Gelesen: Lesley-Ann Jones „Freddie Mercury – Die Biografie“

freddie-mercury-die-biografieAm 24. November 1991 starb Freddie Mercury, Frontmann der Band Queen, an den Folgen von AIDS. Sein Tod ist nun bereits 25 Jahre her. Der weltweiten Begeisterung für Queen und ihren exzentrischen Frontmann hat das in den vergangenen Jahren aber keinen Abbruch getan. Das faszinierende an einer Band wie Queen, von ihrem weltumspannenden musikalischen Einfluss mal ganz abgesehen, ist nach wie vor ihre Allgegenwärtigkeit. Die moderne Pop- und Rockmusik strotzt nur so vor Referenzen die auf die bereits 1970 gegründete Band zurückgehen. Seit vielen Jahren wird an der Verfilmung der Lebensgeschichte Freddie Mercurys gearbeitet, nun wurde bekannt gegeben, dass mit Rami Malek ein passender Hauptdarsteller gefunden wurde. Erst letzte Woche erschienen bis dato unveröffentlichte Aufnahmen aus den Queen BBC Radio Sessions. Queen sind nach wie vor in aller Munde – und sie waren es auch zu Lebzeiten schon.
In den achtziger Jahren, der Zeit meiner Kindheit, galten Queen bereits als auf einem absteigenden Ast ihrer Karriere. Klar, aus dieser Zeit stammen ja auch „nur“ Hits wie „I Want To Break Free“, „Radio Ga Ga“ oder „Another One Bites The Dust“. Alleine daran kann man schon erkennen, wie die Definition von Erfolg sich mit den Jahren verschoben hat. Ich war damals kein besonders großer Queen Fan, aber Queen und Freddie Mercury nicht wahrzunehmen war schlicht unmöglich.
In ihrer bereits 2011 in England erschienenen, jetzt erstmals in deutscher Übersetzung vorliegenden Freddie Mercury Biografie setzt die englische Musikjournalistin Lesley-Ann Jones der Ikone Mercury ein ausführliches, sein gesamtes Leben umfassendes Denkmal. Im Englischen heißt ihr Werk deshalb auch „Freddie Mercury: The Definite Biography“. Lesley-Ann Jones war als junge Frau als Musikjournalistin zu einer Zeit in England tätig, als die Welt des Rock’n Roll noch eine ganz andere war. Die Musikbranche befand sich auf einem absoluten Hoch des kommerziellen Erfolges. Musikjournalisten spielten damals noch eine ganz andere Rolle und pflegten auch einen anderen Umgang mit Pop- und Rockstars als heute. Da war es schon mal üblich, dass man sich Backstage oder in einen Tourbus schmuggelte, um die gewünschte Story zu bekommen. Dass sie zu Queen und Freddie Mercury ein besonderes, persönliches Verhältnis hatte, macht sie schon in der Einführung deutlich, in der sie eine Begegnung mit Mercury beschreibt, deren freundlicher Natur sie eine potentielle Story opfert, indem sie beschließt, das Gespräch privat bleiben zu lassen.
Insgesamt setzt Lesley-Ann Jones aber mehr auf Fakten als auf persönliche Anekdoten. Eine Vielzahl privater wie geschäftlicher Mitstreiter Mercurys kommen zu Wort, so viele, dass einem vor lauter Namen manchmal der Kopf schwirrt. Der Lebensweg des exaltierten Rockstars ist für sich aber so spannend, dass man als Leser den Faden nicht verliert. Man begleitet ihn von seiner Kindheit im indischen Internat, über bombastische Queen Erfolge wie Welttourneen und das Geschichte schreibende Live Aid Event bis hin zu seiner Erkrankung und seinem Tod im Jahr 1991. Dabei ist Lesley-Ann Jones eine so große Faktentreue wie möglich wichtig, so zitiert sie auch immer wieder aus älteren Publikationen und widerlegt Fehlinformationen, die zum Teil über Jahre hinweg in Umlauf waren.
Natürlich funktioniert so eine Biografie nicht ohne die Schilderung dessen, was auch ein Teil von Freddie Mercurys Persönlichkeit war, nämlich sein exzessiver Lebenswandel, der letztendlich zur Infizierung mit HIV und der Erkrankung an AIDS führte. Trotzdem hält sich Lesley-Ann Jones mit pikanten und reißerischen Details größtenteils zurück. Die Tatsache, dass Freddie Mercury mit einer Vielzahl von Männern sexuell verkehrte (während er aber auch mit zwei Frauen, eine davon die ebenfalls bereits verstorbene Münchner Schauspielerin Barbara Valentin, sehr intensive Beziehungen führte), dass er Alkohol und Drogen konsumierte und wilde Partys feierte, wird natürlich nicht verschwiegen, aber auch nicht detailliert platt gewalzt. Es war stets ein oberstes Gebot im Hause Queen, derartige Dinge diskret zu behandeln und damit, dass sie sich an dieses Credo hält, bezeugt Lesley-Ann Jones noch mehr ihre Wertschätzung der Band und deren Frontmannes. Gleichermaßen tragisch und faszinierend zu lesen ist auch, wie aktiv Freddie Mercury noch bis kurz vor seinem Tod war. Wann immer es ihm möglich war erschien er im Studio, um an Aufnahmen teilzuhaben und sich kreativ einzubringen. Seine Krankheit wurde auf seinen Wunsch hin nie groß thematisiert.
Überhaupt kreiert Lesley-Ann Jones ein  würdevolles Bild des britischen Rockstars, der zeitlebens neben seiner Exzentrik auch für seine freundliche Art und seine guten Manieren bekannt war und liefert ganz nebenbei viele spannende Fakten über das Musikbusiness der 70er und 80er Jahre und die Arbeit als Musikjournalist zu dieser Zeit. So ist ihre Musikerbiografie ein interessantes Zeitdokument geworden und gleichzeitig eine unterhaltsame, spannende und berührende Lektüre.

Info: Lesley-Ann Jones war in den 80er Jahren Rock-Korrespondentin bei der britischen Tageszeitung Daily Mail. Sie ist bis heute gut mit der Band Queen befreundet, mit der sie damals auch auf Tour unterwegs war. „Freddie Mercury – Die Biografie“ ist im Piper Verlag erschienen und kann hier käuflich erworben werden.

Gelesen von: Gabi Rudolph

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