Frau Folk und Herr Elektro feiern Hochzeit
Im Musikvideo zu „The Load“ wird ein emotionales Zwiegespräch dargeboten, welches in weiche Rot-, Grün- und Blaunuancen getaucht ist. Ebenso farbenintensiv, nah und verträumt erobert auch das zweite Werk des Londoners James Mathé die Gehörgänge.
Als Barbarossa veröffentlichte er bereits 2008 erste Stücke, die noch weitaus akustischer anmuteten. Das „Chemical Campfires“ betitelte Debüt fand aufgrund der darauf eingefangenen unerschütterlich poetischen Darbietung viel Zustimmung, doch wusste Mathé noch viel weiter zu gehen. Schließlich soll er Gerüchten zufolge einmal bei einer seiner eigenen Show eingeschlafen sein. Also Zeit für Veränderungen? Im Jahr 2013 ist nun eine ganze Menge anders. „Bloodlines“ ist ein vielschichtiges, soulig-elektronisches Album voller Herzblut geworden. Anstelle von akustischen Gitarren gibt es vermehrt analoge Synthies zu hören, gepaart mit einem wieder einmal sehr ausdruckstarken Songwriting. An manchen Stellen mag es an Hot Chip, James Blake oder auch Junip erinnern, für deren Berlin-Konzert er beispielsweise einen Support-Slot spielte. Aber Barbarossa geht darüber hinaus nur ein seichter Abklatsch zu sein. Der Rotbärtige liebäugelt genauso mit aufgefrischtem Folk wie mit entschleunigten Hip Hop-Beats und versteht sich auf die hohe Kunst der leichtfüßig klingenden Komplexität in Sound und Text.
Ob „Turbine“, „Pagliaccio“ oder „Battles“ – bei einem jeden Song auf dem Album hat man das Gefühl, dass die Ein-Mann-Show James Mathé so vorsichtig an die Stücke herangegangen ist als wären sie kleine Küken, die gerade erst aus dem Ei geschlüpft sind. „Bloodlines“ ist ein auf der einen Hand sehr modernes und auf der anderen Seite ziemlich retroeskes Werk geworden. Ein Album, welches sich nicht nur für den Künstler selbst als folgerichtiger Schritt nach vorn darstellt, sondern auch für den Hörer eine liebevolle wie genüssliche Untermalung der Einleitung des goldenen Herbstes ist.
VÖ: 09. August 2013
Gehört von: Hella Wittenberg