Einen Film mit einer melancholischen Grundstimmung zu kreieren, der einen trotzdem mit einem vielleicht ein wenig schweren, aber doch guten Gefühl hinterlässt, ist eine Kunst, die Alexander Payne verstanden hat. Die “Peanuts”, insbesondere die Weihnachtsfilme des berühmten Comic-Universums, sind dafür ein klassisches Bespiel. Angefüllt mit Nostalgie, mit meist ernsten und philosophischen Theme angereichert, sind sie weder deprimierend noch verdrießlich.
Bei “The Holdovers” handelt es sich um eine Tragikkomödie, den bereits neunten Spielfilm des US-amerikanischen Regisseurs Alexander Payne. Auch wenn er in Deutschland erst im Januar in den Kinos erscheint, erstreckt sich der Handlungszeitraum von der Vorweihnachtszeit, über die Feiertage, bis zum neuen Jahr. Im stimmungsvollen Setting der USA der 1970er Jahren, ist der Schauplatz die Deerfield Academy, eine private High School in Neuengland.
Paul Giamatti tritt hier als Paul Hunhman in Erscheinung, seines Zeichens Geschichtsprofessor, der aufgrund seiner Strenge, Starrheit und altmodischen Art weder bei den Schülern, noch bei seinen Kollegen und dem Rektor besonders beliebt ist. Da er keine näheren Angehörigen hat, die er über Weihnachten besuchen könnte, und gewissermaßen als Strafe für seine rigoros strenge Art, wird ihm die verhasste Aufgabe aufgebrummt, die Internatsschüler zu beaufsichtigen, die aus verschiedenen Gründen über die Ferien nicht nach Hause fahren können. Anstatt während der Feiertage die Zügel ein wenig lockerer zu lassen, setzt er jedoch auf eine durchgetaktete Tagesstruktur für seine wenige Schützlinge, bestehend aus frühem Aufstehen, körperlicher Betätigung und vielen Stunden Schularbeit. Doch als der Kreis der Verbliebenen in der Deerfield Academy Akademie immer kleiner wird und irgendwann nur noch aus ihm selbst, der charismatischen Chefköchin Mary (Da’Vine Joy Randolph), die vor kurzem ihren Sohn verloren hat und dem aufsässigen Schüler Angus (Dominic Sessa) besteht, wird es immer schwerer, die soziale Hierarchie aufrecht zu erhalten und seine Autorität als Lehrer durchzusetzen. In der authentischen Stimmung der 70er Jahre verbringen die drei ein recht unkonventionelles, aber doch besonderes Weihnachten miteinander und sind dadurch gezwungen, sich besser kennenzulernen und Seiten aneinander zu entdecken, die auf den ersten Blick verborgen lagen.
Ohne zu zögern, habe ich “The Holdovers” in mein Inventar von Filmen aufgenommen, die man sich in Zukunft jedes Jahr erneut um die Feiertage herum ansehen möchte. Die facettenreichen, komplexen Figuren und ihre Zwischenmenschlichen Beziehungen sind unglaublich liebevoll gestaltet, keiner von ihnen hat ein leichtes Leben und jeder braucht einen Moment um zu erkennen, dass die anderen ein genauso schweres Päckchen mit sich herum tragen, wie er oder sie selbst. Der Film ist alles andere als eindimensional und überzeugt mit seinem Soundtrack und den Kulissen, die in der Gestaltung und der Inszenierung oft stark an die Perspektive von Filmregisseur Wes Anderson erinnern. Dominic Sessa ist in der Rolle des 15-jährigen Angus keinesfalls durchwegs sympathisch, aber er wird einem in seinem Kampf, ohne ein stabiles, mitfühlendes Familienumfeld seine Jahr als Teenager zu überstehen, als Figur sehr nah gebracht. Das Wunderschöne an “The Holdovers” ist, dass einem drei Menschen vorgestellt werden, die an Weihnachten, dem Fest der Familie, niemanden mehr um sich haben, dadurch aber während der Feiertage unglaublich viel über Empathie, Verlust, Freude und Freundschaft voneinander lernen können.
“The Holdovers” startet am 25. Januar in den deutschen Kinos