Mark Wahlberg im Interview

Broken City“ führt uns in die korrupten Straßen von New York. In denen endet zunächst Billy Taggarts (Mark Wahlberg) Polizeikarriere, nachdem er einen Kriminellen erschießt, ohne mit der Wimper zu zucken. Dass er nach dieser Geschichte nicht ins Gefängnis wandern muss, verdankt er allein  Bürgermeister Nicolas Hostetler (Russell Crowe). Sieben Jahre später fordert dieser einen Gefallen von dem nun als Privatdetektiv arbeitenden Taggart. Hostetler vermutet, dass ihn seine Ehefrau Cathleen (Catherine Zeta-Jones) betrügt und lässt sie fortan von Billy Taggart beschatten. Doch kaum enttarnt er den vermeintlichen Liebhaber (Kyle Chandler, „Super 8“), wird dieser auch schon ermordet aufgefunden. Und Taggart wird langsam bewusst, dass ein weitaus größerer Skandal hinter alledem steckt.

Für den facettenreichen Thriller rührte der 41-jährige Wahlberg in Berlin höchstpersönlich die Werbetrommel und lud im Ritz-Carlton Hotel zum Gespräch über seine Rolle in „Broken City“, das Aufwachsen als Kind mit 8 Geschwistern und seine eigenen Rolle als vierfacher Familienvater. Leger gekleidet, gut gelaunt und unbefangen erzählt er davon, wie wichtig ihm der 109-Minüter sei und kommt darauf zu sprechen, dass er dieses Mal nicht nur als Hauptakteur, sondern auch als Produzent des Herzensprojekts agiert.

Mark Wahlberg: Allen Hughes und ich sind die Hauptproduzenten des Films. Ich war also überall involviert. Auch bei der Entscheidung den Film unabhängig zu finanzieren, hatte ich Mitspracherecht. Zwar konnten wir nicht jedem das sonst für sie normale Gehalt zahlen, aber das gute Material zog trotzdem die Leute an. Außerdem saß uns so kein großes Studio im Nacken, das von uns zum Beispiel ein fröhlicheres Ende oder eine tränenreiche Entschuldigung meines Charakters haben wollte. Es war uns wichtiger so nah wie möglich beim Original-Drehbuch zu bleiben. Nur wurde der Film dadurch nicht so groß wie wir uns das zunächst ausgemalt hatten. Es standen uns 40 Drehtage zur Verfügung, obwohl es eigentlich 70 oder 80 hätten sein müssen. Es gab also viele lange Arbeitstage. Zum Glück herrschte eine offene und lockere Atmosphäre am Set.

Weiter berichtet er, dass es ihm durch die langen Drehtage um so schwerer fiel, sich von seiner Arbeit loszusagen und dies im Konflikt mit seinen elterlichen Pflichten stand.

Mark Wahlberg: Ein Großteil des Filmes findet zur Nachtzeit statt. Normalerweise kommt man dann also um 7 oder 8 Uhr am Morgen nach Hause, wenn die Sonne bereits aufgegangen ist. Da fällt es schwer zu schlafen und außerdem wollen die Kinder um diese Zeit spielen. Ihnen ist egal, dass ich gerade 13 oder 14 Stunden gearbeitet habe.

Doch wie kann man sich Mark Wahlbergs Kindheit vorstellen? Immerhin wuchs er in einer Familie mit insgesamt 9 Kindern auf.

Mark Wahlberg: Es war immer sehr chaotisch. Aufgrund unserer finanziellen Lage konnte ich mir bestimmte Sachen nicht leisten, die andere Kinder hatten. Aber dafür hatten wir uns. Und das hieß, wenn man fertig gemacht wurde, konnte man immer seine Brüder zur Hilfe holen.

Und inwiefern stellten sich die Eltern als prägender Einfluss dar?

Mark Wahlberg: Sie haben alles getan, um uns versorgen zu können. Aber als Kind findet man seine Eltern trotzdem nicht cool. Man denkt, dass man mehr wüsste als sie. Und nun erlebe ich genau das Gleiche mit meinen Kindern. Ich versuche sie von Dingen zu überzeugen, zu denen mich damals schon meine Eltern ohne Erfolg überreden wollten. So ist das Leben. Man versteht vieles erst, wenn es schon zu spät ist.

Körperverletzungen, Vandalismus und Diebstahl: in Wahlbergs Jugendjahren standen die Sterne weniger gut für eine erfolgreiche Karriere im Filmbusiness. Aber wann fingen seine Träumereien von sich als Kinostar an?

