Highasakite gehören zu den Bands, in die man sich leicht beim ersten Hören verliebt, insbesondere wenn man sie live erlebt. Mir begegnete die norwegische Formation zum ersten Mal 2013 beim Berlin Festival. Damals schmückten Frontfrau Ingrid Helene Håvik und ihre Mitstreiter sich noch mit schwarzen Kutten, bunten Federn und Kriegsbemalung. Ein herrlich skurriler Anblick, der zusammen mit dem kraftvollen Indie Pop Sound der Band ein beeindruckendes Gesamtbild bot. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen an das 2014 erschienene Debütalbum „Silent Treatment“. Und fast genauso hoch meine Irritation, das „Silent Treatment“ ein eher ruhiges, verträumtes Album war, mit schönen Melodien und vielen Songperlen, die aber eher zurückhaltend vor sich hin funkelten.
Inzwischen treten Highasakite live etwas zurückhaltender auf, verschwunden ist der Federschmuck, das Gesamtbild ist düsterer, nüchterner geworden. Proportional dazu hat die Kraft im Sound sich extrem vervielfacht. Das frisch erschienene zweite Album „Camp Echo“ strotzt nur so vor klanglicher Energie. Druckvolle Synthesizer geben den Ton an, das Tempo hat gewaltig angezogen. Ingrid Helene Håviks Gesang hat immer noch diese leicht verträumte Qualität, aber es sind keine schönen Träume, denen sie nachhängt. Inhaltlich dreht sich „Camp Echo“ um die vielfältigen Qualen des Daseins, die inneren und äußeren Dämonen („My Mind Is A Bad Neighbourhood“), mit denen man im Leben zu kämpfen hat. Die Suche nach Liebe, nach der einen Seele die einen versteht („Someone Who’ll Get It“) ist ein zentrales Thema.
Besonders stark sind Highasakite wenn der getriebene Sound der Band auf Håviks verletzlichen Gesang trifft, wie zum Beispiel in „Samurai Sword“, das einem leidenschaftlichen, musikalischen Hilfeschrei gleich kommt. Aber es herrscht nicht nur Dunkelheit in der Welt von „Camp Echo“. Es ist ein sehr tanzbares Album, in den Rhythmen von Songs wie „Deep Sea Driver“ steckt viel positive Energie und in Håviks Stimme oft diese berührende Zärtlichkeit, die trotz der Abwesenheit von Liebe immer da zu sein scheint. Und es gibt da noch das magische „Golden Ticket“, das einen Aufbruch in eine bessere Welt ermöglicht. Ich bin dann mal weg. „Camp Echo“ ist genau das Album, das man sich von Highasakite gewünscht hat, es offenbart auf ganzer Linie das volle Potential der Band. Die Welt mag ein schlechter Ort sein, aber man hätte ihr und ihrer Schlechtigkeit kein schöneres musikalisches Denkmal setzen können.
VÖ: 20.05.2016
Live:
28.06., Münster, Gleis 22
29.06., Berlin, Bi Nuu
Gehört: Gabi Rudolph