Bilderbuch, 10.12.2015, C-Halle Berlin

Bilderbuch-07Man kann nie so genau wissen wann der Schick Schock einen treffen wird. In Deutschlands Hauptstadt sollte es an einem Donnerstagabend, so ab 21.15 Uhr passieren. Zunächst wirkte dieser vorletzte Arbeitstag der Woche eigentlich wie jeder vorletzte Arbeitstag in der Woche. Man puhlt sich so mit halboffenen Lidern durch jede der acht angesetzten Stunden, danach schmatzt man sich noch irgendein halbgares Essen hinter und schon geht es los in die Nacht, in den Club, ins weitaus bewegtere Leben. Schließlich ist Donnerstag der neue Freitag.

Wer sich ein Ticket für Bilderbuch shoppt, weiß worauf er sich einlässt. Ein bisschen Gold und Silber, ein bisschen Glitzer, Glitzer – klar so weit. Aber der wahre Schick Schock übermannt einen nicht etwa, wenn Maurice Ernst alias Maurice Antoinette seinen güldenen Anzug lasziv an den Armen aufknöpft, um sein Muskelgebirge zu präsentieren oder kokett seinen Popo in Richtung der Kameras streckt und später auch noch mit echter Mannspower raufklopft. Der Schick Schock setzt nicht in dem Moment ein, in dem man „Gib es zu, du bist hinter meinem Hintern her“ den wie auf dem Oktoberfest ausgelassen grölenden Mädchen und Buben entgegenzwitschert. Oder wenn neben der modernen Schönheit Maurice plötzlich die klassische Schönheit Arnim Teutoburg-Weiß von den Beatsteaks steht und sie eine der unzähligen Hit-Singles gemeinsam zum Besten geben.

Der Schick Schock überkommt die Massen, wenn sie mit einem Mal so was „Kopf ab“ wie auch „Joghurt auf der Bluse“ von ihrer ersten Platte „Nelken & Schillinge“ schmettern. Das klingt nach Angelika Express und nach Fotos – auf jeden Fall kein bisschen nach Prince, nach Sexappeal, nach Welt. Gleichzeitig wird einem genau in solch einem Augenblick bewusst wie weit es Bilderbuch aus Wien gebracht haben. Aus dem Rüpel-Teenie-Trupp, der gern ein bisschen mehr wie die Arctic Monkeys wäre, ist mittlerweile etwas höchst Eigenständiges geworden. Knallig pointierte Wort-Kreationen zu funkig-rockigen Melodien, die wohl selbst Madonna vor Neid erblassen würden, erweisen sich im Jahr 2015 als Erfolgsrezept für das Quartett, welches nun ohne Rot zu werden vor ausverkauften Haus selbstbewusst performt.

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Artikel und Fotos: Hella Wittenberg