Die norwegische Band Highasakite fährt mit ihrem zweiten Album „Camp Echo“ gerade viel internationale Beachtung und jede Menge euphorischer Kritiken ein. Zu Recht! Im Interview haben uns die beiden Damen der Band, Ingrid Helene Håvik und Marte Eberson, erzählt wie sie über die Jahre als Band zusammen gewachsen sind, warum sie besonders stolz auf ihr neues Album sind und wie sie durch die Arbeit an „Camp Echo“ zu mehr Selbstbewusstsein gefunden haben.
Ihr wart in den letzten Jahren viel unterwegs, habt Shows gespielt, euer Debütalbum raus gebracht. Es wirkt als hättet ihr in einer Tour gearbeitet. Wie habt ihr euch auf die Arbeit an „Camp Echo“ vorbereitet? Hattet ihr die Möglichkeit, zwischendrin Kraft zu schöpfen?
Ingrid: Tatsächlich haben wir einen Teil der Songs in einem Spa Hotel geschrieben. Für unser erstes Album bin ich nach Istanbul und New York gereist, um mich inspirieren zu lassen. Inzwischen sind wir so viel gereist, dass ich mich nur noch entspannen und ein bisschen allein sein wollte.
Marte: Wir hatten nicht so viel Zeit um uns zu entspannen. Ich glaube, wir haben inzwischen auch gelernt kreativ zu sein, ohne eine Entspannungszone zwischendrin. Wir versuchen eher, unser Energielevel aufrecht zu halten, indem wir uns gegenseitig Musik vorspielen und überlegen was wir tun könnten. Wir sind alle sehr ehrgeizig, wollen alles immer besser machen.
Ingrid: Wir haben mit dem Touren schon mindestens ein Jahr bevor unser Debütalbum raus kam angefangen. Das hier ist jetzt unser Leben. Wir sind dran gewöhnt. Als wir im Frühling eine Pause hatten, haben wir uns immer wieder gegenseitig auf Facebook kontaktiert. Hey, was machst du gerade…
Marte: Wir denken uns immer irgendetwas aus, das wir tun können. Selbst wenn wir denken dass es gut wäre mal einen Monat Pause zu haben, endet es wieder damit, dass wir uns gegenseitig Bilder und Musik schicken oder wir planen unsere Live-Shows.
In den wenigen Momenten die ihr Pause macht, seid ihr dann froh wenn ihr euch nicht sehen müsst und auch mal Zeit für euch selber habt oder vermisst ihr euch auch privat schnell?
Marte: Ich kann überhaupt nicht gut allein sein. Ich fühle mich am Besten wenn ich mit der Band zusammen bin. Ich liebe die Energie und fühle mich lebendig. Wir verstehen uns gut, diskutieren aber auch viel. Natürlich ist es auch wichtig, nach Hause zu kommen. Kristoffer, unser Gitarrist, lebt nicht in Oslo. Das ist furchtbar, ich vermisse ihn sehr wenn er nicht da ist. Wenn ich Zuhause bin brauche ich trotzdem das Gefühl, dass ich mit den anderen jeder Zeit ein Bier trinken kann.
Ingrid: Mir geht es genauso.
Im Vergleich zu eurem Debütalbum habt ihr bei „Camp Echo“ ganz schön das Tempo angezogen. Es klingt viel weniger verträumt, eher getrieben.
Marte: Es hat viel mehr Attitude. Sowohl wie Ingrid singt als auch die Arrangements und die Sounds. Die Beats sind viel direkter.
Ingrid: Es ist ein viel aggressiveres Album.
Marte: Right in your face.
War es euch ein Anliegen, direkter, aggressiver zu klingen oder hat euch selber überrascht, dass es sich so entwickelt hat?
Ingrid: Wir haben einige Songs geschrieben und am Ende die ausgewählt, die uns am meisten angesprochen haben. Und das waren die die direkter, offener waren. Auch der elektronische Sound hat vom Gefühl her diesmal besser zu uns gepasst.
Marte: Wir haben nicht viel darüber gesprochen, es ist mehr passiert. Trond, unser Schlagzeuger, hat dieses Mal mehr mit elektronischen Mitteln gearbeitet, wir haben viel Electro Musik aus den späten Neunzigern gehört, wie The Prodigy und The Beasty Boys. Dieser ravige Sound hat uns gut gefallen und wir fanden, dass er gut zu Ingrids Art zu singen passt. Es hat sich sehr natürlich angefühlt.
Visuell seid ihr auch um einiges düsterer geworden. Als ich euch zum ersten Mal live gesehen habt, habt ihr euch noch mit Federn und Kriegsbemalung geschmückt.
Ingrid: Ja. Das war im Nachhinein vielleicht ein bisschen seltsam, aber wir fanden es cool (lacht). Es hat zu dem gepasst was wir damals gemacht haben. Mit unserem Sound hat sich jetzt auch unser Look verändert.
