Ein Teil Wahnsinn. Ein Tropfen Gerechtigkeit. Vier Viertel Rum. Ordentlich Schütteln.
Nach fast zwanzig Jahren der Abstinenz auf dem Regieposten hat sich der Brite Bruce Robinson („Withnail & I“) dazu entschieden Hunter S. Thompsons Roman „The Rum Diary“ als Tribut an den großen Schriftsteller, der 2005 verstarb, zu verfilmen. Eigentlich keine schlechte Idee, bedenkt man, dass der „Fear and Loathing in Las Vegas“-Star Johnny Depp auch mit an Bord ist. Vielleicht liegt es am stark vom Original abweichenden Drehbuch aus der Feder von Robinson oder aber an der zwar witzig satirischen, jedoch kaum vorhandenen Handlung für einen zweitstündigen Film – der Funke will partout nicht überspringen.
Dem aufstrebenden Journalisten Paul Kemp (Johnny Depp) steht Puerto Rico bevor. Ein Ort voller Verheißung, Irrwege und Rum. Dort soll er im Jahre 1959 mit seiner forschen Handschrift ein wenig frischen Wind in die kleine Zeitung The San Juan bringen. Chefredakteur Lotterman (Richard Jenkins, „Ein Sommer in New York – The Visitor“) sieht in ihm die Rettung, allein deshalb, weil Kemp der Einzige war, der sich auf die Stelle meldete. Das muss Motivation genug sein. Doch durch Sauftouren mit seinen Kollegen Sala (Michael Rispoli, „Die Entführung der U-Bahn Pelham 123“) und Moberg (Giovanni Ribisi, „Contraband“) wird sein Enthusiasmus für den Job schnell gehemmt. Er beginnt sich zudem für die makellose Chenault (Amber Heard, „Drive Angry“) zu begeistern, die jedoch bereits an den amerikanischen Unternehmer Sanderson (Aaron Eckhart, „The Dark Knight“) vergeben ist. Kemp muss sich schließlich entscheiden, ob er Sanderson mit wohlformulierten Worten voller Belobigung bei seinem gewünschten kapitalistischen Paradies weiterhelfen, sich allein der Eroberung von Chenault oder dem schnöden Journalisten-Alltag widmen möchte.
Johnny Depp ermöglichte erst die Verwirklichung des Films. Zum einen entdeckte er bei einem Besuch bei Hunter S. Thomspon zusammen mit ihm das Buch, welches der Autor im Alter von 20 Jahren geschrieben hatte und ermutigte ihn dazu damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Zum anderen überredete er Bruce Robinson seinen selbstgewählten Ruhestand endlich aufzuheben. So viel Emsigkeit sollte wirklich belohnt werden. Doch neben der Hauptrolle – endlich einmal ganz ohne ausgefallene Kostümierung – hat Depp nicht viel von „Rum Diary“. In Amerika floppte das gute Stück gnadenlos und es hagelte Negativkritiken, auf die der 49-jährige patzig reagierte. Seiner Meinung nach seien die Amerikaner schlichtweg zu dumm für den Streifen. Nur so einfach kann man dies als Zuschauer nicht abtun, da letztlich nicht viele Punkte für den Film sprechen. Natürlich schmeicheln eine mit Diamanten besetzte Schildkröte, schöne Sandstrände und Nahaufnahmen von Amber Heard dem Auge. All das lenkt aber nicht ausreichend von dem fehlenden roten Faden ab. Was nicht wenig an der oberflächlichen Darstellung der Charaktere liegt. Zum Beispiel scheint Giovanni Ribisi als schräger Schreiberling stets bereit in den Startlöchern für eine ganz außergewöhnliche Leistung zu stehen, nur lässt man ihm trotz vieler Längen nicht einmal annähernd zum Zuge kommen. Auch Aaron Eckharts Talent als piekfeiner Pinsel darf nur kurz durchschimmern, um dann doch Depp noch mehr Platz einzuräumen. Dessen Figur will jedoch nie so richtig in die Gänge kommen, weshalb man am Ende als Zuschauer den Kinosaal ganz ohne nennenswerte Höhepunkte verlassen muss.
Kinostart: 02. August 2012
Gesehen von: Hella Wittenberg