Die gute Nachricht: The National hören sich immer noch an wie The National. Die noch bessere Nachricht: auf ihrem neuen Album „Sleep Well Beast“ befinden sich mal wieder ein paar ganz wunderbare Songs. Es gibt Bands, da erwartet man mit jedem Album förmlich eine Weiterentwicklung oder gar eine Neuerfindung. Und es gibt Bands -dazu gehören The National- da ist man froh, wenn es vertraut klingt. Es ist fast eine Kunst, wenn auch das 7. Studioalbum überraschend klingt, ohne dass es überrascht.
Dabei ist „Sleep Well Beast“ keinesfalls ein langweiliges, rückwärts gerichtetes Album geworden. Im Gegenteil! Vielleicht liegt es an Bryce Dessners Gitarren-Einlagen, die etwas vordergründiger sind als auf den letzten Alben. An manchen Stellen wirkt die Platte komplexer als gewohnt. Auf jeden Fall ist es Matt Berningers Stimme, die einen immer wieder in den Bann zieht. Nicht nur einmal macht sich eine beunruhigende Stimmung breit, doch bevor man zu sehr ins Zweifeln gerät, wird man immer wieder von Berningers tröstende Stimme in den Arm genommen. Auch wenn die Worte, die er da singt, nicht immer Trost versprechen.
Betörend erzählt er von Beziehungen, die heutzutage so schwierig geworden sind. „Bis an das Lebens-Ende“ halten es viele Paare kaum noch zusammen aus. Frontmann Berninger beschreibt die Texte selbst folgendermaßen: „It’s about marriages falling apart. I’m happily married, but marriage is hard and my wife and I are writing the lyrics together about our own struggles, and it’s difficult to write, but it’s saving my marriage.“
“The Day I Die” ist nicht nur symptomatisch für die beziehungsschwangeren Texte des Albums, dieser Song zeugt auch von der Qualität der Kompositionen. Man kann fast nicht genug bekommen von diesem wunderbar rhythmischen Stück.
Mit jedem Song wird deutlich, dass sich hintern den Stücken großartige Musiker verbergen. Allen voran die Dessner Brüder, die jeden Song mit spannenden Sound-Tüfteleien inszenieren. Das macht sie weit über The National hinaus zu begehrten Kollaborateuren rund um den Globus. Würde man einen musikalischen Dessner Stammbaum zeichnen, der zeigt bei welchen Projekten die Herren immer wieder involviert sind, man würde sich wundern wie groß dieser ist und wo die Verzweigungen überall hinführen.
Obwohl man immer wieder mit verschiedenen Stimmungen konfrontiert wird, scheint „Sleep Well Beast“, in seiner Gänze unglaublich harmonisch. Wirkt „Turtleneck“ noch fast verzweifelt, wird man mit „Empire Line“ wieder mit einer Brise Optimismus aufgefangen. Über allen Songs schwebt ein Schleier der Melancholie.
Man möchte das Album in einem durch hören, sich ganz der Musik hingeben. Heutzutage eher eine Kunst, denn viele Platten schaffen es kaum noch, sich als Ganzes dem Zuhörer zu erschließen. Der Herbst ist mit diesem Album gerettet. Und am besten hört man es mit jemanden, der es wert ist, die von Berninger beschriebenen Beziehungs-Höhen-und-Tiefen zu durchschreiten. Dem man sagen möchte: „I’m Gonna Keep You In Love With Me“. Vielleicht klappt es dann doch bis „The Day I Die“.
VÖ: 08.09.2017
Gehört von: Kate Rock