Was man direkt beim Video zu „Someone Who’ll Get It“ zu spüren bekommt. Ich habe mich ja ein bisschen gefürchtet, als ich es zum ersten Mal gesehen habe.
Ingrid: Ja? Findest du es eklig?
Nicht eklig. Eher verstörend.
Ingrid: Mich nimmt es nicht so mit, weil ich ja bei den Dreharbeiten mitten drin war und mehr daran denken muss, wie es technisch gemacht wurde.
Marte: Ich finde es aber auch sehr ästhetisch. Es ist verstörend, hat aber eine gewisse Eleganz. So sind wir irgendwie (lacht).
Wie seid ihr auf die Idee gekommen? Das Cover von „Camp Echo“ geht ja in eine ähnliche Richtung.
Marte: Wir wollten auf jeden Fall etwas Düsteres. Aber nicht zu finster. Schlicht aber eindrucksvoll. Wenn es um die visuelle Seite der Band geht schicken wir uns oft gegenseitig Bilder, wenn uns etwas unterkommt, das uns anspricht. Daraus entwickelt sich meist eine Idee.
Gibt es etwas, worauf ihr besonders stolz seid, wenn ihr an eure Arbeit als Band denkt?
Ingrid: Ich bin sehr stolz auf dieses Album. Es ist das erste Mal, dass wir etwas so elektronisches gemacht haben. Dass wir das hin gekriegt haben, macht mich sehr stolz. Ich hatte ursprünglich Angst meine Songs könnten zu lyrisch sein für einen elektronischen Sound. Wir haben sehr gut zusammen gearbeitet.
Marte: Je mehr wir darüber sprechen, umso entspannter werde ich. Selbst wenn es passieren sollte, dass das Album nicht die besten Kritiken kriegt, ist es irgendwie egal. Wir hatten so einen guten Arbeitsprozess. Ich bin auch sehr stolz darauf. Ich glaube, es ist das Beste, was ich jemals gemacht habe.
Fühlt ihr euch sicherer als bei eurem ersten Album?
Marte: Nicht sicherer in dem Sinne ob es erfolgreicher wird als das erste, aber mir selber gegenüber absolut. Wenn jemand zu mir sagen würde dass er es nicht mag, kann ich ihm sehr genau erklären warum es mir anders geht. Das erste Album war ja recht erfolgreich. Und ich dachte trotzdem die ganze Zeit, dass es noch so vieles gibt, was ich auf dem zweiten ausprobieren will. Das haben wir auf jeden Fall geschafft.
Ingrid: Es fühlt sich mir viel näher an.
Ich finde ja, dass „Camp Echo“ genau das Album ist, das ihr machen musstet. Es passt irgendwie besser zu euch als euer Debüt.
Marte: Ja. Das verstehe ich (lacht). Es ist ein großer Fortschritt. Bei „Silent Treatment“ hatten wir auch vorher noch nie im Studio zusammen gearbeitet. Es gab damals noch viel mehr, das uns nebenher beschäftigt hat, worum wir uns kümmern mussten. Es war damals nicht so leicht zu sagen: Ich möchte das so und so und so. Wir mussten es irgendwie fertig kriegen und es sollte natürlich gut werden. Und das ist es auch. Aber eben nicht so auf den Punkt wie „Camp Echo“.
Ingrid: Die Musik ist einfach viel direkter aus mir heraus gekommen. Damals war es so dass wir einen Song hatten und dachten hey, okay, lasst ihn uns spielen. Wir hatten keine so klare Vision wie dieses Mal.
Marte: Das hat sich auch in unserer Zusammenarbeit mit dem Produzenten gezeigt. Wir konnten ihm viel genauer sagen, was wir wie haben wollten.
Ingrid: Er hat auch sofort verstanden was wir wollten. Und er liebt Synthesizer. Er hat diese Wand voller Synthesizer.
Marte: Es war gut, dass er da war. Wir wollten es ursprünglich sogar noch elektronischer, aber ihm war wichtig, dass das Organische nicht verloren geht. Was ja auch ein Teil des Highasakite Sounds ist.
Im Sommer kommt ihr mit den neuen Songs auf Tournee. Habt ihr schon ausgearbeitet wie ihr sie live umsetzen werdet?
Ingrid: Noch nicht so wirklich. Wir haben bis jetzt nur einzelne Songs in TV Shows gespielt. Aber wir haben eine großartige Lichtdesignerin. Es wird eine sehr rhythmische Live Show werden.
Ich bin sehr gespannt wie es wird, ohne die Federn.
Marte: Du wirst wahrscheinlich eine selbstbewusstere Band sehen.
Interview: Gabi Rudolph
Highasakite live:
24.-26. Juni 2016 Hurricane Festival – Scheeßel
24.-26. Juni 2016 Southside Festival – Neuhausen ob Eck
28. Juni 2016 Gleis 22 – Münster
29. Juni 2016 Musik & Frieden – Berlin