Lindi Ortega ist eigentlich ein alter Hase im Showbusiness. Bereits zehn Jahre ist es her, seit sie ohne Unterstützung eines Labels ihr Debütalbum „The Taste Of Forbidden Fruit“ auf den Markt brachte. Trotzdem ist die schöne Kanadierin hierzulande noch recht unbekannt. Morgen erscheint, nach mehrmonatiger Verschiebung, ihr neues Album „Little Red Boots“, auf dem sie ihren eigenen, sehr charmanten New Country Sound nun auch nach Europa trägt. Wir haben mit einer sehr vergnügten Lindi Ortega über ihre kleinen, roten Schuhe gesprochen.
Du unterstützt Brandon Flowers auf Tour als Sängerin auf der Bühne. Sobald du Zeit hast, bist du im Moment mit deiner eigenen Musik unterwegs. Hast du überhaupt freie Tage?
Lindi: Nein, ich habe eigentlich nie frei. Aber das ist ok, ich mag es. Das hier ist keine Arbeit für mich, das ist Spaß. Für mich allein und mit meiner eigenen Musik unterwegs zu sein ist noch total surreal für mich. Vorhin saß ich im Hotelzimmer, habe Interviews gegeben und dachte: Passiert das hier wirklich?
Dabei bist du ja schon richtig lang im Geschäft. Dein erstes Album hast du vor zehn Jahren selbst rausgebracht.
Zehn Jahre! Ist das nicht verrückt? Wie die Zeit verfliegt! (lacht)
Was hat sich seit den Anfängen zu jetzt für dich am meisten verändert?
Ich war damals ein ganz anderer Mensch. In zehn Jahren entwickelst du dich ständig weiter, nicht nur musikalisch, sondern insgesamt. Ich nenne diese Zeit gerne einen langsamen Aufstieg. Ich hatte nie wirklich Phasen, in denen es steil bergauf ging. Manchmal bin ich zurückgefallen und musste nochmal neu anfangen. Meine allererste Platte war damals ein Klavier-orientiertes Cabaret-artiges Album. Aber es gibt einen Song darauf der heißt „Tomorrow You Say Goodbye“, der war etwas Country angehaucht. Auf meinem nächsten Album gab es schon vier Country Stücke. Es war also ein langsamer Prozess, der mich dem Country näher gebracht hat. Und sieh mich jetzt an, ich trage Cowboystiefel und Cowboyhemden… jetzt lebe ich es!
Bist du denn mit Country Musik aufgewachsen?
Ein wenig. Meine Mutter war ein Country Fan und hat viel Willie Nelson, Dolly Parton und Linda Ronstadt gehört. Trotzdem hat es bei mir eher plötzlich angefangen und ist irgendwann zu einem Lebensstil herangewachsen.
Mein Vater war großer Country Fan, als ich klein war. Damals fand ich es furchtbar, aber mit den Jahren habe ich selbst festgestellt, dass ich mich zu dieser Musik doch sehr hingezogen fühle. Vielleicht kehrt man ja automatisch zu dem zurück, das man mit seiner Kindheit verbindet.
Ja, ich denke du hast recht! Ohne meine Eltern wäre ich nie in diese Richtung gegangen. Lustig ist nur, dass überall auf der Welt, wo ich hinkomme, die Leute meine Musik als Country bezeichnen. Da wo ich herkomme jedoch weiß niemand, wie er sie nennen soll. „Ach, das ist doch gar nicht wirklich Country!“ bekomme ich oft zu hören. Ich weiß, dass meine Musik von alten Country Nummern beeinflusst ist und ich liebe so vieles an dieser Kultur. Für mich ist es einfach ein riesen Spaß. Ich liebe es, wenn die Leute zu meinen Shows kommen und Cowboyhüte tragen. Es ist mir auch egal, wie die Leute meine Musik nennen, solang sie gehört wird.
Erzähl mir von deinen roten Stiefel.
Ok, hier kommt die Geschichte. Ich habe sie gekauft, als ich auf einem Trip zum Songschreiben in Nashville war. Rot ist meine Lieblingsfarbe und ich wollte unbedingt rote Cowboystiefel haben. Wo kann man die besser kaufen als in Nashville? Ich laufe also in den ersten Laden und sehe direkt diese Schuhe. Und seitdem ich sie gekauft habe, habe ich sie buchstäblich nicht mehr ausgezogen. Heute hat mich jemand gefragt ob ich auch andere Schuhe trage. Ich versuche es zu vermeiden! Seit drei Jahren trage ich sie nun und schau, die Sohle kommt schon runter. Ich habe sie mit Klebeband festgeklebt.
Ich bin immer fasziniert davon, wenn Musiker sich ganz allein nur mit ihrer Gitarre auf die Bühne stellen. Ich stelle mir das hart vor, die Königsdisziplin sozusagen.
(lacht) Ich bin es gewohnt. Alle meine Vorbilder tragen ihre Musik allein mit ihrer Gitarre. Sie brauchen die Band nicht, auch wenn es toll ist, wenn sie sie mal dabei haben. Die meisten meiner Shows bin ich allein auf der Bühne. Manchmal habe ich eine Band dabei und der volle Sound ist toll, aber mit nur mir und meiner Gitarre ist es viel intimer. Grundsätzlich bin ich es aber einfach gewohnt, ich nehme meine Gitarre überall mit hin und spiele, wo es nur geht.
Viele Jahre hattest du gar kein Label. Dann hattest du einen Vertrag mit Cherrytree Records, neben dir auch dem ehemaligen Label von Lady Gaga…
Ich weiß. Ich weiß. Nun ja, so war’s! (lacht) Als ich bei Cherrytree unterschrieben habe, hatten sie Leute wie Feist unter Vertrag, die ja nun eine der wunderbarsten Kanadischen Künstlerinnen ist. Sie hatten auch Noah And The Whale und eine Menge anderer toller Leute, weshalb ich dachte, das könnte gut sein. War es auch, am Anfang. Dann kam Lady Gaga, und mit ihr hat sich einiges geändert, vor allem die Künstler, die sie unter Vertrag genommen haben. Ich habe die Veröffentlichung meines Albums lange kommen und gehen sehen, und irgendwann wurde mir klar, es wird so nicht passieren. Ich habe heute keine schlechten Gefühle ihnen gegenüber, ich habe nur irgendwann nicht mehr reingepasst. Und ich bin froh, dass es dann so gelaufen ist, wie es jetzt ist.
Zum Abschluss habe ich ein Zitat für dich und wüsste von dir gern, wer es gesagt haben könnte.
Ok, cool!
„I’m quite content with who I am. If you ain’t well kiss my ham, cause I’m country to the bone.”
Dolly Parton.
Richtig!
(lacht) Ich habe nur überlegt wer sagen würde “kiss my ham”… Sie ist unglaublich. Ich liebe sie, sie ist wie sie ist und hat so viel Selbstvertrauen. Es ist schön eine Frau zu sehen, die so eine starke Persönlichkeit ist. She’s the real deal!
Interview: Gabi Rudolph
„Little Red Boots“ erscheint in Deutschland am 11. November. Wir haben 3 CD Exemplare des Albums für euch gesichert! Wenn ihr gewinnen wollt, schickt uns eine E-Mail mit dem Betreff „Lindi Ortega“ an gewinnen(at)fastforward-magazine.de. Einsendeschluss ist der 31.11.2011. Viel Glück!