Es war 2010, als ich Darwin Deez erstmals über Myspace (!) entdeckte. Der Schnauzbart, diese Krissellöckchen… das entsprach komplett dem Style eines Popstars wie ich ihn mir gebastelt hätte, dass ich auf der Stelle reinhören musste. Ich möchte denjenigen sehen, der damals „Radar Detector“ gehört hat und nicht sofort schockverliebt war. Wenn es dir damals nicht so ging, könnte es sein, dass wir keine Freunde werden.
Ich habe Darwins erstes Headline Showcase im Berliner Comet Club gesehen und ihn bei seiner zweiten Show im selben Jahr im wesentlich größeren Lido zum ersten Mal interviewt. Seine leicht phlegmatische Art, gepaart mit einem ungewöhnlichen Gespür für das Setzen von Pointen im Gespräch hat mich damals ungemein begeistert. Inzwischen haben wir dreimal miteinander gesprochen und meine Meinung, dass hinter diesem etwas verschlafen wirkenden New Yorker Nerd ein kleiner Pop Poet steckt, hat sich nicht geändert.
Nach seinem kometenhaften Indie-Aufstieg, der ihn in Berlin innerhalb kürzester Zeit bis ins ausverkaufte Astra geführt hat, ist es in den letzten Jahren etwas ruhiger um Darwin Deez geworden. Sein zweites Album „Songs For Imaginative People“ bezeichnet er inzwischen selbst als nur teilweise gelungenes Experiment. Er spielte mit dem Album in Berlin nur zwei Shows und war dann recht schnell wieder verschwunden. Mag sein, dass der zum Teil etwas zu verschrobene Sound auf „Songs For Imaginative People„ einen Teil der Fans der ersten Stunde abgeschreckt hat. Dass sie sich durch zu viel Gebrumsel und Gefiepe davon haben ablenken lassen, was für großartige Popsongs Darwin Deez schreibt. Auf seinem aktuellen dritten Album „Double Down“ pfeffert er sie uns wieder schnörkellos um die Ohren, seine schillernden Popperlen voller Lebenslust, Herzschmerz und Alltagsproblemen, die so winzig und nichtig werden, wenn man sich von ihm mitnehmen lässt.
So wurde die Show in Berlin letzte Woche vom Heimathafen Neukölln in den wesentlich kleineren Frannz Club verlegt. Auf Darwins persönliche Nachfrage hin erwies sich das Publikum als eine ausgewogene Mischung aus wiedergekehrten und frisch erweckten Darwin Jüngern – und feierten, als wären sie erst seit fünf Tagen schockverliebt in „Radar Detector“.
Verändert hat sich wenn dann höchstens Darwin selbst. Der ist als Musiker nämlich beiweitem nicht so phlegmatisch wie er privat manchmal den Eindruck machen mag. Er feilt unermüdlich an seinen Gitarrenskills und nimmt seine kleinen Tanzeinlagen überaus ernst. Ich bin sehr froh darüber, dass ich den Entwicklungsprozess eines so großartigen Künstlers unmittelbar verfolgen kann. Und egal ob große oder kleine Hallen, ich wünsche Darwin, dass sein größter Traum auch in den kommenden Jahren eine einzige Erfüllung bleibt – dass ihm genug Leute Aufmerksamkeit schenken, damit er weiter machen kann. Album um Album, Show um Show.
Fotos: Markus Werner