Donnerstag startet „Kick Ass“ in den deutschen Kinos, eine Adaption der gleichnamigen Comic-Vorlage von Mark Millar mit viel Action und schwarzem Humor.
Im Jahr 2010 braucht es keinen Spinnenbiss oder einen radioaktiven Unfall, um aus einem ganz normalen Highschool Jungen einen Superhelden zu machen. Ein entsprechendes Kostüm (online bestellt) und die richtige Internet-Präsenz mit Hilfe von Myspace und Youtube genügen – nicht zu vergessen eine Portion Mut und zumindest eine in Ansätzen ausgeprägte Form von Größenwahn. Denn bei seinem ersten Einsatz als selbst kreierter Superheld Kick-Ass muss Dave Lizewski (Aaron Johnson) erwartungsgemäß ordentlich einstecken. Der Versuch, einen Autodiebstahl zu verhindern, endet mit mehreren Knochenbrüchen im Krankennhaus.
Was beginnt wie eine Parodie auf den Drang, jemand Besonderes zu sein ohne über entsprechende Fähigkeiten zu verfügen, entwickelt sich spätestens mit dem Auftritt von Hit-Girl (Chloe Moretz) zu einer handfesten Action-Geschichte, die die bisher herrschenden Moralvorstellungen des Genres (zumindest in amerikanischen Blockbustern) gehörig über den Haufen wirft. Hit-Girl, die Kick-Ass bei seinen jämmerlichen Superhelden-Versuchen unerwartet zur Hilfe eilt, ist nämlich gerade mal zarte elf Jahre alt, dafür aber sehr geübt im Umgang mit jeglicher Form von tödlichen Waffen und ebenso unzimperlich im Einsatz dieser. Da können einem schon mal die Gesichtszüge entgleisen, wenn eine Elfjährige mit Säbeln und Messern eine Horde finsterer Gestalten niederstreckt.
Die Handlung von Matthew Vaughns „Kick Ass“ fährt viele Elemente einer klassischen Superheldengeschichte auf. Es gibt einen super-bösen Bösewicht, den Mafiaboss Frank D’Amico (Mark Strong), sowie einen furchtlosen Superhelden, der ihm das Handwerk legen möchte. Der ist allerdings nicht unser Freund Kick-Ass, dem wir im ersten Teil der Geschichte amüsiert bei seinen Versuchen, im Heldenkostüm die Welt zu verbessern, zusehen dürfen, sondern Big Daddy, das Alter-Ego des verbitterten Ex-Cops Damon Macready (Nicholas Cage). Macready hat D’Amico nicht nur einen jahrelangen Gefängnisaufenthalt, sondern auch den Verlust der geliebten Ehefrau zu verdanken, durch den die gemeinsame Tochter zur Halbwaise wurde. Jenes Mädchen ist natürlich das im Namen ihrer Mutter (und am Ende ihres Vaters) Rache übende Hit-Girl, das von kleinster Kindheit auf vom besessenen Vater im Umgang mit Waffen trainiert wurde. Diesen miteinander verstrickten Figuren kommt unser Freund Kick-Ass bei dem Versuch, seiner heimlichen Angebeteten einen Gefallen zu tun, mehr zufällig in die Quere. Aber mitgefangen, mitgehangen, und schon ist Kick-Ass mittendrin in einem wilden Rache-Szenario, das reihenweise Tote fordert.
Schade, dass die Hauptfigur, die wir am Anfang bei aller Verrücktheit schnell gern gewonnen haben, dabei streckenweise ein wenig zu sehr zur Seite gedrängt wird. Auch das im ersten Teil des Films aufgebaute Thema der Erschaffung von moderner „Helden“ mithilfe millionenfach angeklickter Youtube-Videos wird zugunsten der Action-Handlung nicht allzu sehr vertieft. „Kick Ass“ überschreitet inhaltlich sowie optisch genüsslich die Grenzen des moralisch vertretbaren und des guten Geschmacks, und wenn man darüber hinweg sieht, dass dies sehr kalkuliert geschieht und der eigentliche Sinn und Zweck des Films ist, kann man eine Menge Spaß haben. Vor allem dank der Figur Hit-Girl, die von Jungstar Chloe Moretz mit unglaublicher Coolness und Härte großartig verkörpert wird. Außerdem ist „Kick Ass“ voll mit originellen Ideen und amüsanten Seitenhieben auf das Genre.
Ganz nebenbei beweist Regisseur Matthew Vaughn ein tolles Gespür für den Einsatz von Musik sowie die Auswahl der Stücke für seinen Soundtrack – selten habe ich Elvis Presley so famos an der richtigen Stelle eines Films plaziert erlebt. MIKA-Fans, die sich auf seinen musikalischen Beitrag zum Film freuen, müssen allerdings 110 Minuten geduldig bis zum Abspann ausharren und den ausgedehnten Showdown, der bei einem derartigen Film natürlich nicht fehlen darf, über sich ergehen lassen.
Mehr als fragwürdig ist in meinen Augen die Altersfreigabe (FSK 16). Mag sein, dass die Jugend von heute härter im Nehmen ist als noch vor ein paar Jahren. Dass ausgerechnet die FSK diesen Trend offensichtlich weiter forciert, ist jedoch geradezu lächerlich.
Gesehen von: Gabi Rudolph