Abschied tut weh.
Kaum feiern die Klaxons neunjähriges Bandbestehen, da geben sie auch schon bekannt, dass die diesjährige Headliner-Tour ihre letzte sein wird. Das Wieso, Weshalb, Warum nannte das britische Trio nicht. Auch über das, was danach noch kommen mag, schweigen sich Jamie Reynolds, James Righton und Simon Taylor-Davies aus. Das Akzeptieren einer derart drastischen Entscheidung fällt umso schwerer, wohnte man ihrem Konzert am 12. November im Berliner Lido bei – ein Versuch des Abschiednehmens.
Oder ist das alles nur ein gut geplanter, großer Spaß? Denn diesen nehmen die Klaxons, wie sie bereits des Öfteren in Interviews zum 2014er Album „Love Frequency“ durchblicken ließen, tatsächlich sehr ernst. Zumindest strahlen sie wie übergroß gewachsene Kinder, die etwas ausgeheckt haben, als sie die Bühne um kurz nach 21 Uhr an diesem Mittwochabend betreten. Ganz in Weiß gekleidet wollen sie, live zum Quartett aufgestockt, jedoch zunächst den Eindruck der Unschuldslämmer vermitteln. Das Publikum will es ihnen gerne glauben. Denn sie werden erst einmal mit einer Handvoll Hit-Bonbons von allen drei Alben angefüttert. Wie ein ewiges Medley, bei dem man Anfang und Ende bei all der Tanz- und Mitsingbarkeit gar nicht mehr auseinanderhalten kann. Erst als das Weiß der Shirts und Hosen an den Körpern zu kleben beginnt und die Herren weniger brav als rock’n’rollig wirken, kommt es zum verstärkten Einsatz der neuen Stücke. „There Is No Other Time“, „New Reality“ und „Atom To Atom“ sorgen sogleich für zackigere Bewegungen im Flimmerlicht des Lidos. Jamie und James reißen immer wieder die Arme nach vorne, animieren zum Takt anklatschen und nach rund einer Stunde sieht man auch ein wenig mehr vom Wonnegesicht Simons, der sich zuvor lieber hinter einer dichten Haarfront versteckte.
An dem Mangel von Spaß kann es wohl kaum liegen, dass Klaxons von einer weiteren Headliner-Tour absehen. Von einem Mangel an Fans können die UK-Boys auch nicht sprechen. Denn zum Ende ihres Berlin-Konzerts laden sie zu sich auf die Bühne ein – und mit einem Mal sind die Männer im vornehmen Weiß umzingelnd von ausgelassen tanzenden Menschen, die sie umarmen, auf die Wange küssen und Fotos mit ihnen knipsen wollen. Was können sie mehr wollen? Wieso sich dem Entziehen? Das Hauptstadt-Publikum zeigte es an diesem Abend sehr deutlich, dass es willens ist, sich vollkommen zu verausgaben und dafür noch mehr von den Klaxons haben zu wollen.
War dabei: Hella Wittenberg