Gelesen: Imaani Brown „Hallo Deutschland – Auf der Suche nach Heimat“

Imaani Brown ist ein ziemlicher Tausendsassa. Er ist bekannt als Stand Up Comedian, er produziert elektronische Musik und besitzt überdies auch ein paar nicht wenig beeindruckende Oberarme. Was man noch nicht über ihn wusste ist, dass er zum Beispiel fließend norwegisch spricht. Und das ist, wie wahrscheinlich seine anderen Attribute auch, seiner bewegten Biographie geschuldet, die er in seinem Buch „Hallo Deutschland – Auf der Suche nach Heimat“ aufgeschrieben hat.
Imaani ist 1980 Iran geboren, mitten während des ersten Golfkriegs. Der Krieg tobte auch besonders in seiner Heimatstadt. Das Haus in dem er mit seiner Familie lebte, entging oft nur knapp den Bomben. Eindrucksvoll beschreibt er die Stimmung in der Straße – oder dem was davon übrig blieb nach einem solchen Angriff. Irgendwann muss sich seine Familie entschlossen haben, ihren erstgeboren Sohn vor dem Krieg zu schützen und mit Hilfe von Schleusern außer Landes zu bringen. So beginnt für Imaani im Alter von 6 Jahren eine Odyssee, im Laufe derer er tatsächlich eine längere Zeit in einem norwegischen Waisenhaus verbringt. Genau, daher die Norwegischkenntnisse.
Doch dass er dort in Sicherheit ist, ist für den kleinen Jungen natürlich nur die halbe Wahrheit. Viel schwerer wiegt, dass seine Familie ihn weggegeben hat. Sein Verhältnis zu seinem gewalttätigen Vater war schon vorher schwierig, doch durch die erzwungene Flucht zerbricht etwas in Imaani. Selbst als er nach weiteren Umwegen wieder mit der Mutter und seinen Geschwistern in Deutschland zusammengeführt wird, ist er nicht mehr derselbe. Er ist ein Außenseiter in der eigenen Familie geworden.
Sein Leben und sein Buch sind eine Suche nach Heimat geworden. Eine Suche, die Imaani von Kind an mit großer Konsequenz betreibt und die sein Leben nach allen gängigen Maßstäben an den Rand der Katastrophe geführt hat. Seine traumatische Kindheit hat ihm Dinge mitgegeben, mit denen er gezwungener Maßen im bürgerlichen Leben aneckt. Er ist entwurzelt, wütend und im wahrsten Sinne des Wortes haltlos. Er nimmt Drogen, prügelt sich, ruiniert seine Gesundheit – und kriegt am Ende doch die Kurve. Denn er hat auch Herz und Talent und immer wieder Menschen an seiner Seite die ihn lieben. Menschen die ihn nicht – wie sein Schuldirektor in Baden Württemberg – auf das Wort Asylant reduzieren.
Am Ende ist das Buch auch eine Ode an die Dinge, die Imaani gerettet haben: die Liebe zu einer Frau und zu seinen Freunden. Menschen, denen es egal ist, wo einer herkommt, sondern zum Beispiel „nur Jungs sind, die sich einfach gut verstehen“. Gerade dieses Plädoyer für die Menschlichkeit macht das Buch wirklich lesenswert.

Info: „Hallo Deutschland“ von Imaani Brown ist bei Heyne Hardcore erschienen und kann hier käuflich erworben werden. Eine Leseprobe gibt es hier

Gelesen von: Rüdiger Rudolph

www.imaani.de