Django Django im Interview: „Wir opfern einen starken Track, wenn er einfach keinen Platz auf dem Album zu haben scheint“

Die britische Psychedelic Art Pop Band Django Django versorgt uns seit inzwischen elf Jahren mit ihrem Genre-übergreifenden, elektronischen Sound, welcher sich aufgrund der großen Vielfalt und Kreativität nicht immer ganz so leicht einordnen lässt. Das vierte Studioalbum „Glowing In The Dark“ erscheint am 12.02.2020 und ich durfte vorab schonmal reinhören, sowie von Bassist Jim Dixon in einem kurzen Gespräch via Zoom erfahren, in wie fern sich der Stil des Albums vom Vorgänger „Marble Skies“ unterscheidet und welche Entwicklungen die Band generell macht.

Hi Jim, schön dich zu treffen! Wie geht es Dir?

Ja, hi! Freut mich auch! Nun, momentan friere ich ein bisschen, aber mir geht es gut, danke! (spielt an seinem Schal herum)

Ja, hier in Berlin ist es auch ziemlich kalt. Gestern gab es hier seit Jahren mal wieder einen richtigen Schneesturm! Aber vielleicht können wir uns aufwärmen, wenn wir ein wenig über gute Musik und euer neues Album quatschen.

Würde mich freuen, ja, sicher!

Zu allererst, magst du vielleicht ein paar Dinge über dich selbst sagen?

Alles klar. Jim Dixon. Ich spiele Bass bei Django Django. Ich war von Anfang an in der Band, seit ungefähr 11 Jahren inzwischen. Ja, ich spiele hauptsächlich Bass als Livemusiker. Wir schreiben alle zusammen, ich spiele auch Gitarre und ein bisschen Synthesizer. Ich wechsle ein bisschen hin- und her, aber hauptsächlich Bass und Gesang.

Was für Musik hörst du heute?

Ich höre viel Jazz und viel Soundtrack-Musik, auch viele exotische Sachen. Um ehrlich zu sein, wenn ich Musik höre, versuche ich immer, mich von Song-basierten Alben oder Bands loszulösen. Ich höre einfach gerne etwas, das sich völlig entfernt von dem anfühlt, was wir machen. Aber ich denke gleichzeitig, dass das in unsere Musik zurückfließt. Ja, ich höre viel Blue Note Jazz, John Coltrane, klassisches Zeug. Ich habe aber auch viele Classic Rock und Songwriter-Sachen aus den 60ern und 70ern in meiner Plattensammlung. Es ist ziemlich abwechslungsreich.

Gibt es ein kleines Geheimnis über Django Django, das du vielleicht mit mir teilen möchtest?

Kleines Geheimnis … (lacht) Ähm. Tommy zieht andauernd, aus irgendeinem Grund, seine Schuhe aus wenn wir im Studio sind und das macht Dave total verrückt. Ich weiß gar nicht, warum er das so gerne macht. Ich denke, er hat es auch ein paar Mal auf der Bühne gemacht. Ich habe keine Ahnung, warum er gerne seine Schuhe auszieht, aber ja, er zieht immer seine Schuhe aus.

Oh, ich kann ihn gut verstehen! Dazu neige ich auch. Für mich fühlt es sich so an als wäre ich ein bisschen freier, weißt du? (Jim lacht) Wie hast du eigentlich die anderen Jungs kennengelernt?

Der Rest der Band hat in Edinburgh an der Uni studiert und ich war in Glasgow. Einer meiner guten Freunde in Glasgow ging mit Dave zur Schule und durch ihn habe ich dann Dave kennengelernt. Er kam immer nach Glasgow, um DJs und Bands zu sehen und irgendwann nahm Dave Kontakt zu mir auf, als wir alle in London waren. Er und Vini schrieben damals schon zusammen Tracks.

Und nach 11 Jahren macht ihr immer noch zusammen Musik! Magst du etwas über die Entwicklung der Band sagen?

Ja, die nächste Platte wird unser viertes Album sein und ich denke, wir haben inzwischen einen Weg gefunden, wirklich produktiv zu arbeiten. Wir haben viel Zeit in einer Art eigens dafür errichteten Studio verbracht und haben zum ersten Mal alle vier gemeinsam geschrieben und aufgenommen. Viele der Sachen auf der ersten Platte wurden von Dave und Vini, geschrieben und dann, später, kamen Tommy und ich mit unseren Parts und mit allen vieren entwickelten sich die Songs, als wir sie live spielten. Aber dieses Mal wollten wir versuchen, einfach gemeinsam in ein Studio zu gehen und zu sehen was passiert. Nach 10 Jahren des gemeinsamen Schreibens von vier Alben findet man seine Arbeitsweisen, und ich denke, es ändert sich fortwährend. Wir versuchen die Dinge offen zu gestalten und die Dinge für uns selbst aufregend und interessant zu halten.

Gibt es irgendetwas das euch dazu gebracht hat, dieses spezielle Album zu machen?

