Am letzten Berlinale-Wochenende Ende Februar stand noch ein Highlight auf dem Festivalprogramm. Samstag und Sonntag versammelte man sich am Rosa-Luxemburg-Platz und zog gemeinsam durch die angrenzenden Wohnungen, um in den Wohnzimmern von Anwohnern die Film Wanderungen zu erleben, die von der Phenomen Berlin Filmproduktion veranstaltet wurden.
Meine Gruppe besteht aus fünf Personen inklusive eines Guides, der selbst Interviews geführt und Schnittarbeiten übernommen hat. Im Laufe der Tour berichtet er über die Idee und den Entstehungsprozess des Projekts. Ursprünglich war der Grundgedanke hinter dem Projekt, der steigenden Anonymität Einhalt zu gebieten und die Nachbarn zusammen zu bringen. Insgesamt 140 Menschen aus der Nachbarschaft am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin wurden in ihren eigenen vier Wänden zu den verschiedensten Themen befragt. Beruhend auf biographischen Erzählungen wurde weiter nachgeharkt, um auch philosophisch-existenzielle Erkenntnisse zu sammeln. Diese wurden anschaulich in 31 Episoden gegenübergestellt, in denen jeweils etwa ein halbes Dutzend Menschen zu Wort kommen und unter anderem von ihrer Wahrnehmung des wandelnden Berlins, den persönlichen Auswirkungen des Mauerfalls oder ihrem Migrationshintergrund berichten. Dabei werden die Meinungen nur abgebildet – nicht bewertet – das soll nämlich jeder Zuschauer für sich selbst.
Am Ende der drei Stationen und sechs Episoden ist mir die unbegreifliche Diversität in Berlin so bewusst wie nie. Auf engstem Raum leben Menschen, die rein objektiv betrachtet nichts gemeinsam haben, an vielen Orten wie dem Rosa-Luxemburg-Platz zusammen in einem Häuserkomplex. Sich davon nicht abschrecken zu lassen und trotzdem miteinander ins Gespräch zu kommen und voneinander zu lernen, das ist ein wichtiger Ansatz, den uns die Film Wanderungen geschickt ins Gedächtnis rufen.