Sofie Daugaard Andersen oder auch Dopha, wie sie sich als Künstlerin nennt, wird gerne als die neue Indie-Pop Hoffnung Dänemark beschrieben. Bereits in ihrer Kindheit im ruhigen Romalt wusste Sofie genau, was sie einmal werden möchte: erfolgreiche Musikerin. Nun schaut sie dem Release ihres Debütalbums aufgeregt aus ihrer Wohnung in Kopenhagen entgegen und kann es sichtlich kaum erwarten zu erfahren, was die Welt von ihr und ihrer roten Fender Mustang halten wird.
Wie es sich zu diesen Zeiten gehört, empfängt mich ihr sympathisches Lächeln über die Webcam ihres Computers, als sie sich bereit macht, mit mir über die Ehrlichkeit ihrer Musik, ihre Karaoke Maschine, ihre Inspirationen und Vorurteile gegenüber weiblichen Musikerinnen zu sprechen.
Diesen Freitag veröffentlichst du dein erstes Album „The Game“. Wie aufgeregt bist du?
Auf einer Skala von 1 bis 10? 11, glaube ich. Ich hab so viele Schmetterlinge im Bauch und jeden Tag kommt einer mehr dazu. Es ist verrückt.
Dieses Album ist entstanden und erscheint jetzt auch in sehr verrückten Zeiten. Wie war es für dich, dein Debütalbum in Zeiten wie diesen zu schreiben und zu produzieren?
Ich hatte vorher noch nie versucht ein Album zu schreiben und ich habe auch noch nie in Zeiten einer Pandemie gelebt. Es gab also eine Menge erste Male im letzten Jahr. Ich hatte viel Zeit, um das Album fertigzustellen, aber glücklicherweise haben wir das ganze Schreiben vor dem Lockdown beendet. Es war also nur eine Frage der richtigen Zeit für den Song, um zu versuchen, alles richtig zu machen. Ich habe mir einfach Zeit gelassen und ich hoffe, es hat funktioniert.
Wie würdest du deine Art des Songwritings beschreiben?
Es fängt immer mit einer Gitarre oder einem Klavier an und ich sitze einfach da und lasse das raus, was in mir ist. Ich jamme einfach drauf los und lasse die Atmosphäre auf mich wirken. Manchmal bin ich alleine und manchmal bin ich mit anderen Leuten im Studio und versuche einfach, mit ihren Energien mit zu gehen. Das bringt einen guten Vibe ins Schreiben. Ich schreibe einfach über das, was ich in diesem Moment fühle oder über ein Gefühl, das ich schon lange habe. Manchmal habe ich eine Idee, bevor ich das Studio betrete, und manchmal auch nicht. Ich versuche einfach, meinem Bauchgefühl zu folgen.
Glaubst du deine Art des Songwritings hat sich während du „The Game“ geschrieben hast verändert?
Ich habe so viel gelernt. Auch, weil man viele Entscheidungen treffen muss, sowohl musikalisch als auch produktionstechnisch: Wie soll es klingen, wie soll es umgesetzt werden? Ich habe einfach viel darüber gelernt, was für mich inspirierend ist und dann habe ich versucht, das in meine eigene Musik einzubauen. Ich habe auch gelernt, dass es harte Arbeit ist, Musik zu schreiben. Man muss sehr leidenschaftlich sein und es fühlen. Man muss sich wirklich darauf einlassen.
Ich hatte das Glück, dass ich dein Album schon hören durfte. Ich habe dabei gemerkt, dass viele deiner Songs extrem persönlich wirken. Gibt es da einige Songs, bei denen du nervöser bist sie zu veröffentlichen?
Ja, natürlich gibt es einige Songs, die persönlicher sind als andere, aber ich versuche immer, sehr offen zu schreiben. Ich versuche, authentisch und ehrlich zu sein, weil ich denke, dass das wirklich wichtig ist. Ich übertreibe auch in manchen Situationen, weil es einfach wie eine Geschichte ist. Ich habe das Gefühl, dass wenn ich etwas von mir und meinen Gefühlen teile, es da draußen einige Leute gibt, die das Gleiche fühlen. Deshalb ist es wirklich wichtig, so authentisch und persönlich zu sein, denn dadurch ist man weniger allein. Für mich als Songwriterin, aber hoffentlich auch für die Hörer*innen.
Du redest sehr viel davon, dass du in Romalt aufgewachsen bist. Jetzt lebst du allerdings in Kopenhagen. Inspiriert dich einer dieser Orte mehr als der andere?
