Ist das jetzt noch Indie oder schon Pop? Indie-Pop? Singer-Songwriter mit einer Prise Elektronik? Und ist das nicht eigentlich völlig egal? Wenn „Schöne Musik“ ein Genre wäre, The Japanese House wäre ganz vorne mit dabei und müsste sich stilistisch nicht weiter erklären.
The Japanese House ist das musikalische Alias der britischen Musikerin Amber Bain, der nach einer Reihe von EPs 2019 der Durchbruch mit ihrem Debütalbum „Good at Falling“ gelang. Darauf schuf sie ihre Interpretation von tiefgründigem, elektronischem Soft-Pop, der einen auf schwer beschreibbare Weise gleichermaßen einlullt wie energetisiert. Wenn MUNA den Soundtrack für die Party liefern, dann vertont The Japanese House den Morgen danach.
Das frisch erschienene zweite Album „In The End it Always Does“ knüpft hier nahtlos an. Aber es geht auch einen Schritt weiter. Amber Bains Songwriting ist ausgefeilter geworden, sie findet neue, spannende Zwischentöne, wo auf „Good at Falling“ die Dynamik im Gesamten etwas flach blieb. Mutiger ist „In The End It Always Does“ insgesamt geworden, weniger zurückhaltend, wozu sicherlich auch der Inhalt beiträgt. Ein zentrales Thema ist zum Beispiel das Leben in einer Dreierbeziehung, die Amber Bain als eine der besten Erfahrungen ihres Lebens verbucht. „Boyhood“, die erste Single des Albums, beschäftigt sich mit dem komplexen Thema der geschlechtlichen Identität und ist dabei einer der beschwingtesten Songs des Albums. Erlebnisse und Erfahrungen, die Anlass zu Kopfverbrechen, Schmerz und Blues liefern könnten, verwandelt Bain in zärtliche Oden der Selbstermächtigung.
Man möchte die ganze Zeit nur „ahhhh“ und „ohhhh“ rufen in Gegenwart von Songs wie „Sunshine Baby“ und dem herzzerreißenden Abschluss „One for Sorrow, Two for Joni Jones“. Irgendwie besonders ist es, wie das Süße und Zerbrechliche auf Stärke und Selbstbewusstsein trifft. Und im Anbetracht ihres starken Songwritings ist es auch wichtig und richtig, die Konversation sanft aber bestimmt immer wieder in Richtung Amber Bain selbst zu steuern. An der Produktion von „In The End it Always Does“ haben so bekannte Namen wie Katie Gavin von MUNA (die oben genannte Referenz kommt also nicht von ungefähr), Justin Vernon von Bon Iver und, wie bereits beim Debütalbum, George Daniel von The 1975 mitgearbeitet. Als erster wird hier gerne Matty Healy, ebenfalls von The 1975 genannt, der kürzlich gemeinsam mit Amber Bain bei einer Livesession für den amerikanischen Radiosender SiriusXM auftrat, den Credits nach aber den geringsten Anteil an Produktion und Songwriting verzeichnet.
The Japanese House ist ohne Frage ein kollaboratives Projekt, das in einem fruchtvollen Umfeld gedeiht. Aber das Album beweist gleichzeitig, dass Amber Bain ebenso sehr eine eigenständige Performerin und Songschreiberin von höchstem Format ist.