Fans der ersten Stunde dürften für manch etablierte Band die ultimative Kombination aus Fluch und Segen sein. Es gibt ja nichts Schöneres für beide Seiten, als einer Band vom ersten Album an über die Jahre hinweg die Treue zu halten. Aber irgendwas zu mosern haben richtig eingefleischte Fans doch immer, oder?
Ich persönlich halte mich aus so etwas natürlich grundsätzlich raus. Eigentlich. Aber wenn ich ganz ehrlich bin: ein klein wenig beleidigt bin ich ja schon, dass Kings Of Leon inzwischen die großen Hallen der Republik füllen. Die O2 World in Berlin! Da spielen doch sonst nur Britney Spears und Co. Dabei waren Kings Of Leon doch ursprünglich diese Indie-Band aus Nashville, Tennessee, die sich 2003 mit langen Haaren, buschigen Bärten und ihrem ungestümen Debutalbum „Youth And Young Manhood“ direkt in mein Herz rockte. „California Waiting“… was für ein Song! Wahrscheinlich gibt es doch Dinge, die so gut sind, dass sie an der breiten Masse einfach nicht vorbei zu manövrieren sind. In diesem Fall verneige ich mich zur Abwechslung vor dem offensichtlich doch nicht so schlechten Musikgeschmack der großen Öffentlichkeit.
Und man gewöhnt sich ja bekanntlich an alles. Zum Beispiel daran, dass bereits beim unfassbar guten, zweiten Album mit dem großartigen Titel „Aha Shake Heartbreak“ die Haare ab waren und die Bärte auch nicht mehr so rauschig. Meinetwegen auch daran, dass spätestens seit „Because Of The Times“ ein Kings Of Leon Album sich nicht mehr anhört wie im heimischen Garagenstudio aufgenommen. Weil schließlich auf jedem neuen Album, das die Kings herausbringen, immer wieder großartige Songs zu finden sind, die nach einmal Hören drin sind im Kopf und nicht umsonst von zahlreichen Kollegen der Branche rauf und runter gecovert werden. Und weil Caleb Followills Stimme immer wieder schön an den Synapsen kratzt und ihre Gänsehautwirkung selten verfehlt. Warum aber stellt sich jetzt, beim 5. Album „Come Around Sundown“ erstmals eine gewisse Müdigkeit ein?
Grundsätzlich ist auch an diesem Album so gar nichts falsch. Der Einstieg mit „The End“ ist bombastisch, dramatisch, gefühlvoll und absolut packend. „Radioactive“ rockt im Anschluss ordentlich nach vorne und lässt vor dem inneren Auge direkt Bilder einer zum Bersten gefüllten, kollektiv pogenden Arena entstehen. Die Laune steigt. Aber trotzdem, so richtig will der Spannungsbogen über die 13 Songs hinweg nicht halten. Alle sind gut, ohne Frage, aber Überraschungen hält „Come Around Sundown“ nicht bereit. Gewohnt groß, rockig, pathetisch und leidenschaftlich geht es zu, und trotzdem bleibt das Gefühl nicht aus, dass man das alles von den Kings Of Leon genau so schon gehört hat. Und den einen oder anderen Superohrwurmkracher vermisst man irgendwie auch.
Natürlich handelt es sich hier um einen typischen Fall von Jammern auf hohem Niveau. Schließlich sind und bleiben Kings Of Leon eine der besten Live-Bands der Jetztzeit. Davon werden sie uns bei ihren kommenden drei Konzerten gewiss aufs Neue überzeugen. In der O2 Arena in Hamburg zum Beispiel. Ja ja, ich hör ja schon auf.
Kings Of Leon Live:
06.12. München, Olympiahalle
08.12. Hamburg, O2 World
09.12. Frankfurt, Festhalle