reinnehmen. Das ist immer sehr aufregend, eine ganz neue Show zu spielen. Und es sind zudem auch die größten Clubs, in denen wir bisher gespielt haben. Das heißt, es wird alles noch einmal etwas größer, auch die Crew – und es wird auf jeden Fall eine geile Show. Wir haben eine schöne Mischung aus ein paar ruhigen Songs, aber auch vielen Songs, die gut nach vorne gehen und bei denen man auf jeden Fall ordentlich feiern kann. 

Deine Kollaboration mit dem niederländischen DJ und Produzenten R3hab, „Waterfall“, hat auch international große Erfolge gefeiert. Planst du denn, im neuen Jahr auch in anderen Teilen Europas live aufzutreten?

Mit „Waterfall“ bin ich zum ersten Mal in sechs Ländern auf der Eins in den Radiocharts gewesen. Das ist natürlich völlig wahnsinnig und total schön für mich – eine Sache, mit der ich so gar nicht unbedingt gerechnet hatte. Aber das ist natürlich wirklich grandios und wir werden sicherlich auch hier und da schauen, dass wir in die anderen Länder reisen können, um dort zum Beispiel Konzerte zu spielen, ein bisschen Promo zu machen oder im TV aufzutreten. Zu krass wird es allerdings nicht werden, denn ich habe jetzt keine Lust, wochen- oder monatelang unterwegs zu sein, sondern wir werden dann eher gezielt immer mal hier und da vorbeischauen und ein, zwei Konzerte spielen. 

Deine Teilnahme beim Eurovision Song Contest ist mittlerweile über fünf Jahre her. Wenn du mit diesem Abstand nun auf deine Zeit in der ESC-Bubble zurückdenkst, was sind deine Gefühle?

Der ESC und gerade auch mein Auftritt, das wird natürlich immer einer meiner Höhepunkte nicht nur in meiner Karriere, sondern auch in meinem Leben sein. Das war ein wunderschönes Abenteuer mit einem tollen Happy End und für mich und sozusagen der Türöffner für meine Karriere. Der ESC hat vieles möglich gemacht für mich die letzten fünf Jahre, da ist wahnsinnig viel Schönes passiert. Ich habe dem ESC sehr viel zu verdanken und bin dem ESC auch natürlich nach wie vor absolut positiv zugewandt. Ich war ja schon immer großer ESC-Fan, auch als ich ganz klein war, habe ich jedes Jahr den ESC geschaut. Ich versuche auch hinter den Kulissen ein bisschen zu helfen, wenn man diese Hilfe annimmt. Und wenn irgendwann nichts mehr hilft, dann muss ich einfach selber nochmal ran (lacht).

Foto © Universal Music