Ich denke einer der wichtigsten Punkte ist, dass wir wirklich versucht haben, ein bisschen mehr Live-Elemente in das Album zu bringen. Am Ende nahmen wir eine Idee für jeden Track und bauten sie mit dem Computer aus. Formteile ausbauen, verschiedene Spuren übereinander legen, und so weiter. Auf dieser Platte haben wir uns definitiv mehr darauf konzentriert eine Idee live zu verwirklichen, vier Instrumente aufzunehmen und genau herauszufinden, was diese Instrumente tun müssen. Wir haben eine Zeit lang einen Track pro Tag geschrieben, was wohl dazu diente, die Dinge aufzulockern und es uns zu ermöglichen, nicht zu idealistisch über Ideen nachzudenken und zu viel an Sachen zu arbeiten. Wir fingen üblicherweise um 10 Uhr morgens an und gegen 5 Uhr nachmittags hatten wir einen fast fertigen, neuen Song, weißt du? Viele dieser kleinen Sessions flossen in Songs ein, einige davon blieben ziemlich gleich, so dass wir nur die Texte zusammenstellen mussten. Für mich ist der Hauptunterschied auf diesem Album, dass es eher dieses Live-Element hat: ein Live-Feeling! Und dass wir mit Ideen und den Songs im Allgemeinen spielerischer umgehen konnten.

Neben den einzelnen Songs habe ich die gesamte Dramaturgie des Albums wirklich geliebt. Ich habe es sicher 20 Mal gehört und ich hatte jedes Mal das Gefühl: „Oh, es ist schon vorbei?“

Ja, ja, ja! Für uns ist die Form einer LP oder eines Albums immer sehr wichtig. Und ich denke, Alben zu denen wir alle eine Art universelle Liebe empfinden, Alben wie „Dark Side Of The Moon“ zum Beispiel, sind eine Reise. Du hast einen Anfang, eine Mitte und ein Ende und alle Songs haben eine Beziehung zueinander. Ich denke, das ist immer etwas, worauf wir beim Erstellen von Platten und beim Tracklisting von Platten wirklich geachtet haben, weit mehr als auf Singles und ähnliches. Wir opfern einen starken Track, wenn er einfach keinen Platz auf dem Album zu haben scheint.

Wie viele Songs hattet ihr dann ungefähr, als ihr die 13 für „Glowing In The Dark“ ausgewählt habt?

Während der Arbeit am Album haben wir wahrscheinlich fast 30 bis 35 Tracks geschrieben. Einige von ihnen schienen nicht zu passen. Wir hatten das Gefühl, dass sie dasselbe tun wie ein bereits bestehender Track auf dem Album. Sicher haben wir viel Musik, die darauf wartet fertig zu werden. Ich denke, unser nächster Plan, jetzt da es wegen des Lockdowns so aussieht als gäbe es erst wieder Ende des Jahres Konzerte, ist es, eine Reihe von wahrscheinlich 20 Tracks fertigzustellen. Das ist also der derzeitige Plan für uns, wieder zu Stücke zurückzukehren, die sich für diese Platte nicht richtig anfühlten und sie auszuarbeiten und auch einfach weiter zu schreiben.

Was hat „Glowing In The Dark“ sonst noch beeinflusst?

Ich glaube, die Platte war bereits ziemlich fertig, als wir in den Lockdown gingen, aber einige Ideen, die wir zusammengestellt haben und Songs, die wir seit der Pandemie und des Lockdowns geschrieben haben, waren auch stark von der Situation beeinflusst. Zu der Zeit, als wir während der Präsidentschaft von Trump Songs schrieben, gab es so viel Trennung und Unruhen und viele Tracks konzentrieren sich auf Werte, die die Menschen auf sehr grundlegende Weise teilen. Songs wie „The World Will Turn“ haben eine hoffnungsvolle und positive Botschaft. Dass die Dinge in Bewegung bleiben und irgendwann wieder in Ordnung sein werden. Viele der Dinge, die wir als Band, seit Beginn des Lockdowns getan haben, werden offensichtlich von der Situation beeinflusst, in der wir uns befanden. Und ganz sicher auch davon, wie wir schreiben, weil wir Lockdown-bedingt alle separat geschrieben haben. Individuell verbrachten wir viel Zeit mit den Tracks und schickten sie dann an Dave. Wir haben natürlich während des Lockdowns nicht so viel zu viert gearbeitet, wie wir es normalerweise tun würden. Es wird schön werden zurück zu kommen sobald wir können, ins Studio zu gehen und uns die Ideen, Tracks und Sachen anzuschauen. Es gibt viel Musik, die wir durchgehen und durcharbeiten können.

Gibt es einen besonderen Ort, an dem du gerne spielen würdest, wenn die Pandemie vorbei ist?

Ich persönlich vermisse es wirklich zu touren. Nachdem man anderthalb Jahre damit verbracht hat eine Platte zu schreiben, ist man erpicht darauf zu touren und alle Leute zu sehen, mit denen man gearbeitet hat. Ja, nichts ist besser als live zu spielen! Ich meine, es wird einfach großartig sein wieder rauszugehen. Wir hatten wirklich Glück. Wir haben es immer geschafft, in Europa zu touren. Wir tourten durch Frankreich und Belgien. Die letzten Shows in Deutschland waren großartig. Es ist schwierig, einen speziellen Ort auszuwählen. Orte wie Berlin, München, Paris und London waren immer toll. Das Publikum dort war für uns immer unglaublich. Es wird einfach großartig sein wieder da draußen zu sein und Shows und die neuen Songs zu spielen.

Foto © Horacio Bolz