In ihrer 2016 erschienenen Biografie „The Princess Diarist“ sinnierte Carrie Fisher noch darüber, was wohl von ihr bleiben wird, wenn sie einmal stirbt. Ob es für immer das Bild der Prinzessin Leia sein wird, das die Nachwelt von ihr haben wird. Noch im selben Jahr, am 27. Dezember, starb Carrie Fisher an den Folgen eines Herzinfarkts. Nur einen Tag später folgte ihr ihre Mutter Debbie Reynolds, sie starb an den Folgen eines Schlaganfalls.
Die deutsche Übersetzung, „Das Tagebuch der Prinzessin Leia“, erschien dieses Jahr also unter ganz anderen Vorraussetzungen. Die Trauer, das Entsetzen, das die Welt über Carrie Fishers viel zu frühen Tod zeigte, belegte aber auch ihre zu Lebzeiten angestrengten Vermutungen: Carrie Fisher wird auf immer und ewig untrennbar mit ihrer berühmtesten Filmfigur, der Prinzessin Leia aus Star Wars verbunden sein. Es ist ein Geschenk, gleichzeitig aber auch kein leichtes Los. Der Zwiespalt, in dem Carrie Fisher sich Zeit ihres Lebens befand, wird in ihren Aufzeichnungen deutlich. Sie war dankbar und gebeutelt gleichermaßen. Das wird schon deutlich in kleinen aber wichtigen Details. So hätte sie zum Beispiel mehr Widerspruch geleistet, als man ihr 1977 für die Dreharbeiten zu „Krieg der Sterne“ erstmals die legendäre Schneckenfrisur verpasste, wenn sie gewusst hätte, dass diese dank des Star Wars Hypes wenig später Weltruhm erlangen sollte. Carrie Fisher macht kein Hehl daraus, wie wenig wohl sie sich damals oft in ihrer Haut gefühlt hat. Sie war 19 Jahre alt und wurde vor Beginn der Dreharbeiten mit der Aufgabe betraut, fünf Kilo abzunehmen, schaffte es nicht und lebte am Set permanent in der Angst, es könne auffallen. Die beiden überdimensionalen Haarschnecken sah sie als einen Versuch an, ihr zu breites Gesicht zu kaschieren.
Wer darüber hinaus hofft, in „Das Tagebuch der Prinzessin Leia“ zahlreiche Anekdoten von der Zeit am Star Wars Set zu finden, dürfte etwas enttäuscht sein. Es ist nicht das erste Mal, dass Carrie Fisher über ihr Leben schreibt. In „Wishful Drinking“ erzählte sie von ihrer Ehe, ihren Depressionen, ihrer Drogen- und Alkoholsucht. Schon hier zeigte sich, dass Carrie Fisher einen seltsamen Spagat beherrscht. Sie präsentiert sich einerseits sehr offen, andererseits lässt sie auch nicht wirklich so tief in ihre Seele blicken, wie man es annehmen würde. Ihre Aufzeichnungen sind mehr eine Auseinandersetzung mit ihrer Gefühlswelt als eine Aneinanderreihung persönlicher Erlebnisse. Trotzdem bleibt sie einem immer etwas fern und lässt einen mit dem Gefühl zurück, dass es schwer ist sie wirklich kennenzulernen.
Das Kernstück ihres Prinzessinnen Tagebuchs ist natürlich die Enthüllung ihrer Affäre mit Co-Star Harrison Ford, die letztes Jahr für einiges an Aufregung sorgte. Ford war zum Zeitpunkt der Dreharbeiten verheiratet, Fisher gerade mal 19 Jahre alt. Viel mehr, als dass diese Affäre stattgefunden hat, erfährt man in „Das Tagebuch der Prinzessin Leia“ aber auch nicht. Einerseits zeugt dies von Carrie Fishers Bedürfnis, die Privatsphäre ihrer Mitmenschen zu wahren. Andererseits lässt sie auch hier wenig blicken, was ihr persönlich diese Beziehung bedeutete oder wie sie sie beeinflusste. Einen großen Mittelteil nehmen dann ihre persönlichen Aufzeichnungen aus der Zeit ein, diese wiederum sind zwar sehr privat aber eher poetisch verschwurbelt, sodass man das Gefühl bekommt, sie hätten vielleicht lieber privat bleiben sollen.
In diesem Teil zeigt sich aber (nicht nur hier, aber am deutlichsten) dass das größte Problem die Übersetzung ins Deutsche ist. Das ist auch nicht wirklich ein persönliches Verfehlen des Übersetzers Alan Tepper sondern mehr die Tatsache, dass Carrie Fishers eigener Stil, ihr wirklich spezieller Wortwitz, sich einfach nicht eins zu eins übertragen lässt. So lesen sich ihre Aufzeichnungen oftmals kompliziert, etwas wirr und manchmal fast schon unangenehm zynisch.
Letzteres liegt mit Sicherheit nicht nur an der Übersetzung, wird von ihr aber unter Umständen verstärkt. Carrie Fisher war eine sehr eigene, überaus intelligente und wortgewandte Frau, die ihre persönlichen Verfehlungen. ihre Krankheit und Depressionen nie versteckt hat. Mit der Figur der Prinzessin Leia hatte sie zeitlebens einen persönlichen Beef auszufechten, es scheint der Inbegriff einer Hassliebe gewesen zu sein. Dem muss man bereit sein sich zu stellen, wenn man ihre Aufzeichnungen liest. Eine putzige Lobhudelei auf das Franchise Star Wars darf man nicht erwarten.
Info: Carrie Fishers „Das Tagebuch der Prinzessin Leia“ ist in Deutschland im Hannibal Verlag erschienen und kann hier käuflich erworben werden. Dort gibt es auch eine Leseprobe zum Download.