Zehn Jahre sind inzwischen vergangen, seit Jennie Abrahamson ihr erstes Album „Lights“ herausgebracht hat. Gemessen daran ist die Schwedin bei uns in Deutschland noch nicht allzu bekannt. Aber sie bringt Album um Album heraus und spielt regelmäßig Live-Shows, unter anderem 2014 im Vorprogramm von Peter Gabriel. Außerdem betreibt sie ihr eigenes Plattenlabel. Eine echte, unermüdliche Macherin. Vor allem tut Jennie Abrahamson aber eines, das nicht jeder Popkünstler von sich behaupten kann: sie wächst. Kontinuierlich, mit jedem ihrer inzwischen fünf Alben, legt sie eine Schippe drauf. Und das macht Jennie Abrahamson letztendlich, ganz entspannt, zu einer der Großen.
Das fünfte Werk, „Reverseries“, steht seit letzten Freitag in den Läden. Darauf findet sich das, was man von Jennie Abrahamson kennt und inzwischen erwartet: leicht melancholische, elektronisch arrangierte Popsongs, meist eher verträumt als tanzbar, vor allem aber immer von einer einnehmenden Wärme durchdrungen. Darüber schwebt diese unverkennbare Stimme. Jennie Abrahamson gehört nämlich nicht nur zu den Guten, sondern auch zu den wenigen, die stilistisch einen klaren Wiedererkennungswert haben.
Auf „Reverseries“ zeigt sich auch, dass die Wandlung in Richtung eines volleren Soundes gehen. Bombastisch wäre zu hoch gegriffen, da Jennie Abrahamsons Songs immer noch diese besondere Zartheit haben, aber sie kommen mit mehr Volumen daher, ohne dabei überladen zu wirken. Jennie selber sagt dazu, dass diese Entwicklung sich im Zusammenspiel mit ihrer Band während der Tour zum letzten Album „Gemini Gemini“ ergeben hat. Es scheint auf jeden Fall ein starkes Zusammenspiel zwischen den Musikern entstanden zu sein, das sich jetzt auf „Reverseries“ Bahn bricht. Und bei Songs wie „To The Water“ wird es dann auch doch noch richtig tanzbar. Knutschen, tanzen, knutschen beim Tanzen – das ist wahrscheinlich die Stimmung, mit der man das Album am besten zusammen fassen kann.
Ob das jetzt moderner Elektro-Pop ist oder dank des kräftigen Einsatz von Synthesizern seine Anleihen in den Achtziger Jahren sucht, darüber mögen die Geister sich scheitern. Ist aber auch total unwichtig, denn Jennie Abrahamson macht schlicht etwas, wovon man nie genug haben kann: richtig gute Popmusik.
Jenny Abrahamson Live:
08.03.2017 Berlin, Auster Club
09.03.2017 Hamburg, kukuun
VÖ: bereits erschienen
Gehört von: Gabi Rudolph