Man sollte meinen, dass es einem innerhalb von ein paar Tagen gelingen könnte, den ersten Tag des By The Lake Festivals verarbeitet zu haben und Worte dafür zu finden. Dem ist nicht so. Das Line Up mit Selvhenter, Mdou Moctar, The Master Musicians of Jajouka und Liss war in seiner musikalischen Diversität nicht mehr zu toppen. Wir haben uns in diese Welt der Unterschiede hineinziehen lassen und sind sprachlos mit ein paar Fotos zurückgekommen.
Die vier Däninnen von Selvhenter machten den Anfang. Saxophon, Geige, Schlagzeug und Posaune – was erwartet man da? Vielleicht eine Jazz/Klassik Kombo? Nun, bei Selvhenter klingen die Instrumente nur noch teilweise wie ihre natürliche Version – Posaune und Saxophon werden mit diversen Effekten zu etwas umgewandelt, das die Musik düster und dronenhaft klingen lässt. Sie gehen eher in die Rock/Metal Richtung, ohne wirklich in das Genre zu passen. Einzigartig. Energiegeladen. Faszinierend. Da schreckte auch der Sturmregen und Hagel, der Mitten in ihrem Set einsetzte und auch wieder aufhörte, den frühen Festivalbesucher nicht ab. Danach gab es für die restlichen Künstler Sonnenschein pur.
Der nigerianische Singer-Songwriter Mdou Moctar und seine Band klingen im ersten Moment wie eine Bluesband – bis er anfängt zu singen. Er singt in seiner Sprache, Tamasheq, und was sich im ersten Moment wie Blues anhört findet seine Wurzeln in der Szene der Tuareg Gitarristen. Erneut fällt es schwer seine Musik auch nur im Ansatz irgendwo einzuordnen, wegen der Vielzahl seiner musikalischen Einflüsse. Bewegend war sie, auch ohne seine Worte zu verstehen. Ansteckend war die Spielfreude, die sie auf der Bühne ausstrahlten.
The Master Musicians of Jajouka, geführt von Bachir Attar, waren hypnotisierend. Sie folgen ihren antiken, traditionellen marrokkanischen Sufi Trance Wurzeln und wirken dabei durchaus sehr modern, tanzbar und irgendwie wollte man sich in den Klängen der traditionellen Musik verlieren. Wie beschreibt man dieses großartige Zusammenspiel von dem traditionellen Saiteninstrument Gnbri, verschiedensten Trommeln, Flöten oder Mizmars. Und nicht nur das Publikum erfreute sich an der Band, auch die anderen Bands wie Mdou Moctar waren begeistert und nutzen die Gelegenheit die sechs Herren aus der Nähe zu sehen.
Liss stechen nicht nur musikalisch heraus, sie widmen sich dem Neofunk. Nach den älteren Meistermusikern wirken die fünf noch jünger als sie es eigentlich sind. Ihre Musik ließ den Abend entspannt ausklingen – easy-going at its best, möchte man sagen. Langsame Jams für Menschen, die tanzen wollen. Und das taten die meisten im Publikum auch. Vielleicht schließt sich der Kreis über die Herkunft – schon wie Selvhenter stammen sie ebenfalls aus Dänemark, aber das war es auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Ein schöner Abschluss.
Liss bildeten mit ihren Neofunk nicht nur den perfekten Abschluss für den ersten Tag, sondern bereiteten so auch wunderbar auf den zweiten Tag des By The Lake Festivals in Strandbad Weissensee vor.
Worte & Fotos: Dörte Heilewelt