Ich glaube, ich habe erkannt, dass viele der Bilder, die ich in der Musik und den Texten zu erklären versuche, alles Bilder oder Erinnerungen sind, die ich aus Romalt habe. Tief in mir drin gibt es eine Menge Erinnerungen und Gefühle, die mit diesem Ort verbunden sind. Denn dort bin ich aufgewachsen. Es ist der Ort, an dem ich angefangen habe, davon zu träumen, Künstlerin zu werden. Dort gibt es viele Bäume und es ist sehr still. Ich musste diese Leere irgendwie mit Musik und Geschichten füllen. Ich glaube, das ist der Grund, warum ich immer noch an die Zeit denke, in der es für mich so natürlich war, Dinge aus dem Nichts zu erschaffen, weil es in Romalt nichts gab. Alles war nur in meinem Kopf. Jetzt liebe ich es, die Leute draußen vor meinem Fenster zu sehen. Es gibt eine Menge großer Gebäude, ich treffe so viele interessante Menschen. Als ich hierher gezogen bin, habe ich festgestellt, dass ich immer noch derselbe Mensch bin. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass ich in einer verschlafenen Stadt aufgewachsen bin, das hat mich kreativ gemacht.
Ich habe gesehen, dass es auf deinem Album sogar einen Song aus deiner Kindheit gibt, „Karaoke Tape 2005“, den du auf einer Karaoke Maschine, die ein Geschenk deiner Eltern war, aufgenommen hast.
Ich habe mich schon früher oft selbst aufgezeichnet. Das ist eine dieser Aufnahmen. Ich stand immer nur da und erzählte meine erfundenen Geschichten über ein verlassenes Haus im Wald. Es war wirklich sehr gruselig, wenn ich mich jetzt daran erinnere. Ich stand auch einfach da und habe immer gesagt „ich werde einen Song singen“ und mir vorgestellt, dass ich auf der Bühne stehe. Ich dachte, es sei wichtig für mich, es auf das Album zu bringen, weil es zu meiner Geschichte gehört. Vielleicht hilft es dabei, mich und meine Geschichte besser zu verstehen.
Es hört sich so an als wärst du schon immer eine Geschichtenerzählerin und Songwriterin gewesen.
Genau, ich bin immer noch nur eine Geschichtenerzählerin. Mittlerweile lasse ich mich einfach mehr von wahren Geschichten aus meinen Leben inspirieren.
Würdest du sagen, dass es einen Schlüsselmoment in deiner Kindheit gab, in dem du realisiert hast, dass du für immer Geschichten erzählen und Musik machen möchtest?
Als ich vor dieser Karaoke Maschine stand, dachte ich: „Ich liebe das, ich wünschte, ich könnte das für immer tun“. Ich weiß noch, als ich Freunde zu Besuch hatte, war das das Einzige, was wir gemacht haben. Wir haben einen Tanz und ein Lied einstudiert und es vor unseren Eltern aufgeführt. Ich denke, es stand schon immer in den Karten für mich, aber ich habe mich auch entschieden, meinen Träumen zu folgen. Ich bin wirklich froh, dass ich das getan habe.
Du hast die erste Single des Albums bereits 2019 veröffentlicht, es ist also schon eine ganze Weile her. Als ihr den Song gemacht habt, wusstet du da schon, dass du daraus ein Album machen willst?
Ja, ich glaube, als ich „September Till June“ schrieb, war das das erste Mal, dass ich dachte: „Okay, jetzt habe ich eine Richtung. Ich habe einen Song, der zu 100% zu mir passt, sowohl die Musik als auch der Text.“ Ich hatte das Gefühl, dass etwas geklickt hat. Es war ein Song, der mir eine Art Grundlage gegeben hat. Ich habe auch darüber nachgedacht, eine EP zu machen, aber dann habe ich einfach weiter und weiter geschrieben. Ich schätze, es waren einfach zu viele Songs, die ich machen wollte.
Mir ist vor allem der Song „3 Years“ im Gedächtnis geblieben. Wenn ich ihn richtig interpretiert habe, geht es darin um deinen Weg als Künstlerin und die Probleme, die eine kreative Karriere so mit sich bringen.
