Der schöne Mann hat auf sich warten lassen. Lenny Kravitz ist spät, die Bühne leer und die Halle nicht voll. Das Publikum ungeduldig.
Irgendwann steht der 50-jährige US-Superstar dann doch auf der Bühne. Genauso wie man ihn in Erinnerung hat. Locker und lässig mit Sonnenbrille, Rocker-Stiefeln und Ledermantel tänzelt der gute alte Lenny wie in jungen Jahren auf der Bühne und heizt dem Publikum richtig ein. Vergessen die lange Wartezeit. Mit dem Auftaktsong „Dirty White Boots“ seiner „Strut“ Show legt er dann gewaltig los, so wie es das Publikum ersehnt.
Neben drei Gospelsängerinnen, einem Gitarristen, Bassisten und Drummer geben auch ein Orgelspieler und zwei Bläser ihre Künste zur Schau. Lenny steht keineswegs alleine im Mittelpunkt und wurde mit fetten Bläsersektionen, unzähligen berauschenden Gitarren- und Saxophonsolos seiner euphorischen Band wiederholte Male abgelöst.
Mit Aussagen wie „Berlin, ich war 1989 schon hier. Ich war in Ostberlin, bevor es cool war, im Osten zu sein“ oder „Berlin, hier ist jeder ein Künstler“ macht er sich bei den rund 7000 Fans zweifellos beliebt. Die Frauen himmeln ihn an und die wenigen Männer im Publikum wären vielleicht gern ein bisschen so wie er. Mit Dreitagebart und purer Leidenschaft singt er sich die Seele aus dem Leib und springt regelmäßig von linkes nach rechts.
Klar gefeiert werden seine Klassiker wie „Are You Gonna Go My Way“, „Fly Away“, „American Woman“ oder „It Ain’t Over ‚Til It’s Over“. Da sitzt jeder Ton und jedes Riff. Bei den eher unbekannteren Songs wippt das Publikum auf den Rängen und im Innenraum ebenfalls beständig mit, auch wenn keiner komplett ausflippt. Man merkt schnell, die Lust am Experimentieren fehlt, aber mit einem Mix aus Rock’n’Roll, Funkelementen und Soulanteilen sorgt Lenny musikalisch für eine gewisse Dynamik. Der visuelle Höhepunkt ist die schwarz/weiß-Bilder Projektion zu seinem Song „New York City“, die die Bühne für einige Minuten zum Leben erweckt. Lediglich diese Leinwand im Hintergrund lässt die Show in der großen Halle nicht verfremdet wirken.
Im Großen und Ganzen ein solides, rockiges Lenny Kravitz Konzert, das mit einer simplen Bühnenshow ohne etwaigen Schnickschnack auskommt und hauptsächlich durch die Euphorie der Musiker und deren Leidenschaft zur Musik glänzt, auch wenn die Band mit ihren teilweise über die Stränge geschlagen hat. Die Zugabe am Ende ließ das Publikum dann doch noch entflammen, tanzen und singen. Einige seiner Fans haben davon allerdings nichts mehr mitbekommen.
„It’s Rock’n’Roll, Baby!“ Lenny Kravitz lässt es eben krachen, ohne das Rad neu zu erfinden. Wer darauf steht, ist hier genau richtig.