Berlinale 2025: Die Gestalt von Trauer und Verlust

Die Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen beschäftigt zwangsläufig einen jeden im Laufe seines Lebens, Dieses Thema beschäftigt auch in diesem Jahr wieder die Filmemacher, die ihre Werke auf der Berlinale zeigen durften. Kulturübergreifend und allgegenwärtig wird es hier in zwei sehr unterschiedlichen Spielfilmdebüts präsentiert.

„El Diablo Fuma (y guarda las cabezas de los cerillos quemados en la misma caja) (The Devil Smokes (and Saves the Burnt Matches in the Same Box)), das Spielfilmdebüt des mexikanischen Filmemachers Ernesto Martínez Bucio, war in der dieses Jahr neu etablierten Sektion Perspectives zu sehen und wurde als bester Debütfilm ausgezeichnet. Er erzählt die Geschichte von fünf Geschwistern, die von ihren Eltern bei ihrer Großmutter zurückgelassen werden. Diese leidet unter Verfolgungswahn und ist davon besessen, dass der Teufel sie und ihre Familie heimsucht. Unter ihrer Anleitung verrammeln die Geschwister die Tür mit Möbel und kleben die Fensterscheiben mit Zeitungspapier und Folie ab, bis eines Tages die Polizei und schließlich der Sozialdienst vor der Tür steht. Doch was wirklich den Wahnvorstellungen ihrer schizophrenen Großmutter entspringt und was irgendwann zur Wirklichkeit wird, beginnt miteinander zu verschwimmen, bis die Grenze sich schließlich auflöst.

Der britische Film “The Things With Feathers” von Dylan Southern, auf der Berlinale zu sehen als Special Gala, schmückt sich mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle und basiert auf dem Roman “Grief Is The Things With Feathers” von Max Porter. Das Filmdrama zentriert sich um den Vater zweier Söhne, der sehr überraschend mit dem Tod seiner Frau fertig werden muss. Im Laufe der minimalistischen Handlung manifestiert sich seine Trauer in Form einer gigantischen, aufrecht gehenden Krähe, die die Familie heimsucht. Dabei schwankt die Rolle der Krähe unberechenbar zwischen Freund und Feind, Übel- und Wohltäter, ist mal aufbauend und mal niederschmetternd. Dadurch, dass der Verlust und die Trauer ihren eigenen Körper bekommt und sich von der Figur des Vaters separiert, wird ein innerer Kampf mithilfe von Fäusten und Federn optisch sehr beeindruckend auf der Leinwand ausgetragen. Dabei sind die Fragen nach der wahren Natur der Krähe und der Unterscheidung zwischen Fabelhaftem und Wirklichkeit völlig hinfällig, genau wie Emotionen und Trauer sich oft nicht rational hinterfragen und heilen lassen. Die fast Comic-hafte, sehr kunstvolle und gruselige Darstellung der Krähe rettet den Film davor, zu dröge, belehrend oder philosophisch zu wirken. 

Beide Spielfilmdebüts sind emotional mitreißend und beeindrucken durch die Auftritte der jungen Schauspieler*innen. Sie spielen auf interessante Weise mit den Grenzen zwischen Wirklichkeit und Imagination und nutzen sie, um sehr eindrucksvoll die emotional komplexe Situation der Charaktere darzustellen. Man fühlt sich als Zuschauer mit seinen realen Emotionen gesehen und verstanden, ohne dass die Filme sich in ihrer Darstellung ausschließlich an reale Elemente halten.

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