Ja! „3 Years“ handelt davon, ruhelos zu sein und von der Schattenseite, große Träume zu haben. Wenn man eine Träumerin ist, hat das positive wie auch negative Seiten. An manchen Tagen entspannst du dich nur und an anderen Tagen machst du dir einfach nur Sorgen um alles. Das ist es, worum es in dem Song geht. In einem Geisteszustand zu sein, in dem man sich über alles Sorgen macht: „Werden meine Träume in Erfüllung gehen?“ Mir wurde gesagt: „Gib dir drei Jahre Zeit. Ruh dich aus, genieß einen Drink.“ Und ich sagte: „Nein, ich muss das jetzt machen.“
Du konntest etwas tun, was die meisten Künstler*innen, die dieses oder letztes Jahr Musik herausgebracht haben, nicht tun konnten. Du bist auf eine kleine Tournee gegangen.
Ich habe tatsächlich so viel live gespielt, was verrückt ist. Ich bin so dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, meine Musik immer noch zu spielen, weil es ein besonderes Gefühl ist, echte Live-Emotionen in diesen Songs zu zeigen und sie mit dem Publikum zu teilen. Die Leute haben sich so gut benommen. Sie saßen einfach da und befolgten die Regeln, weil sie meine Musik hören wollten. Es war schön, das auf der Bühne zu erleben.
Ich glaube, wir alle haben neue Wege gefunden, um uns während des Lockdowns zu unterhalten. Was ist deine liebste Lockdown-Aktivität?
Das ist eine wirklich gute Frage, denn eigentlich bin ich gerne zu Hause und allein. Ich mag es, drei Stunden lang zu frühstücken, einfach nur mit meinem Kaffee dazusitzen und über das Leben nachzudenken. Ich bekomme eine Menge Ideen, wenn ich zu Hause bin. Während des Lockdowns habe ich meine eigenen Musikvideos gemacht. Ein neues Hobby war also, Musikvideos und Stop-Motion-Videos zu machen.
Du hast sogar bei dem Video für „Anti Breakup Song“ Regie geführt, oder?
Ja, ich habe mit meinem Team über die Idee gesprochen, dass ich Regie führe, und sie hatten auch schon einige Ideen für das Projekt. Es war also eine Mischung aus all den Ideen. Ich fand es einfach ziemlich toll, ein paar coole Bilder von Romalt mit dem roten Traktor meines Vaters und meiner roten Fender Mustang Gitarre zu machen. Das Video zu „Happy for Me“ war für mich viel intensiver, weil ich alles selbst mit einem Selfie-Stick filmen musste. Für „Anti Breakup Song“ wusste ich, dass wir eine professionellere Kameraführung brauchen. Es war wirklich schön, eine Idee zu haben und sie mit vielen Leuten umzusetzen.
Du hast auf Spotify eine Playlist, die du „DJ Dopha“ genannt hast. Auf dieser Playlist sind hauptsächlich weibliche Musikerinnen. Ich fand es sehr erfrischend, denn die meisten Playlists auf Spotify sind ja doch sehr männerdominiert.
Ich denke, es ist irgendwie natürlich für mich, dass meine Idole weiblich sind. Wenn ich mir Lana del Rey oder Taylor Swift anhöre, kann ich mich in ihrer Musik wieder erkennen. Ich finde es wirklich cool, zu diesen Frauen aufschauen zu können. Sie lassen mich glauben, dass es für mich möglich ist, vielleicht eines Tages so erfolgreich zu sein wie sie. Sie geben mir Hoffnung und Inspiration für meine eigene Musik. Ich höre mir diese Musikerinnen natürlich an, weil sie einfach richtig cool sind, aber auch, weil ich mit ihnen in der gleichen Tonart mitsingen kann. Ich lasse mich einfach gerne von ihren Stimmen inspirieren.
Du machst Pop Musik. Ich habe es schon oft erlebt, dass wenn eine Frau sagt: „Ich bin eine Frau und ich mache Pop Musik“, damit viele Vorurteilen kommen.
Viele Leute sagen zu mir, dass es irgendwie cool ist, dass ich als Frau E-Gitarre spiele. Ich meine, warum sollte ich das nicht tun? Ich denke einfach, es ist cool, dieses Instrument zu spielen. Es gibt dieses Klischee, dass ich nur singen oder Klavier spielen sollte. Ich denke, das ist einer der Gründe, warum ich vom Klavier zur E-Gitarre gewechselt bin. Ich wollte einfach wie meine Vorbilder sein. Ich habe Norah Jones gesehen, wie sie auf genau der Gitarre spielte, die ich jetzt auch habe. Ich fand es inspirierend und habe es einfach gemacht. Man muss einfach das tun, was man tun will, egal, welches Geschlecht man hat. Verfolge einfach deine Träume!
Ich glaube, dass das ein gutes Motto für 2021 ist.