Gehört: Ventriloquizzing von Fujiya & Miyagi
Die vierköpfige Band aus Brighton, die den Anschein erweckt, dass es sich um ein japanisches Duo handelt oder Fotokameras, ist mit ihrem vierten Studioalbum zurück. Zusammen brachte die Jungs gemeinsame Interessen; sie lieben Fußball, die elektrischen Klänge der 80er und 90er Jahre und Krautrock. Als eine eigenartige Mischung aus James Brown auf Valium und Wire (britische Punkrockband der späten 70er Jahre) umgesattelt auf Popmusik, beschreiben die vier Jungs aus Brighton ihren Sound, der wie eine kunterbunte Ansammlung aus Klängen von „Kraftwerk“, „Neu!“ oder den „Talking Heads“ wirkt.
Das Charakteristische ihrer Musik, so Frontmann David Best in einem Interview, sei ein Verarbeiten all dieser Einflüsse. Resultat ist ein poppiger und tanzbarer Krautrock, der in der Techno- und Houseszene zahlreiche Anhänger begeistert. Nach dem 2008 veröffentlichten „Lightbulbs“, das Anklänge von zurückgeschraubtem Funk, treibende Grooves und Beats aufwies über die Sänger und Gitarrist David Best seinen zart geflüsterten Gesang packte, soll nun ein Umbruch, eine Neuausrichtung folgen. „We wanted to make a record that was diffrent from anything we had done before,“ so David Best. Ein Album also, das eine neue musikalische Richtung einschlägt und eine ungekannte Atmosphäre erzeugt.
Und das Quartett hält was es verspricht. Schon der gleichnamig Opener „Ventriloquizzing“ erzeugt eine neue, dunkle Atmosphäre. Die treibende Gitarre und das dezente Schlagzeug erzeugen ein minimalistisches Beatgerüst. Die Songs scheinen zu schweben, suchen auf den ersten Blick keine Nähe. Aggressiv und entspannt zugleich. Doch die Briten halten an ihrem Markenzeichen, dem Element des wiederkehrenden minimalistischen Funk, fest. Und auch am elektronische Sound der 70er, allerdings mit dem Kick der Neuzeit. Dem Kick von Fujiya & Miyagi.
Es ist ein Wandeln auf musikalischen Seitenpfaden des Pops, ein Beinahetanzen anziehender Rhythmen und Grooves („Cat Got Your Tongue“). Doch manchmal wirkt das alles ein wenig zu eintönig, bedarf es zu oft eines „Sich-hinein-hörens“, wie etwa beim letzten Track „Universe“. Dann wird minimalistisches unscheinbar und der anfangs leichte und liebliche Gesang von David Best zu einem monotonen Gehauche.
Die Texte sind originell („Tinsel & Glitter“) und konfrontationsfreudig, handeln von geheucheltem Ökotum oder dem Mythos vom „Chanctonbury Ring“. Läuft man sieben Mal rückwärts um eine Baumansammlung in Englands Süden, so soll der Teufel erscheinen und einem Suppe servieren („Minestrone“).
Am 14. Januar erscheint „Ventriloquizzing“ in Deutschland. Ein rundes, simples Album. Übrigens: Fujiya ist eine japanische Firma, die Plattenspieler herstellt. Miyagi der „Karate Kid“ Meister. Darüber hinaus, so David Best, sehe der Name niedergeschrieben schön aus. Es muss nicht immer kompliziert sein. So einfach ist es manchmal.
Gehört von: Sebastian Schelly