Die Vorhänge zugezogen, die Weinflasche entkorkt und die Blumen in der wasserlosen Vase schon längst verwelkt. Das fünfte Album von IAMX eröffnet einen äußerst düsteren Erfahrungsraum, wo immer wieder weitere Treppenstufen in den Keller bereit stehen und das Echo in den staubigen Ecken auf den Melancholiker wartet.
Aber Vorsicht vor der Angststarre. Bereits im Opener „I Come With Knives“ werden ganz ohne Umschweife die Waffen gezückt, nachdem man mithilfe einer kindlichen Stimme à la „The Ring“ in die richtige Mischung aus schwelgerischer und beklommener Stimmung versetzt wird. „Kinder und Sterne küssen und verlieren sich, greifen leise meine Hand und führen mich.“ Doch dann wird geschrien, geschwelgt, sich verirrt und wieder gefunden und dem Teufel direkt in die lockenden Arme gelaufen. Dieser Todestanz ist voller Pathos, Zwiespalt und dem Verleugnen des Lichts am Ende des Tunnels. Kein Wunder, schließlich verbrachten IAMX-Kopf Chris Corner und früherer Sneaker Pimps-Produzent Jim Abbiss ihre gemeinsamen Arbeitsstunden in einem ehemaligen Berliner Nazi-Bunker inmitten der alles versprechenden Sommermonate. „The Unified Field“ klingt aber leider nur oberflächlich nach tiefenpsychologischer Analyse und spiritueller Reise. Denn der Hall in einem Stück wie „Animal Impulses“ kann keine Reflektionen hervortäuschen, „Land of Broken Promises“ mit seinem überhöhten Frauengesang keinerlei Sehnsucht hervorrufen. Und ein Baby auf dem Albumcover kein wärmendes Gefühl erzeugen. Trotz der Hilfe von alten Freunden wie Jim Abbiss oder auch Liam Howe scheint Corner stehen geblieben zu sein in seiner ganz eigenen Welt, in der es letztlich nur ihn gibt. Immer wieder offenbart er voller Inbrunst eine neue, schillernde Facette seiner über all die Jahre verfeinerten Künstlerfigur, die aber nicht über die gleich zu Beginn aufgebaute Distanz hinwegzuhelfen vermag. Die verwirrende Kälte hält an, so wie auch die Gänsehaut.
Gehört von: Hella Wittenberg
VÖ: 22. März 2013