Es ist Dienstag, 21 Uhr. Der Wochenanfang ist gerade so mit Ach und Krach über die Bühne gegangen, da wollen Django Django bereits, dass man gemeinsam mit ihnen den schon viel zu oft durchgekauten Acht-Stunden-Tag und die damit einhergehenden Sorgen/Mühen/Stressmomente (bitte Zutreffendes umkreisen) beiseite schiebt. Eigens dafür haben sie den Postbahnhof angemietet, der selbst bis in die Winkel, die nur selten beim Putzen berücksichtigt werden, gut befüllt ist. Das fällt besonders dann auf, als Sänger Vincent Neff alle Besucher des Clubs bittet sich in die Hocke zu begeben. Aber Halt! Solch eine heiße Showeinlage wird natürlich nicht gleich zu Beginn verbraten, so was nimmt man sich als Höhepunkt vor. Wenn sich langsam alle im Publikum anfangen zuzuraunen: „Man, die sind genial! Bestes Konzert ever! Es kann doch kaum noch besser werden!“ Naja, und danach wird es das eben doch. Aber dazu später.
Denn zuallererst wirken die vier Briten gar nicht wie die wahnsinnig geilen Typen, bei denen man unweigerlich weiche Knie kriegen muss. Optisch sind Django Django nämlich eine Band, die man in dem Moment vergisst, in dem man sie anblickt. Von Kopf bis Fuß entsprechen sie einfach total dem Indie-Rocker-Blah-Blah-Stereotyp. Musikalisch ist das zum Glück anders. Wieso würden sonst so viele Berliner im herbstlichen Halbdunkel in Richtung Ostbahnhof getrottet sein, anstatt zu schauen wie es bei den TV-Highlights „Weißensee“, „Bones“ oder „Frauenherzen“ weitergeht? Eben. Also weg von viel zu locker sitzenden T-Shirts und glänzendem Schuhwerk – hin zur Musik. Zur Marschmusik. Zwei Alben (dem 2012er „Django Django“ und dem aktuellen „Born Under Saturn“) lang zieht der in der Studentenzeit gegründete Trupp diese verkopfte Elektro-Lo-Fi-Pop-Geschichte schon durch. Auf Konzertlänge kommt das ziemlich gut.
Mit jedem Stück rattert die Gute-Laune-Achterbahn ein bisschen weiter voran, bis man endlich den ersten Looping erreicht. Weniger möchtegern-metaphorisch, also im Klartext heißt das: Es wird der Song gespielt, den die Band eigens für den Western „Slow West“ aufgenommen hat. Und mit einem Mal soll tatsächlich Schluss mit dem Denken sein – das ununterbrochen knutschende Pärchen ist so gut wie vergessen, genauso wie die eine Person, die das Konzert dafür nutzt endlich mal alle E-Mails auf dem iPhone zu beantworten. Und der langweilige Alltag, der immer viel zu lange im Kopf nachhallt, trollt sich auch endlich.
Jetzt geben die Beine den Ton an. Sie stampfen, knicksen und hopsen zu „Waveforms“, „Default“ wie zu „Shake And Tremble“. Ein zweiter, dritter und vierter Looping folgen. So passiert es schließlich auch, dass man quasi besoffen vor Euphorie die Hände so nach links und rechts in die Höhe schwingt, genau wie es Vincent Neff mit seinem unverschämt attraktiven Akzent von einem wünscht. Und gleich darauf begibt man sich, völlig ohne Selbstkontrolle, auch in die Hocke. Egal, ob die Röhrenjeans zwickt und zwackt und man beim darauf folgenden, gemeinsamen Hochspringen irgendwie den Einsatz verpasst. Hier geht es um etwas weitaus Wichtigeres: Wir zelebrieren mit Django Django das Ende der Europatournee und das Geniale an Live-Musik: Man kann so herrlich leicht den Kopf verlieren.
Fotos: Markus Werner