Das Drama „Blue Valentine“ ist der kalte Spiegel der unergründlichen Hässlichkeit einer Beziehung. In all ihren Etappen. Mit Schulterblicken zurück auf den blumigen Anfang vor vier Jahren, samt musikalischer Einlage des Protagonisten Dean (gespielt von Ryan Gosling, der seine stimmliche Leistung bereits bei seinem 2009er Debütalbum von „Dead Man’s Bones“ unter Beweis stellte) und doppeldeutigen Komplimenten. All das beansprucht ein ums andere Mal die Lachmuskeln. Die Schattenzeiten, die Endzeitstimmung verbreiten, begleiten die New Yorker Band Grizzly Bear mit Stücken wie „Lullaby“ oder auch „Easier“. So zieht man ängstlich die Schultern hoch, bewegt sich das Paar (Michelle Williams ist als Cindy auch mit von der Partie) von lustvollem Bettgeflüster zur nicht kontrollier-, aber diskutierbaren Gefahrensituation. Da Szenen wie diese unter der Dusche in einem futuristischen Hotelzimmer (als sie die letzte klägliche Flucht aus dem Alltag suchen) zwei Tage lang in intimster Atmosphäre gedreht wurden, wirken sie auch dementsprechend erschreckend real.
Die Medizinstudentin Cindy lernt den bodenständigen Dean im Altersheim kennen als dieser dort als Umzugshelfer einen Job erledigt und Cindy wieder einmal ihre Großmutter besucht. Regisseur und Drehbuchautor Derek Cianfrance wünschte sich dafür besonders authentische Orte und so wurde keine nebensächliche Darstellerriege ausgewählt, sondern man nahm sich den echten Mitarbeitern einer bestehenden Umzugsfirma an. So auch der Fall bei dem Altersheim, wo nur die dort lebenden Menschen gefilmt wurden. Damit erschuf man ein fast zwei Stunden langes Werk, welches nur so vor garstiger Ehrlichkeit und authentischer Anmut strotzt. So subjektiv solche Empfindungen auch sein mögen, eine derartige Darstellung gehört eher in einen Dokumentarfilm, wo die der Welt innewohnende Hässlichkeit schlichtweg dazugehört. Doch „Blue Valentine“ wirbelt bekannte Trennungsmuster auf. Denn wie bindend kann schon ein in guten Zeiten gegebenes Versprechen sein? Wie kann Verzweiflung eine schwächelnde Ehe retten? Cianfrance wollte als Kind geschiedener Eltern seine eigenen Erlebnisse in Kinofilmlänge verarbeiten. Dies war ihm ein inneres Bedürfnis, an welchem er letztlich ganze elf Jahre voller berauschender Höhen und noch niederschlagenderer Tiefen arbeitete. Damit wird dem Zuschauer ein ganz schön schwer verdaulicher Gefühls-Brocken kalt serviert. Aber Gosling und Williams bewegen sich so traumwandlerisch sicher im intimen Umgang miteinander, das nur schwerlich zu differenzieren ist, ob das überhaupt als schnödes Schauspielern durchgehen kann. Der Film steht in seiner harten, realistischen Herangehensweise allein auf weiter Flur. Das mag sein Gründe haben und gleichzeitig sollte man sich kaum die überragenden Leistungen der beiden Hauptdarsteller entgehen lassen – Williams wurde völlig zu Recht für einen Oscar als beste Darstellerin nominiert.
Kinostart: 4. August
Gesehen von: Hella Wittenberg