Mark Wahlberg: Ich habe nicht an die Möglichkeit geglaubt in Filmen mitspielen zu können, bis ich Penny Marshall und Danny DeVito kennenlernte. Da war ich 20 oder 21 Jahre alt. Aber meine Liebe zum Kino begann schon viel früher. Ich ging am liebsten mit meinem Vater ins Kino. Er zeigte mir Filme wie „Broken City“. Mit echten Charakteren, wo der Protagonist zwar nicht wirklich gut, aber auch nicht so schlecht ist wie die anderen Typen. Den ersten Film, den ich im Kino sah war „Ein stahlharter Mann“ mit Charles Bronson. Jetzt wollte ich auch endlich bei so einem Film mitwirken. Ich liebe die Welt, in die man bei „Broken City“ eintauchen kann. Mir gefällt besonders an meinem Charakter der Erlösungs-Aspekt. Er opfert seinen eigenen Frieden für das Leben anderer. So etwas fasziniert mich. Wie mich auch Skandale und Korruption faszinieren. Menschen missbrauchen so oft ihre Macht. Das habe ich lange Zeit miterleben müssen, da ich in einem Ort voller korrupter Polizisten aufgewachsen bin.

Doch als ihn das Drehbuch von Brian Tucker erreicht, konnte er sich zunächst eher für die Figur des Bürgermeisters erwärmen.

Mark Wahlberg: Man will immer die Rolle spielen, für die man nicht wirklich der Richtige ist. Als ich „Ted“ las, wollte ich auch lieber der Bär sein. Es ist halt eine dieser großartig knackigen Bösewicht-Rollen, die arrogant und charismatisch zugleich sind. Bei „Scarface“ will doch auch jeder gleich Scarface spielen. Aber Russell Crowe ist allein vom Alter her passender. So ist das nun mal: die Alten wollen die Jungen spielen und andersherum. Zum Beispiel habe ich neulich einen Anruf von Paramount Pictures bekommen. Sie erzählten mir von einem tollen Film für mich, zu dem sie mir das Drehbuch senden wollen. Ohne zu viel zu verraten: es geht um einen jungen und einen alten Typen. Ich wurde ganz aufgeregt und überlegte mir schon Leute für meinen Gegenpart. Vielleicht könnte ich ja meinen guten Freund Jack Nicholsen heranbekommen, mit dem ich schon mal zusammengearbeitet habe. Oder man könnte Robert Duvall beziehungsweise Tommy Lee Jones herankriegen. Nachdem sie mir das Drehbuch geschickt hatten, ich nur noch keine Zeit zum Lesen hatte, riefen sie mich an und fragten, was ich von Garrett Hedlund halten würde. Ich finde ihn großartig. Schon in „Vier Brüder“ haben wir zusammen gespielt. Aber wozu diese Frage? Und sie meinten, dass er den jungen Typen mimen solle. Ich musste so lachen und konnte es kaum glauben. Bin ich etwa jetzt schon der verdammte Alte?

Wie viel Improvisation steckt in „Broken City“?

Mark Wahlberg: Ich improvisiere sehr viel. Ich wollte zum Beispiel einfach mal schauen wie das aussehen könnte, wenn mein Charakter eine Bar verlässt, auf die Straße geht und ausrastet. Für Kampfszenen habe ich dann Freunde von mir engagiert. So konnte ich sicher sein, dass man nichts choreografieren muss. Wir mussten keine Schläge vortäuschen und konnten uns einfach gegenseitig fertig machen.

In den 90er Jahren war Wahlberg noch hauptberuflich Musiker und nannte sich „Marky Mark“. Da musste natürlich die Frage gestellt werden, ob es für die Zukunft wieder musikalische Pläne gibt?

Mark Wahlberg: Das ist definitiv vorbei. Aber es war eine tolle Zeit. Ich war auch oft in Berlin und habe allen möglichen Ärger angestellt. Wenn man in der Welt der Musik tätig ist, hat man keine richtige Disziplin, keinen Fokus. Filme verlangen dagegen eine Menge Disziplin und auch eine gewisse Verantwortung.

Auch wenn er mit der Musik nur noch wenig am Hut hat, so schwirren dem Alleskönner doch unzählige Ideen im Kopf herum. So weiß er weiter zu vermelden, dass er es in der Zukunft erreichen möchte, den von ihm produzierten Inhalt wirklich zu besitzen. Auch wenn „Broken City“ trotz der spannenden Story und makellosen Inszenierung nur solide Unterhaltung bieten kann, so wird man noch viel hören von diesem Mann, der auferstanden ist wie Phoenix aus der Asche. Mit vielversprechenden Projekten wie „Transformers 4“, „ Pain & Gain“ oder auch dem „Ted“-Sequel hat er die Chance erfolgreicher denn je zu werden und weiß zudem stets eine unendlich positive Energie zu versprühen.

Interview und Fotos: Hella Wittenberg


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