4 Jahre nach der Trennung reist Ahmad (Ali Mosaffa, „Leila“) von Teheran wieder nach Paris, um nun die Scheidung von Marie (Bérénice Bejo, „Mademoiselle Populaire“) abzuschließen. Sie hat mittlerweile einen neuen Mann an ihrer Seite (Tahar Rahim, „Der Adler der neunten Legion“), von dem sie ein Kind erwartet und den sie heiraten möchte. Doch je mehr Zeit Ahmad bei Marie verbringt, desto umfangreicher werden die Probleme, die zu Tage treten. Während sich Maries Tochter Léa (Jeanne Jestin) nur etwas zurückhaltend erscheint, streitet sich die ältere Tochter Lucie (Pauline Burlet, „La vie en rose“), seit dem der neue Lebenspartner eingezogen ist, unaufhörlich und am liebsten würde sie gänzlich ausziehen. Auch der Sohn von Maries Freund (Elyes Aguis) verhält sich auffällig aggressiv und Ahmad kommt so langsam den Geheimnissen der neuen Familienkonstellation auf den Grund.
Nach dem Oscar-prämierten Drama „Nadir und Simin – Eine Trennung“ kommt nun das nächste, nicht minder komplexe Meisterwerk von Asghar Farhadi ins Kino. Wer den Vorgänger des iranischen Regisseurs und Drehbuchautoren mochte, der wird auch an diesem Film seine Freude haben. Behutsam, Schicht für Schicht, tastet sich Farhadi bei seiner Erzählung über das Vergangene voran. Zunächst fällt der Blick auf das geschiedene Paar Marie und Ahmad. Ihre Hartherzigkeit wirkt genauso fragwürdig wie die uneingeschränkte Anteilnahme Ahmads. Dann lenkt man das Scheinwerferlicht auf die Kinder, insbesondere auf Lucies Wut. Wieso kommen Tochter und Mutter nicht mehr zu einander?
„Alle meine Geschichten sind nicht-linear. Ihre Handlung geht nicht von Punkt A zu Punkt B. Ich habe immer mehrere Geschichten, die ich parallel entwickle und die irgendwo zusammenlaufen. […] Ich schreibe intuitiv. Ich beginne mit einer Synopsis und hinterfrage diese sofort. So versuche ich, mehr über die wenigen Informationen herauszufinden, die ich habe.“ (Asghar Farhadi)
Das Aufwickeln der Geschehnisse ist so spannend und nervenaufreibend wie ein Thriller, in dem man sich fragt, weshalb der Protagonist (Ahmad) so ganz allein immer tiefer in den dunklen Wald gehen muss. Wundervoll zurückgenommen spielt Ali Mosaffa den Zurückkehrenden, der wie ein Katalysator für die Zerwürfnisse in der neu entstandenen Familie ist. Ebenbürtig steht Bérénice Bejo neben ihm, die bereits in dem Stummfilm „The Artist“ ihr Talent für große Gesten zeigen konnte. In „Le Passé – Das Vergangene“ besteht Bejos Leistung darin stets eine passiv aggressive Ausstrahlung um sich zu haben, der trotzdem etwas Liebevolles inne wohnt. Jedoch muss gesagt werden, dass letztlich ein jeder Schauspieler das Drama zu diesem herausragenden Stück Filmgeschichte macht, was es nun ist – ein so perfekt in Dialog und Bild eingefangenes Werk, dass man es immer wieder schauen möchte, um all die Nuancierungen, mit welchen Asghar Farhadi aufwartet, würdigen zu können.
Kinostart: 30. Januar 2014
Gesehen von: Hella Wittenberg